Angesichts des anhaltenden SUV-Booms hat das Umweltbundesamt dafür plädiert, für mehr Klimaschutz Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß zu verteuern. "Wir müssen Maßnahmen finden, um klimafreundliche Mobilität zu fördern", sagte die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Vorschlag des Umweltbundesamtes sei ein aufkommensneutrales Bonus-Malus-System für Neufahrzeuge. Der Malus würde bei Fahrzeugen mit hohem CO2-Emissionen durch eine über mehrere Jahre erhöhte Kfz-Steuer erhoben. Der Bonus würde durch eine gezielte Förderung beim Neukauf eines Autos mit geringem CO2-Ausstoß ausgezahlt.
Ein kurzfristiger Anreiz könne auch sein, die Energiesteuern von Diesel und Benzin anzugleichen, so Krautzberger. Seit Jahren sei Diesel mit 18,4 Cent pro Liter subventioniert. "Auch das hat dazu beigetragen, dass große und schwere Autos zunehmend mit Dieselmotoren ausgestattet werden - der Effizienzvorteil des Diesel besteht damit nur noch auf dem Papier. Vom Diesel als Klimaschützer kann daher auch keine Rede mehr sein."
SUV-Segment hat weiter zugelegt
Im Juli hatte das Segment der sportlichen Geländewagen (SUV) erneut stark zugelegt. Die Zahl der SUV-Neuzulassungen erhöhte sich nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im Vergleich zum Vorjahresmonat um 15,6 Prozent auf 66.660 Fahrzeuge, wie das KBA am Dienstag mitteilte. Der Pkw-Gesamtmarkt wuchs um knapp fünf Prozent. Die Zahl der Geländewagen stieg um 19,4 Prozent auf 35.358 Autos - die Kompaktklasse mit Modellen wie dem VW Golf oder dem Opel Astra dagegen verlor 1,6 Prozent. 66.415 Fahrzeuge wurden neu zugelassen.
Das KBA unterscheidet zwischen den Segmenten SUV und Geländewagen, dies hat mit optischen und technischen Merkmalen zu tun. Die Hersteller vermarkten die Fahrzeuge aber meistens als SUV. Für sie sind SUV ein lohnendes Geschäft, weil ihr Verkauf mehr Rendite abwirft als der von Klein- und Kompaktwagen.
In der Debatte um mehr Klimaschutz muss aber vor allem der Verkehrsbereich liefern, damit Deutschland die Klimaziele erreicht. Am 20. September will das Klimakabinett der Bundesregierung über ein Gesamtpaket entscheiden. Dabei geht es auch um eine mögliche Bepreisung des CO2-Ausstoßes. Damit würden Sprit, Heizöl und Erdgas teurer, um im Verkehrs- und Gebäudebereich das Einsparen von Kohlendioxid (CO2) zu fördern. Bürger sollen im Gegenzug entlastet werden. Im Gespräch ist auch eine Reform der Kfz-Steuer, die sich künftig mehr am CO2-Ausstoß orientieren könnte.
Kfz-Steuer ausschließlich am CO2-Ausstoß bemessen
Der ADAC forderte am Dienstag gar, die Kfz-Steuer bei neuen Pkw zukünftig ausschließlich am CO2-Ausstoß zu bemessen. "Im Vergleich zu heute würden dann für Fahrzeuge mit einem niedrigen Verbrauch zukünftig weniger Kosten entstehen", teilte die Verband mit.
Auch Grüne und SPD befürworteten steuerliche Mehrbelastungen für besonders klimaschädliche Neuwagen. "Das Klimakabinett muss Spritschlucker stärker in die klimapolitische Verantwortung nehmen", sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn der dpa. Er sprach sich für ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer aus.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch schlug im "RedaktionsNetzwerk Deutschland" eine Strafsteuer auf emissionsstarke Neuwagen vor. "Wenn jemand das Geld hat, sich ein neues Auto zu kaufen, und unbedingt einen PS-starken Verbrenner will, obwohl umweltfreundlichere Elektroautos zur Verfügung stehen, dann muss er dafür einen Preis bezahlen", sagte Miersch.
Auch die Linke zeigte sich offen für eine Mehrbelastung, forderte aber Ausnahmen. Eine höhere Besteuerung sei nur dann sinnvoll, wenn sie sozial gerecht erfolge, sagte Parteichef Bernd Riexinger. So müsse es Ausnahmen für gewerbliche Nutzer und Familien mit geringem Einkommen geben. In Innenstädten brauche aber kein Mensch SUV. "Perspektivisch müssen Automobile CO2-neutral sein."
"Steuerung sollte über den Kraftstoffpreis erfolgen"
FDP-Chef Christian Lindner forderte, Klimaschutz solle sich am tatsächlichen CO2-Ausstoß orientieren. "Nicht die Art oder der Antrieb eines Autos ist entscheidend, sondern die CO2-Bilanz", sagte Lindner dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland". "Ein Diesel-SUV, das nur wenige Kilometer genutzt wird, ist umweltfreundlicher als der Kleinwagen mit hoher Fahrleistung", sagte der FDP-Vorsitzende. "Die Steuerung sollte also über den Kraftstoffpreis erfolgen."
Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen sagte, neu zugelassene SUV hätten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Durchschnitt 144,1 Gramm CO2 pro Kilometer ausgestoßen. Dies entspreche einem Durchschnittsverbrauch von 6,2 Litern Sprit auf 100 Kilometer. Zum Vergleich: Alle Pkw-Neuwagen zusammen seien auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 133,4 Gramm pro Kilometer gekommen - bei einem Verbrauch von 5,6 Litern.
Allerdings ist der durchschnittliche CO2-Aussstoß von SUV laut Dudenhöffer nur wenig höher als etwa der von sogenannten Multi Purpose Vehicles (MPV), zu denen weniger geländetaugliche, kleinere Vans wie der VW Sharan oder der Opel Zafira zählen. Diese stoßen dem Experten zufolge im Schnitt 139,3 Gramm CO2 pro Kilometer aus.
Dudenhöffer verwies darauf, dass zunehmend reine Elektro-SUV verkauft würden, wenn auch auf einem bisher niedrigen Niveau. Bisher sind viele SUV Plug-in-Hybride. Dies sind Autos mit Hybridantrieb, die sowohl über den Verbrennungsmotor als auch am Stromnetz geladen werden können. Notwendig sei ein "echter Umstieg" in batterie-getriebene Elektroautos oder Null-CO2-Autos. Daher sollten Kraftstoffe deutlich mit CO2-Abgaben belastet werden. (dpa)
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