Von Peter Maahn/SP-X
Niemand dreht sich um, niemand schaut ihm nach und niemand zückt sein Smartphone. Dazu ist der spanische Kleinwagen Seat Mii viel zu vertraut im Verkehrsgewühl von Madrid. Vielleicht würde sich die Gleichgültigkeit der Hauptstädter ändern, wenn der bescheidene Schriftzug an den Seiten und am Heck lesbarer ausgefallen wäre. Denn erst das Wörtchen "Electric" gibt das Besondere des iberischen Winzlings preis.
Die rein elektrische Version des Mii (61 kW / 83 PS) ist Neuland für die inzwischen auf der Erfolgsspur fahrenden Katalanen. Denn anders als der Drillingsbruder VW Up musste der Mii bisher auf eine auspufflose Variante verzichten. Dem dritten Kleeblatt im Zwergenklub des VW-Konzern, dem Skoda Citigo, erging es nicht anders. Zum Trost für Spanier und Tschechen: Der erste elektrische e-Up war wegen der vergleichsweise geringen Reichweite (in der Praxis deutlich unter 200 Kilometer) und des durchaus stolzen Preises nicht wirklich ein Verkaufshit.
Jetzt also die Neuauflage des Mini-Stromers und der Mii darf diesmal ebenso wie der Skoda mit dabei sein. Äußerlich zeigt er keine wesentlichen Unterschiede zu den Modellen der alten Benzin-Welt. Unterm Blech klotzt er dagegen mit einer deutlich größeren Batterie (23,3 kW/h Kapazität). Sie sorgt für eine Reichweite, die fürs alltägliche Stadtleben und -fahren taugt. 350 Kilometer nennt Seat für den Citytrubel, gut 100 Kilometer weniger ehrlicherweise für die Tour auf Landstraßen und Autobahnen.
Seat Mii Electric (2020)
BildergalerieDie neutrale Überprüfung bestätigt die Papierform des Winzlings: Bei gelassener, aber nicht trödeliger Fahrt außerhalb von Stadt und Land schrumpft die Reichweiten-Anzeige unterm Tacho sichtbar, sorgt dabei durch ihr stetiges Auf und Ab für Verwirrung. Waren es gerade noch 105 Kilometer, sind es zwei Minuten und knapp drei Kilometer später bei gleichmäßiger Fahrt nur noch deren 94. Das liegt daran, dass der Bordcomputer bei seiner Kalkulation stets auch die Fahrweise der Vergangenheit miteinbezieht. Wer mit so einem Mii täglich unterwegs sein wird, wird sich daran gewöhnen.
Unterm Strich ist nach der Umland-Erfahrung von etwa 100 Kilometern noch einmal die gleiche Strecke im gedanklichen Tank, bevor der Stromer an der Quelle seiner Kraft andocken muss. Seine große Stunde schlägt in den Straßenschluchten von Madrid. Jetzt wird der Wahlhebel auf "B" gestellt. Beim Stopp-and-Go zwischen den roten Ampeln bewirkt dieser Modus, dass das Bremspedal kaum noch getreten werden muss. Das Lupfen des rechten Fußes löst abruptes Verzögern aus, die Anzeigenadel wandert dank jener Rekuperation in den "grünen", den Aufladebereich. Es wird eine Weile dauern, bis Elektro-Novizen den gewissen Kniff gleichmäßiger Stadtfahrt raushaben. Anfangs geht es im "B"-Modus nicht ohne Hoppelei beim Tanz auf dem Gaspedal.
Zwischen ein und vier Stunden Ladezeit
Und wirklich: Nach ausgiebiger Stadtfahrt schmilzt der Stromspeicher nur bedächtig dahin, wenn freie Straßenabschnitte nicht für Vollgas genutzt werden. So ist das elektrische Fahren sinnvoll und macht Spaß. Zumal das Laden auf 80 Prozent der Kapazität nur zwischen einer und vier Stunden dauert, je nach Power der ausgewählten Säule.
Und der Schrecken des teuren Einstiegspreises ins neue Zeitalter ist beim voll vernetzten Seat ebenfalls kein Thema mehr. Wenn die zwischen Regierung und Autoindustrie vereinbarte Förderung greift, können beim Mii vom Grundpreis von 20.650 Euro glatte 6.000 Euro netto abgezogen werden. So günstig war der Einstieg noch nie. Die VW-Tochter bietet auch ein Leasingmodell an: 145 Euro monatlich ohne Anzahlung, und nach drei Jahren wird der Kleine einfach zurückgegeben.