Point Of Sales: Schlüssel zum Erfolg

Laut dem Autofinanzierungsexperten Wieners sind Eigenentwicklungen* "tot". Dennoch müssen zahlreiche Autobanken ihre Systeme angesichts der Internationalisierung und zunehmenden Regularien von BaFin und EU modernisieren. Gleichzeitig benötigt der Handel eine vollständige Anbindung an seine DMS-Systeme. Und im Netz droht ein Verlust der Finanzierungs-Leads durch Dritte wie Check24. AUTOHAUS sprach darüber mit Jan Philip Wieners, Berater innerhalb der Autobankenbranche. AH: Herr Wieners, wie ist die Systemlandschaft der Autobanken derzeit gestaltet? J. Wieners: Die bankenbezogenen POS-Systeme der Autohäuser bestehen aus den unterschiedlichsten Systemkomponenten zur Kreditentscheidung, Bearbeitung und Verwaltung. Sie basieren in der Regel auf zehn bis 15 Jahre alten Softwareentwicklungen. Insgesamt gesehen ist es ein "bunter Anwendungszoo" ohne wirklich durchgängige Prozessketten und mit vielen Medienbrüchen. Teure Altsysteme AH: Können die Banken und Autohäuser überhaupt noch damit arbeiten? J. Wieners: Das wird immer schwieriger. Die alten Entwicklungen einiger Autobanken sind zudem fast nicht mehr zu pflegen. Sie verursachen sehr hohe Betriebskosten und können die zunehmenden regulatorischen Anforderungen der BaFin und EU in Form von Verbraucher- und Kreditgesetzen kaum noch erfüllen. Zudem ziehen diese umfangreiche Reportings nach sich. An eine Internationalisierung dieser alten IT-Systeme ist dabei gar nicht zu denken. AH: Gab es von Seiten der Banken keine Bemühungen, diese Systeme zu erneuern? J. Wieners: Mehrere Versuche, die Altsysteme zu ersetzen, sind in den letzten Jahren zumeist gescheitert. Das Hauptproblem dabei ist, dass es nur sehr wenige international aufgestellte IT-Lieferanten gibt. Hinzu kommt, dass das Personal bei vielen Autobanken so ausgedünnt wurde, dass neue IT-Projekte oft neben dem Tagesgeschäft erledigt werden müssen. Die Lösung: eine Mischform AH: Wie sinnvoll sind interne Lösungen generell? J. Wieners: Die Eigenentwicklung ist tot. Es gibt allerdings auch keinen IT-Anbieter, der für die Autobanken die umfassende internationale Systemlösung liefern kann. AH: Was wäre die Alternative? J. Wieners: Die Lösung ist eine Mischform, bei der die Banken ihre Prozesssteuerung weiterhin selbst unter Kontrolle haben und an dem dann externe IT-Module angebunden sind. Anwendungen wie die Vertragsverwaltung oder das Einkaufsfinanzierungsprogramm werden dann hinzugekauft. AH: Gibt es bereits Banken, die eine solche Mischform betreiben? J. Wieners: Bei einigen Finanzdienstleistern denkt man darüber nach. In der Praxis wird es allerdings noch nicht gelebt. AH: Wie schnell wäre so etwas möglich? J. Wieners: Eine abrupte und vollständige Erneuerung der IT-Systeme ist bisher immer gescheitert. Nach über 20 Jahren Erfahrung kann ich nur empfehlen, die einzelnen alten Systeme Schritt für Schritt zu ersetzen. Diese können über eine einheitliche Business Process Steuerung für den Anwender so harmonisiert werden, dass dieser eine durchgängige Oberfläche hat. Dadurch entsteht mittelfristig vor allem eine flexible und kostengünstige neue Systemlandschaft bei den Autobanken. Ausgelagerte Systeme AH: Wie unterscheiden sich die freien von den gebundenen Autobanken? J. Wieners: Wie sich eine Systemlandschaft entwickelt, hängt meistens von der Größe einer Autobank ab. Kleine Finanzdienstleister hatten vor einigen Jahren die Lösung entdeckt, ihre POS-Systeme auszulagern und auf standardisierte externe Systeme zu setzen. Seit einigen Jahren nutzen auch die großen Autobanken das Outsourcing des Betriebs und der Wartung und setzen bei der Modernisierung auf möglichst standardisierte IT-System-Module sowie auf "Software as a Service" (SaaS) (früher: Applikation Service Providing). AH: Was ist der Grund für die massive Auslagerung? J. Wieners: In den meisten Fällen haben Effizienzsteigerungsprogramme und mangelnde personelle Ressourcen dazu geführt, den Softwarebetrieb auszulagern. Bei den Herstellerbanken ist der Kosten- und Erneuerungsdruck besonders hoch geworden, da