Wer die obersten Staubschichten der Porsche-Historie lüftet, stößt Anfang der Sechziger Jahre erstmals auf die legendären drei Buchstaben GTS. 1963 debütiert das Sportabzeichen beim 904 Carrera und lässt Porsche seitdem nicht mehr los. Bis heute schreibt das für Gran Turismo Sport stehende Kürzel seine eigene Geschichte(n). Die nächste ist bereits notiert. Ab sofort steht ein GTS erstmals unter Strom und soll den Taycan mit Adrenalin aufladen.
Bei der Positionierung im engen Taycan-Modell-Korsett spielen die Zuffenhausener konsequent die Sportkarte. Unterhalb des Taycan Turbo und oberhalb Taycan 4S will die fünfte Motorvariante die Rolle des sportlichen Alleskönners übernehmen. Sie nennen ihn kurz "The Drivers Car." Mit einer kurzfristigen Overboost-Leistung von bis zu 440 kW / 598 PS bleibt der GTS zwar deutlich unter dem potenten Turbo-Bruder (500 kW / 680 PS), lässt aber an seiner Mission für schnelle Runden keinen Zweifel. Bei Aktivierung von Launch Control schnappt sich der GTS in 3,7 Sekunden die 100 km/h-Marke, erst bei 250 km/h fällt der elektronische Anker. Einem Software-Update und dem Segeln mit abgekoppeltem Antrieb verdankt der GTS als erster seiner Sippe eine Reichweite von knapp über 500 Kilometern. Die anderen Taycans erhalten die Reichweitenverlängerung Anfang 2022.
Kompakter, muskulöser Körper
Schon optisch tickt beim Sportmodell die Stoppuhr mit. Typisch für GTS sind viele Details in schwarz lackiert. An der Front, den Außenspiegeln, den Seitenscheibenleisten und natürlich die Logos. Das serienmäßige Sport Design-Paket mit Bug- und Seitenschwellern verleiht dem fast fünf Meter langen Viertürer einen durchaus kompakten, muskulösen Körper, die LED-Matrix-Scheinwerfer mit mattschwarzen Tagfahrlicht-Elementen blicken entschieden und böse. Dazu der Heckdiffusor vom Turbo und serienmäßige 20-Zoll Räder im Turbo S Aero Design, natürlich ebenfalls in Schwarz seidenglanz lackiert. Fette 21 Zöller im Look des RS Spyder sind gegen Aufpreis erhältlich.
Innen setzt Porsche weiter auf schwarze Magie. Reichlich nachtgraues Kunstwildleder an Armaturenbrett, Dachhimmel, Lenkrad und Mittelkonsole, Porsche nennt das Material Race-Tex, anderswo heißt es Alcantara. Das Sport-Chrono-Paket fährt ebenso serienmäßig mit wie elektrisch einstellbare Sportsitze samt rot eingesticktem "GTS" oder die gebürsteten Aluminium-Leisten in Schwarz.
Klügstes Panoramadach der Welt
Wer nun Verdunklungsgefahr befürchtet, bestellt für rund 5.000 Euro das wohl klügste Panoramadach der Welt. Eine elektrisch schaltbare Folie aus Flüssigkristallen wechselt bei dieser Weltneuheit, die Porsche für alle Taycan-Modelle anbieten wird, in Bruchteilen von Sekunden ihre Durchlässigkeit. Von Klar, über semi bis undurchsichtig. Je nach Stromzufuhr können sich dabei die Flüssigkristalle auch in neun definierten Mustern mit schmalen und breiten Segmenten anordnen. Sogar ein dynamischer Rollo-Lauf ist möglich - was echt cool aussieht. Das Rooftop-Wunder mit dem Namen "Sunshine Control" soll nur 15 Prozent der Wärme durchlassen und die Innenraumtemperatur bis zu zehn Grad reduzieren können.
Porsche Taycan GTS
BildergalerieUnten im Erdgeschoss des GTS steckt weitgehend die bekannte Taycan-Technik. So etwa die Performance-Batterie Plus mit 93,4 kW/h, oder die beiden E-Motoren, die denen der Turbomodelle entsprechen. Sie sind aber wie das Fahrwerk auf den agileren Charakter des GTS abgestimmt. "Wir wollten den GTS nochmal spürbar fahraktiver machen, als alle anderen Taycan-Modelle", erklärt uns Christian Wolfsried, verantwortlich fürs Chassis. Dafür wurden unter anderem die Stabis um etwa 20 Prozent massiver ausgelegt, was Steifigkeit und Wankstabilität spürbar verbessern soll. Alle Fahrwerksysteme - inklusive Lenkung und Bremsen - sind deutlich auf Sportlichkeit und Agilität konditioniert, die Allradreserven lassen mehr Luft für eine Gangart, die aktiven Fahrern entgegenkommt. Auch die adaptive Luftfederung, die optionale Hinterachslenkung und die Hinterachse vom Turbo laden zum flotten Tänzchen auf schwarzem, möglichst kurvenreichem Parkett ein. Gerne auch mal auf einer Rennstrecke.
E-Auto mit Sportabzeichen
Genau auf dieser Bühne möchte Porsche uns heute beweisen, dass auch E-Autos ganz legitim das Sportabzeichen GTS tragen dürfen. In Willow Springs, etwa eine Stunde nördlich von Los Angeles schlängelt sich der pittoreske International Raceway, die älteste Rennstrecke der USA, auf einer atemberaubenden Berg- und Talfahrt durch die kargen Hügel von Kern County. Natürlich lässt sich trefflich darüber streiten, ob die Rennpiste für eine 2,3 Tonnen-Limousine der ideale Spielplatz ist. Leichtgewichte fahren hier in einer anderen Liga. Trotzdem lässt der GTS gar nicht erst Zweifel aufkommen, ob sich bei den drei Buchstaben etwa um Etikettenschwindel handeln könnte.
Mit allen Regelsystemen in Hallo-Wach-Stellung und dem tiefen Schwerpunkt der Batterie an Bord, absolviert der Taycan den vier Kilometer Rundkurs fast schon erschreckend unaufgeregt, Porsche gelingt es einmal mehr, seine sportliche DNA, seine Leidenschaft in die E-Welt zu transplantieren. Kein Zweifel, im Taycan GTS steckt reichlich von dem, was wir gemeinhin unter "Porsche-Feeling" verstehen. Auch ohne den synthetischen Motorsound, der speziell für den GTS abgemischt wurde. Die Beschleunigung ist unglaublich, die Lenkung äußerst zielgerichtet, die Performance maximal souverän. Wer jetzt in den modifizierten Sport-Modus wechselt, lockert die elektronischen Zügel des GTS und darf sich über kontrollierte Drifts freuen. Bei schneller Kurvenfahrt gelangen nun bis zu 80 Prozent der Leistung an die Hinterräder.
Ob eingefleischten GTS-Fans der Kick des Verbrenners fehlt, wird sich zeigen. Tatsache ist, dass der Taycan mit weltweit fast 30.000 verkauften Einheiten schon jetzt Porsches beliebtester Sportwagen ist. Noch vor der Ikone 911. Der GTS dürfte den Erfolg des Taycan eher noch beschleunigen. Auch, wenn so viel Sportsgeist natürlich nach einem sportlichen Portemonnaie verlangt. Der Taycan GTS kostet mindestens 131.834 Euro, der GTS Sport Turismo noch einmal 952 Euro mehr.