Erstmals seit vier Jahren hat sich der russische Automarkt deutlich erholt. Mit knapp 1,6 Millionen verkauften Neuwagen stieg der Absatz 2017 um fast 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Der Weg zu einer vollständigen Erholung des Marktes ist noch lang, aber der erste Schritt ist getan", sagte Jörg Schreiber, Autoexperte der Vereinigung Europäischer Unternehmen (AEB), am Freitag in Moskau. Dennoch bleibt die Branche bei Prognosen für 2018 zurückhaltend. Die AEB lehnte eine Vorhersage sogar ganz ab.
Vier Jahre in Folge war der russische Automarkt rasant geschrumpft. 2012 lag der Absatz noch bei 2,9 Millionen Fahrzeugen – und Russland damit europaweit auf Platz zwei hinter Deutschland. Bis 2016 halbierte sich der Verkauf auf rund 1,4 Millionen Neuwagen. Doch schon im ersten Halbjahr 2017 hatte sich eine Erholung abgezeichnet. Nun liegt Russland im europäischen Vergleich auf Platz fünf hinter Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien.
Ein Grund für den jahrelangen Absturz war der schwache Rubelkurs zum Dollar. Dieser wurde dadurch befördert, dass die Ölpreise zeitweise unter 50 US-Dollar je Barrel gesunken waren. Zudem hatten die Russen wegen der Rezession immer weniger Geld im Portemonnaie.
Nun sei die Rezession in Russland weitgehend überwunden, sagte Schreiber der Deutschen Presse-Agentur. "Das Schlimmste ist auf jeden Fall vorbei, alle Indikatoren sprechen dafür. Wir können aber noch nicht von stürmischem Wachstum sprechen." Das künftige Wirtschaftswachstum werde wohl kein Rekordniveau erreichen. "Aber viel spricht dafür, dass es positiv sein wird, auf mittlerem Niveau."
Zuletzt hatten sich die für Russland wichtigen Ölpreise stabilisiert. Die Regierung erwartete für 2017 ein moderates Wirtschaftswachstum und eine zunehmende Kaufkraft der Bürger.
Lada bleibt Primus
Marktführer bleibt weiterhin die russische Traditionsmarke Lada mit einem Anteil von rund 20 Prozent. Doch auch internationale Autobauer hielten während der Krise demonstrativ an Russland als Hoffnungs- und Wachstumsmarkt fest. Der deutsche Premium-Hersteller Daimler etwa begann vergangenen Sommer mit dem Bau eines eigenen Werks bei Moskau, das 2019 den Betrieb aufnehmen soll. Auch der Münchner Autobauer BMW erwägt Berichten zufolge eine Ausweitung seines Engagements in Russland mit einer eigenen Produktion.
Trotz der positiven Marktentwicklung tun sich Branchenkenner schwer mit einer Prognose für 2018. Die AEB könne erstmals keine Vorhersage machen, sagte Schreiber. Grund seien Pläne der Regierung, Abgaben zu erhöhen, die noch nicht abgeschlossen seien. "Das könnte auf einzelne Marken einen sehr starken Einfluss haben", sagte er. "Wir werden unsere Prognose veröffentlichen, wenn die Pläne der Regierung klarer sind."
Die Erwartungen anderer Experten variieren zwischen fünf und 15 Prozent Wachstum. Der Erfolg hängt auch dabei vom Staat ab. 2017 hatte die Regierung die Branche mit umgerechnet rund einer Milliarde Euro gestützt in Form von Vergünstigungen beim Autokauf. Für dieses Jahr könnte die Regierung der Zeitung "RBK" zufolge die Hilfe kürzen. (dpa)