Was ein Gastwirt 1982 mit weniger als 100 Gästen begann, hat sich zu einem Fest gewaltigen Ausmaßes gemausert. Zum alljährlichen GTI-Treffen am Wörthersee kommen nicht nur 200.000 Besucher, sondern auch geballte Auto-Prominenz. Schon in den Achtzigern zogen Größen wie der damalige Volkswagen-Vorstandschef Carl Hahn und Rennfahrer Niki Lauda Publikum an, heutzutage kommen Stars wie Peter Maffay oder die Fantastischen Vier vorbei, und VW Konzern-Boss Martin Winterkorn darf schon alleine deshalb nicht fehlen, weil die riesige Bühne längst genutzt wird, um interessante Premieren vorzustellen.
Seit sechs Jahren gibt Volkswagen seinen besten Auszubildenden beispielsweise die Möglichkeit, eigene Autoprojekte zu realisieren, um sie pünktlich zum GTI-Treffen zu präsentieren. Dieses Jahr hat das Team einen speziellen Golf GTI Performance auf die Räder gestellt; die Lehrlinge gestalteten den rasanten Wolfsburger nach eigenen Ideen zu einem Unikat um.
Dass Tuning hier ein großes Thema ist, wird schnell deutlich. Jede noch so kleine Straße ist gesäumt von individuell hergerichteten fahrbaren Untersätzen. Polierte Felgen, tiefe Fahrwerke und umgebaute Flügeltüren können bestaunt werden. Dabei sind es nicht nur aktuelle Autos, die hier zum Schaulaufen auffahren – auch Klassiker kann man entdecken. Für den Golf II scheint die Zeit reif: Er kommt gerade in Mode und wird als Young- oder sogar Oldtimer (die ersten Baujahre tragen bereits ein H-Kennzeichen) immer mehr anerkannt.
Das GTI Cabrio ist mit 155 kW / 211 PS bereits als werksmäßige Variante stark genug, um es mit manchen Schätzchen der Besucher aufzunehmen. Die zweiflutige Abgasanlage samt sorgfältig komponiertem Sound, der aber nicht zu dick aufträgt, sendet doch eindeutiges Signal an die leistungsinteressierte Fangemeinde. Doch nicht nur Tuning-Objekte aus dem Hause Volkswagen sorgen für Verkehrschaos, auch andere Fabrikate aus dem Konzernverbund treten auf, allen voran Audi. Die Ingolstädter haben Produkte wie den S1 und das S3 Cabrio nach Österreich geschickt.
Millionenumsatz für die Region
Bereits am Vorabend der Show strömen die ersten Jugendlichen mit ihren herausgeputzten Lieblingen aus sämtlichen Hofeinfahrten und lassen ihre PS-Maschinen in der Dämmerung blitzen. Dabei sieht man nicht nur hiesige Kennzeichen, sondern ebenso weit gereiste Objekte der Begierde wie zum Beispiel aus Frankreich oder Belgien.
Von derartig zurechtgemachten Autos kann Adolf Stark gar nicht genug bekommen. Er ist der Bürgermeister von Maria Wörth und damit der offizielle Veranstalter dieser rauschenden Auto-Party. Für jeden der 5.000 ausgewiesenen Stellplätze kostet das Einfahrtsticket 45 Euro, und die 2.140 Gästebetten sind über Monate im Voraus ausgebucht, wenn sich die Einwohnerzahl übers Wochenende mal eben verhundertfacht. "Insgesamt spült das Event der Region rund 17 bis 20 Millionen Euro in die Kassen", sagt Stark. Von der Werbung für den Wörthersee ganz zu schweigen. "Immerhin kommen die Gäste nicht nur aus ganz Europa, sondern sogar aus Japan und Amerika." 140 Polizisten und Sicherheitskräfte sorgen für Ordnung.
Angst, dass ihm der Großkonzern aus Deutschland sein Event schleichend aus der Hand nimmt, hat Stark nicht. Im Gegenteil lobt er die Niedersachsen als konstruktiven und natürlich auch zahlungsstarken Partner, ohne den der Party etwas fehlen würde. Außerdem gehört der wichtigste Mann im Konzern genauso an den Wörthersee wie nach Wolfsburg – schließlich hat VW-Patriarch Ferdinand Piech an den Gestaden ein großes Anwesen. (sp-x)