Von Michael Gebhardt/SP-X
Seit März wildert der neue 3er BMW als Limousine in der Mittelklasse und sammelt in der Disziplin Fahrdynamik haufenweise Fleißbildchen. Gut ein halbes Jahr später reichen die Münchner Ende September den beliebten Touring nach, für den sich hierzulande rund 60 Prozent der 3er-Käufer entscheiden. Für die Kombination aus Fahrspaß und größerem Platzangebot muss man allerdings auch etwas tiefer in die Tasche greifen. Die Preise für den ab 39.400 Euro erhältlichen Kombi liegen rund 1.500 Euro über dem Limousinen-Tarif.
Serienmäßig an Bord ist bei jedem 3er die elektrisch betriebene Heckklappe, die Sesam-öffne-Dich-Funktion per Fußschwenk muss man dagegen extra bezahlen. Erfreulich: Die separat zu öffnende Heckscheibe ist noch nicht dem Rotstift zum Opfer gefallen. Praktisch ist dieser Zugang zum Gepäckraum vor allem in engen Parklücken, die Einkaufstüte oder der Rucksack lassen sich problemlos durch die halbe Öffnung hieven. Das Kofferraumvolumen ist gegenüber dem Vorgänger nur um schmale 5 auf jetzt 500 Liter gewachsen; allerdings versteckt sich nun weniger Stauraum in engen Fächern, so dass das eigentliche Ladeabteil um über 30 Liter zugelegt hat. Außerdem ist der Kofferraum um gut elf Zentimeter breiter geworden. Zum Vergleich: Die mit 4,71 Metern exakt gleichlange Limousine schluckt vollbestuhlt 480 Liter.
Sein eigentliches Talent, nämlich bis zu 1.510 Liter Stauraum und einen brettebenen Ladeboden, offenbart der 3er Touring freilich erst, wenn man die serienmäßig dreigeteilte Lehne der Rückbank flachlegt. Hat man sich für das 300 Euro teure Gepäckraumpaket entschieden, klappt das Umlegen auch vom Kofferraum aus und es sind zusätzlich die vom 5er Touring bekannten Anti-Rutsch-Schienen an Bord. Wenn die Heckklappe zu ist, fährt die Gummieinlage der vier in Fahrtrichtung montierten Alu-Schienen nach oben, und sichert so die meisten Gegenstände gut gegen verrutschen. Zusätzlich gibt es ein Gepäcknetz, das, wenn es nicht gebraucht wird, gemeinsam mit der Kofferraumabdeckung im Ladeboden verschwinden kann.
BMW 3er Touring (2020)
BildergalerieDie Ladung gut zu sichern, empfiehlt sich im 3er Touring allemal, denn in Sachen Fahrdynamik steht der Kombi der Limousine in nichts nach. Vor allem wenn, wie bei unserer ersten Ausfahrt, der 330i mit 190 kW / 258 PS und optionalem Allradantrieb (ab 48.550 Euro) für kräftigen Schub sorgt. Bei nur knapp über 1.500 Umdrehungen stellt der Turbo-Vierzylinder seine 400 Newtonmeter Drehmoment bereit, die serienmäßig von der BMW-typisch geschmeidigen Achtgang-Automatik verwaltet werden. Von einem Turboloch ist hier kaum etwas zu spüren, spontan nimmt der rund 1,7 Tonnen schwere Kombi Fahrt auf, schnurrt in 5,8 Sekunden auf Tempo 100 und weiter, bis ihm bei 250 km/h der elektronische Riegel Einhalt gebietet.
Gleichermaßen komfortabel und sportlich
Dass der Unterbau auch mit mehr Power – wie sie der 275 kW / 374 PS starke M340i mit Sechszylinder bereitstellt – klarkommt, wird spätestens nach den ersten Kurven deutlich, die der Kombi superpräzise und ohne mit der Wimper zu zucken durcheilt. Die wie in der Limousine standardmäßig verwendeten, hubabhängigen Dämpfer sorgen für eine merklich ruhigere Karosserie und damit gleichermaßen für mehr Komfort und einen sportlicheren Auftritt. Wer will, bekommt freilich auch adaptive Dämpfer mit denen sich die Fahrwerkshärte individuell einstellen lässt, und auch ein grundsätzlich strafferes und tieferes M-Fahrwerk steht für den Kombi zur Wahl.
Wem neben der lustvollen Kurvenräuberei auch noch sparsames Vorankommen wichtig ist, der kann aktuell zum serienmäßig handgeschalteten und frontgetriebenen Vierzylinder-Diesel im 320d mit 140 kW / 190 PS (ab 42.000 Euro) greifen, oder zum allradgetriebenen 195 kW / 265 PS starken Reihensechser im 330d xDrive (ab 53.250 Euro). Die Diesel sollen sich mit 4,8 bzw. 5,6 Litern begnügen, die beiden Benziner sind mit sechseinhalb respektive siebeneinhalb Litern angegeben – doch die sprichwörtliche Freude am Fahren dürfte den Durst ordentlich nach oben treiben. Eine 110 kW / 150 PS starke Ausbaustufe des Selbstzünders (318d, ab 39.400 Euro), der 41.500 Euro teure Einstiegs-Otto 320i mit 135 kW / 184 PS und der heckgetriebene 330d sollen im November folgen; eine Plug-in-Hybrid-Version steht erst im kommenden Jahr auf dem Programm.
Dass auch nur ein 3er das Münchner Stammwerk zum Basis-Preis verlässt, ist so gut wie ausgeschlossen. Zwar fahren alle Touring-Modelle nicht nur mit der elektrischen Heckklappe, sondern auch mit LED-Scheinwerfern, Tempomat mit Bremsfunktion, Spurverlassenswarner oder 8,8-Zoll-Touchscreen-Infotainment vor. Doch Extras wie das erwähnte Gepäckraumpaket, das Head-up-Display, die Rund-um-Sorglos-Fahrassistenten, ultrahelles Laserlicht, digitale Instrumente oder das Top-Infotainment mit Online-Diensten und Gestensteuerung sind nur ein paar verlockende Beispiele aus der Preisliste, denen wohl die wenigsten widerstehen können.
MWF