Das Präsidium des VW-Aufsichtsrates hat eine Festlegung auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung für Konzernchef Herbert Diess vermieden. In der Sitzung vom Dienstagabend machte der innerste Machtzirkel des weltgrößten Autokonzerns einen Bogen um die in der Öffentlichkeit schwelende Frage nach dem Vertrauen in den 62-jährigen Manager. Wie aus Teilnehmerkreisen hervorging, soll es nicht im Kern um eine Vertragsverlängerung für Diess gegangen sein, die dieser dem Vernehmen nach erneut ins Spiel gebracht hatte.
Ob das Thema nach dem Treffen der mächtigsten VW-Aufseher nun vom Tisch ist, hängt wohl auch von Diess selbst ab. Im Sommer war er mit dem Vorschlag einer eigenen Vertragsverlängerung bereits abgeblitzt, in der Folge hatte es einen Eklat um Vorwürfe an Teile des Kontrollgremiums gegeben, für die sich Diess entschuldigen musste. Der erneute Vorschlag galt daher vielen als Art Vertrauensfrage – nämlich, ob Diess sich für den forschen Umbau des Konzerns und für eigene Vorstellungen rund ums Management-Personal noch der vollen Unterstützung der Familieneigentümer sicher sein konnte.
Üblich ist es bei VW wie auch in anderen Konzernen, erst ein Jahr vor dem Auslaufen eines Vorstandvertrags über die Verlängerung zu reden – Diess ist aber noch bis ins Frühjahr 2023 bestellt. Nach offiziellen Aussagen steht daher derzeit auch keine Vertragsverlängerung zur Debatte, und die Eigentümer stehen nach eigenem Bekunden auch weiter hinter Diess.
Das Präsidium bereitet die Themen für die nächste ordentliche Sitzung des gesamten Aufsichtsrates zudem lediglich vor – und nur dieser kann auch solche Personalfragen dann abschließend entscheiden. Einem Vorschlag des mächtigen Präsidiums folgt der Kontrollrat aber in aller Regel.
Investoren stützen Diess-Kurs
Am Aktienmarkt war die Sitzung mit Spannung erwartet worden. Viele Investoren stützen den Kurs von Diess, der den Riesentanker VW mit Wucht in die Elektrowelt steuern will. Einige Finanzanalysten von Investmentbanken, die vor allem außenstehende Anleger beraten, hatten sich von den Oberen im VW-Machtgefüge eine klare Positionierung zu Diess erhofft.
Diess hatte ihnen versprochen, die Strukturen in Wolfsburg zu verschlanken und zu vereinfachen und so auch den Börsenwert von VW in die Höhe zu treiben. Minderheitsaktionäre halten zwar gut 42 Prozent des Kapitals, aber nur knapp zehn Prozent der Stimmrechte am Konzern.
Tonangebend sind mit gut 53 Prozent der Stimmen die Familien Porsche und Piëch, mit 20 Prozent das Land Niedersachsen, und mit weiteren 17 Prozent das Emirat Katar. Traditionell haben die Arbeitnehmerseite und das Land Niedersachsen bei VW ein gewichtiges Wort mitzusprechen, wenn es um Strategie und Aufstellung des Konzerns geht. (dpa)