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Nio startet in Deutschland: Mit drei E-Autos und ohne stationären Handel

10.10.2022 12:13 Uhr | Lesezeit: 6 min
Nio will den ET7 (l.) ab Mitte Oktober in Deutschland ausliefern. Die Modelle EL7 (Mitte) und ET5 sollen im Januar bzw. März folgen.
© Foto: Nio

Der 5,10-Meter lange Nio ET7 ist ab sofort bestellbar. Das Elektroauto aus China hat alle Zutaten, um im Premiumumfeld von Mercedes EQS und Tesla Model S wahrgenommen zu werden. Doch es bleiben nach dem ersten Deutschland-Auftritt auch Fragezeichen.

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Nio wurde 2014 vom CEO William Li im Jahr 2014 auf die Beine gestellt. Finanziert haben das Projekt unter anderem China-Größen wie Baidu und Tencent. Im selben Jahr noch hat Nio in der Formel E teilgenommen. Dazu wurde einfach ein E-renner adaptiert. Mehr Eigenleistung brachten sie danach ein. 2016 launchten sie den Elektro-Sportwagen Nio EP9, das erste straßenzugelassene Fahrzeug. 2018 ging das Unternehmen an die Börse in den USA. Und es schien so, als ob sich die Blase beriets 2020 in Luft auflösen würde. Doch eine Finanzspritze der Stadt Hefei, westlich von Shanghai half, dass nun die große Europapremiere in Berlin stattfinden konnte – ein Jahr nach dem Europa-Pilotmarkt Norwegen (seit Sommer 2021).

Nio mit sechs Modellen in China und drei in Deutschland

Nio hat in China sechs Modelle am Start, in Deutschland ist ab sofort der ET7 bestellbar, der größen- und leistungstechnisch auf Mercedes EQS und Tesla Model S abzielt. Das SUV EL7 (BMW iX-Konkurrent) und die kleinere Limousine ET5 (Tesla Model 3 und BMW i4 im Visier) starten im ersten Quartal 2023 in Deutschland. Das Besondere aller Nio-Modelle: Die Batterien sind austauschbar. Vor rund zehn Jahren hatte das bereits Shai Agassi mit seinem Projekt Better Place versucht – und ist gescheitert.


Nio-Launchevent in Berlin 2022

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Nio-House und Internet, Händler ade

Bei Nio bestellt der Einzelkunde via Internet oder geht in ein "Nio-House". Vier soll es in Kürze in Deutschland geben: Berlin, Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt. Ähnlich wie Lynk & Co setzen auch hier die Chinesen auf cooles Ambiente, lockeren Umgang, feinen Kaffee, nachhaltiges Merchandise, Events und andere Dinge, die ein Gemeinschaftsgefühl herstellen sollen. Letzteres wollte man auch auf dem groß angelegten Event im Berliner Tempodrom vermitteln. Willam Li kam auf die Bühne, erklärte seine Vision und die Menge jubelte – zumindest die aus den eigenen Reihen. Vielleicht ändert sich die Welt gerade auch in diesem Punkt. Oder aber es funktioniert eben doch nicht alles in allen Ländern gleich. Wir werden sehen, was aus der "Automarke der nächsten Generation" wird, wie Ralph Kranz, General Manager in Deutschland, Nio beschreibt.

Technisch sind die Chinesen verständlicherweise up-to-date oder ab und an gar voraus. Allerdings ist das Thema Ladetempo der E-fahrzeuge wohl eher sekundär angegangen worden. 140 kW Ladeleistung am HPC und 11 kW an der Wallbox muten im Premiumbereich eher niedrig an – mal sehen, was die Ladekurve zeigen wird.