sie für das internationale Geschäft moderne und länderübergreifend IT-Systeme einführen müssen. AH: Was sind die Vor- und Nachteile der Auslagerung? J. Wieners: Theoretisch sind die Autobanken mit dem SaaS-Ansatz und den standardisierten IT-Systemen schneller und kostengünstiger unterwegs, um neue Anforderungen umzusetzen. In der Praxis begeben sich die Finanzdienstleister allerdings in die Abhängigkeit des Systemanbieters. Händler unterstützen AH: Welches sind die vordringlichsten Aufgaben der Banken, um die Händler in Zukunft besser unterstützen zu können? J. Wieners: Der Handel benötigt eine einheitliche webbasierte Benutzeroberfläche, in der die gesamte Prozesskette von der Einkaufsfinanzierung über die Absatzfinanzierung bis hin zur Vertragsbeendigung ohne Medienbrüche und Datenredundanz abgewickelt werden kann. Dazu müssen die Fahrzeug- und Kundendaten aus dem DMS-System genauso angebunden werden wie die Versicherungskalkulatoren und die volle Integration von Servicepaketen bei der Absatzfinanzierung. AH: Welche Anforderungen lassen sich am schnellsten umsetzen? J. Wieners: Das hängt sehr stark von den einzelnen IT-Systemlandschaften der Banken, Hersteller und Autohäuser ab. Sicher ist nur, dass eine der größten ungelösten Herausforderungen hierbei die wirklich nicht einfach zu handhabende Anbindung der unterschiedlichen DMS-Systeme ist. Verlust an Finanzierungs-Leads AH: Wohin geht der Trend bei den POS-Systemen? J. Wieners: Es gibt zwei dringliche Zukunftsthemen für den Point of Sales. Das Erste betrifft die Kreditanfrage und damit die Leadgenerierung. Diese verlagert sich immer stärker ins Internet. Hierbei besteht die Gefahr, dass die Autobanken diese Anfragen durch ihre mangelnde Präsenz im Netz an Dritte wie Check24 verlieren. AH: Wie schätzen Sie die Lage ein? J. Wieners: Das halte ich auf Dauer für richtig gefährlich. Online-Direktbanken werden immer mehr zur Konkurrenz. Mittelfristig besteht die Gefahr, dass neben dem Verlust von Finanzierungs-Leads auch die Fahrzeug-Leads zunehmend über Dritte kontrolliert und verteilt werden. AH: Worin sehen Sie die Lösung? J. Wieners: Bei der Leadgenerierung geht es darum, die gesamte Finanzposition auf den Auto- und Finanz-Portalen schnellstmöglich zu besetzen. Das ist klare Aufgabe der Autobanken. Der Händler alleine hat ohne die enge Kooperation mit den Autobanken wenig Chancen, sich im Netz zu positionieren. AH: Wie sieht der Idealfall für die Zukunft aus? J. Wieners: Künftig muss es zudem möglich sein, den im Netz beantragten und genehmigten Autokredit in einem automatisierten Prozess direkt beim Händler am POS-System aufzurufen und dort dann final abwickeln zu können. Für den Handel hätte das den großen Vorteil, dass der Antragsprozess im Verkaufsgespräch minimiert wird. AH: Worin besteht die zweite Herausforderung? J. Wieners: Die liegt in den zahlreichen Service- und Mobilitätspaketen. Diese müssen künftig zusätzlich in den POS-Systemen vollständig abgebildet werden, so dass der Verkäufer die unterschiedlichen Finanzprodukte und Serviceleistungen in einer Anwendung einfach bearbeiten kann. Denn die klassische Autofinanzierung wird sich zu einem Paket von Finanzierungs-, Service- und Mobilitätsdienstleistungen verwandeln. AH: Macht es überhaupt Sinn, in die Vernetzung der Mobilitätspakete zu investieren? J. Wieners: Wer hier technisch vorne liegt, erzielt einen nicht so leicht aufzuholenden Wettbewerbsvorteil. AH: Herr Wieners, herzlichen Dank für das Gespräch. *Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Oftmals wird auch von dieser gesprochen, wenn nur einige Systemmodule wie beispielsweise die Kalkulation oder der Antrag von der Bank selbst entwickelt wurde. Kurzfassung Generieren Autobanken zu wenig Finanzierungsleads, wird Check 24 & Co. zu einer ernsten Bedrohung. Auch die Fahrzeugleads könnten abnehmen. Zudem sollten Mobilitäts- und Servicepakete künftig zusammen mit Finanzierungsprodukten im POS-System abgebildet werden. Das wäre ein klarer Wettbewerbsvorteil.

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