Mehrere Betriebsräte von Volkswagen wehren sich mit Klagen gegen Gehaltskürzungen in Folge eines Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH). In einem ersten Verfahren dieser Art gab es am Dienstag am Arbeitsgericht Hannover wie erwartet keinen Fortschritt. "Ein Vergleich oder eine gütliche Einigung wurde nicht erzielt", sagte ein Gerichtssprecher der dpa. Mehrere ähnliche Fälle sollen in den kommenden Wochen Arbeitsgerichte beschäftigen.
Gegenstand zum Auftakt in der niedersächsischen Landeshauptstadt ist ein Antrag eines Betriebsratsmitglieds von VW-Nutzfahrzeuge in Hannover-Stöcken. Nach Angaben aus VW-Betriebsratskreisen geht der Arbeitnehmervertreter gegen eine Herabstufung der Entgeltstufe vor, die eine Reduzierung um rund 300 Euro brutto pro Monat bedeutet. Er wehre sich auch gegen Rückzahlungsforderungen in niedriger vierstelliger Höhe.
Wenig überraschend war Dienstag schnell klar, dass es keine Einigung geben wird. Mit der gescheiterten Güteverhandlung geht das Verfahren jetzt weiter. Wie es aus dem Gericht hieß, sind zunächst einige juristische Detailfragen zu klären, bevor es inhaltlich interessant werden dürfte. An den Arbeitsgerichten in Braunschweig und Emden sind ähnliche Verfahren von VW-Betriebsräten anhängig. In Hannover ist nach Angaben des Gerichtssprechers absehbar, dass es nicht bei dem einen Fall bleibt.
Der BGH hatte Anfang dieses Jahres Freisprüche für vier frühere VW-Personalmanager gekippt. Der 6. Strafsenat stufte dabei in Leipzig ein Urteil des Landgerichts Braunschweig als lückenhaft ein, in dem es um die Bezüge mehrerer leitender Volkswagen-Betriebsräte ging – darunter Ex-Betriebsratschef Bernd Osterloh.
Topverdiener Osterloh
Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob VW-Verantwortliche zwischen 2011 und 2016 unangemessen hohe Gehälter und Boni für leitende Belegschaftsvertreter genehmigt hatten. Osterloh etwa kam in manchen Jahren auf mehr als 700.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig erhob Anklage wegen Untreue. Das Landgericht Braunschweig konnte keinen Vorsatz erkennen und sprach die vier Personalmanager frei – was der BGH wieder aufhob.
Später veröffentliche der BGH Details zum Urteil. Demnach dürfen "hypothetische" Annahmen über die weitere Karriere eines Betriebsratsmitglieds allein kein Maßstab für dessen Bezahlung sein. VW nahm diese Entscheidung des höchsten Strafgerichts zur Kenntnis und kündigte an, die Feststellungen zum Maßstab der Betriebsratsvergütung berücksichtigen.
Später hieß es aus dem Konzernumfeld, dass eine höhere zweistellige Zahl von Betriebsratsmitgliedern der VW AG von der engen Auslegung des BGH betroffen sei – und zwar über alle Gehaltsstufen hinweg. Um Änderungen komme man wohl nicht herum. Eine Arbeitsgruppe hatte sich auf die Begründung eingestellt und Gespräche mit den Betriebsräten geführt. Es sei nachvollziehbar, dass die Betroffenen Klagen und eine Klärung anstreben, hieß es am Dienstag aus dem Konzern.
Der nächste Termin mit ähnlichem Hintergrund steht nach Angaben des VW-Betriebsrats am Donnerstag (13. April) ab 12.40 Uhr am Arbeitsgericht Braunschweig an. Dort geht es um einen Betriebsrat aus Salzgitter, der ebenfalls gegen die Reduzierung seiner Entgeltstufe und damit etwa 300 Euro brutto im Monat weniger vorgeht.
Nicht nur in den anstehenden Verfahren erhoffen sich beide Seiten Herstellung von Rechtssicherheit, Planbarkeit und Verlässlichkeit. Auch Beobachter von außen haben in dem Zusammenhang die seit vielen Jahren geltenden rechtlichen Bestimmungen als zu schwammig kritisiert.