Die VW-Mitarbeiter müssen nach Aussage des neuen Konzernchefs Matthias Müller derzeit keine Folgen des Diesel-Skandals fürchten. "Im Moment haben wir keinen Anlass, über Kurzarbeit auch nur nachzudenken", sagte Müller am Mittwoch in Wolfsburg. Der Abgas-Skandal hat laut Betriebsrat noch nicht auf die Verkäufe durchgeschlagen.
Zur Frage, ob unter Umständen eine Reduzierung der Leiharbeit erwägt werde, äußerte sich Müller nicht. Betriebsratschef Bernd Osterloh räumte aber ein, dass der Vorstand sich darüber Gedanken mache. Für neuen Ärger sorgte eine aus der niedersächsischen Staatskanzlei verschwundene VW-Akte. VW hatte vor gut einem Monat eingeräumt, die Abgaswerte von Millionen Dieselwagen manipuliert zu haben.
Müller besuchte zusammen mit Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) sowie Osterloh Mitarbeiter in der Wolfsburger Golf-Produktion. Der Konzern muss wegen des Abgas-Skandals allein in Deutschland 2,4 Millionen Diesel in die Werkstatt rufen. Die Aktion soll im Januar beginnen. EU-weit sind rund 8,5 Millionen Fahrzeuge betroffen.
Der Vorstandschef bat um Geduld bei der Suche nach Antworten zur Schuldfrage: "Es ist nach wie vor so, dass wir in der Aufklärung begriffen sind." Parallel dazu gelte es nun, die richtigen Schlüsse zu ziehen, um ähnlichen Verfehlungen künftig vorzubeugen. Zudem liege ein Hauptaugenmerk auf der Reform der Strukturen. Das Unternehmen müsse "schlanker, disziplinierter und entscheidungsfreudiger" werden.
Müller hatte Ende September Martin Winterkorn abgelöst. Dieser hatte die Verantwortung für manipulierte Stickoxid-Messwerte in den USA übernommen, ein persönliches Fehlverhalten aber zurückgewiesen.
"Perle der deutschen Industrie"
Weil betonte, ein Aspekt komme derzeit oft zu kurz: "Volkswagen ist eine Perle der deutschen Industrie." Der Belegschaft sei klar, dass der Konzern durch eine schwierige Phase gehe. Es sei aber gleichzeitig ein starker Wille der Mitarbeiter zu erkennen, für ihr Unternehmen zu kämpfen, um Vertrauen zurückzugewinnen.
Osterloh, der wie Weil im VW-Aufsichtsrat sitzt, unterstrich nach dem Besuch die enge Allianz zwischen Niedersachsen als VW-Großeigner und der Arbeitnehmerseite. "Das Land steht zu 100 Prozent hinter Volkswagen und der Belegschaftsvertretung", sagte Osterloh.
Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur bestätigte der Betriebsratschef, dass der VW-Vorstand über Szenarien für eine Reduzierung der Leiharbeit nachdenke, falls sich der Absatz rückläufig entwickeln sollte. "Und es wäre Blödsinn, heute den Leuten zu sagen 'Dein Arbeitsplatz ist sicher', wenn ich das im Moment gar nicht sagen kann. Man muss auf alle Eventualitäten vorbereitet sein", betonte Osterloh. (dpa)