Die Bänder bei VW in Wolfsburg stehen wieder einmal still. Angesichts des nicht ausgelasteten Stammwerks fordert der Betriebsrat einen zügigeren Weg in die Produktion von E-Autos. "Die schwierige Lage im Werk Wolfsburg bildet einen klaren Schwerpunkt der laufenden Beratungen für die diesjährige Planungsrunde", sagte die Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo am Samstag. Mit dem Abschluss der Planungsrunde würden in etwa sechs Wochen die Investitionen in die weltweiten Konzernstandorte festgelegt. Die Beschlüsse reichen bis in die zweite Hälfte des Jahrzehnts.
Cavallo und ihr Stellvertreter Gerardo Scarpino verwiesen auf die angespannte Situation im Stammwerk. Der Fabrik drohe aktuell im zweiten Jahr in Folge ein seit der Nachkriegszeit historisches Produktionstief. Vergangenes Jahr sei Wolfsburg nur auf knapp eine halbe Million Fahrzeuge gekommen. Dieses Jahr, ebenfalls geprägt von erheblicher Kurzarbeit, dürften es sogar noch einmal weniger werden.
Auslastung weit unter Durchschnitt
Damit unterschreite das Stammwerk nicht nur den jüngsten Zehn-Jahres-Durchschnitt von knapp 780.000 Autos pro Jahr. Auch die mit dem Unternehmen vereinbarten Auslastungszusagen lägen weit davon entfernt: So habe der Vorstand mit dem Ende 2016 beschlossenen Zukunftspakt für das Jahr 2020 eine Auslastung von mindestens 820.000 Fahrzeugen im Stammwerk garantiert. Mitte 2018 war sogar das Ziel von einer Million Fahrzeuge in Aussicht gestellt worden. "Auch bereinigt um die aktuellen Negativfaktoren Corona und Halbleitermangel sind wir von diesen gemeinsam verabredeten Plänen weit entfernt", sagte Cavallo.
Die Belegschaft sei zunehmend besorgt. 2Sie kennt solch lange Kurzarbeitsphasen nicht", sagte Cavallo. Das gelte nicht nur, aber besonders auch für die Kolleginnen und Kollegen im Stammwerk. Erst am 14. Oktober werden die Bänder wieder angeschmissen, bis dahin sind die Mitarbeiter in der Produktion nach Betriebsratsangaben zuhause.
Projekt "Trinity" nicht genug
Das Leuchtturm-Projekt Trinity, mit dem Mitte des Jahrzehnts ein gänzlich neues VW-Flaggschiff ins Stammwerk kommt, werde das Blatt nicht wenden. Der Produktionsstart für Trinity ist für 2026 in Aussicht gestellt. "Es ist an der Entwicklung der Zahlen schon abzusehen, dass der Trinity zur Auslastung des Werkes nicht ausreichen wird", betonte Scarpino. Der Standort brauche einen rascheren Weg in die E-Mobilität, forderte Cavallo, es müsse sich dabei um ein "volumenfähiges Modell" handeln.
Der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess twitterte nach einem Managertreffen in Wolfsburg am Freitag, man sei bereit für den "Kickoff" im Wettbewerb gegen den US-Elektroautobauer Tesla mit dessen neuer Fabrik in Grünheide bei Berlin: "We're ready!". Der Trinity werde Wolfsburg revolutionieren.
Cavallo und Scarpino betonten, sie gingen davon aus, dass die anstehenden Gespräche mit der Unternehmensseite konstruktiv verlaufen und beide Seiten intensiv an Lösungswegen arbeiten werden. "Wir als Betriebsrat haben erste konkrete Ideen, die wir mit dem Unternehmen nun beraten", meinte Cavallo.