Aber das Besondere von Nio ist ja auch eine andere Lade-Performance. Nio tauscht den Akku in fünf Minuten – ein Riesenvorteil für Langstreckenfahrer. Spezielle "Power Swap Stations" werden dafür nach und nach platziert. Die erste Station in Deutschland eröffnete kürzlich unweit des Münchener Deutschland-Sitzes von Nio in Zusmarshausen, direkt im Sortimo Ladepark. In Berlin- Spandau wurde jetzt die zweite eröffnet. Pünktlich zum Marktstart in der Berliner Eventlocation Tempodrom, in der mit rund 1.300 Menschen "gefeiert" wurde. Die dritte Wechselstation folgt in Kürze in Hilden, beim mittlerweile berühmten "Elektrobäcker" an der A3. Nio plant noch dieses Jahr 20 weitere Stationen zu eröffnen und 2023 sollen es insgesamt 120 sein.


Nio Power-Swap-Station in Zusmarshausen

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Nio-Batterietausch: Guter PR- und Marketing-Gag?

Ob sich das Konzept des Wechselns durchsetzen wird oder eher eine gute PR- und Marketingmaßnahme ist, wird sich zeigen. Die Vorteile des Wechselns sollen nicht in der Kürze der Standzeit liegen, sondern auch im schonenden Ladevorgang, der laut Nio mit maximal 50 kW und bis maximal 90 Prozent State of Charge durchgeführt wird. Ausreichend schnell, um stets frische Akkus in den Stationen vorzuhalten und langsam genug, um den Akku nicht durch hohe Ladetemperaturen überzustrapazieren.

Nio-Modelle gibt es jetzt zum Start nur im Abo, direkt über Nio. Das „Flexible Model“ hat eine Haltedauer von 1 – 12 Monaten, das "Fixed Model" läuft zwischen 12 und 60 Monate. Die Preise zum Marktstart des großen ET7 sind knackig. 1.199 Euro brutto ruft Nio für das "36-Monats-Abo" auf (andere nennen es Leasing) oder gar 1.549 Euro, wer innerhalb von zwei Wochen zum Monatsende "flexibel" bleiben möchte. Ein Tesla Model S Plaid mit 100 kWh-Akku (Grundpreis 138.000 Euro brutto) kostet im 48-Monats-leasing mit 10.000 km/Jahr bei Tesla 1.150 Euro brutto. Laut Bafa-Liste kostet der Nio ET 7 mit kleinem 75-kWh-Akku "nur" die Hälfte. Einen Kaufpreis findet man auf der Nio-Homepage selbst nicht. Fahrzeuge, die nach Abo-Ende zurückkommen, werden zu vergünstigten Konditionen abermals an die Kunden geschickt, das ist bereits jetzt auf der Homepage zu sehen. Alle Fahrzeuge sind unabhängig vom Alter im Flex-Abo buchbar.


Nio ET7 (2022)

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13 Millionen Batteriewechsel mit 250.000 "Usern" durchgeführt

Nio bietet zum Marktstart gleich noch einen 100-kWh-Akku an und später im Jahr 2023 soll sogar einer mit 150 kWh folgen, der die 1.000-Kilometer-Marke knacken könnte. Das Besondere abermals: Alle Akkus passen unter alle Autos. 13 Millionen Batteriewechsel hat Nio laut eigenen Angaben in den aktuell 1.158 Power Swap Stations (in China und Norwegen) bereits durchgeführt. 250.000 User gibt es laut Nio. Wie viele es hierzulande über die genannten Möglichkeiten werden, wurde nicht prognostiziert. In Berlin sagte uns Ralph Kranz, General Manager von Nio Deutschland, dass bis mindestens Q1/2023 das Wechseln der Akkus und der Strom, bezogen über die mitgelieferte Plugsurfing-Ladekarte kostenfrei sein wird.


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Nio-Kunden haben keinen Werkstattkontakt

Selbstverständlich ist im Preis jeweils ein Rundumsorglos-Paket enthalten. Eine Werkstatt beispielsweise sehen Nio-Kunden nie. Termine werden bei Bedarf per App durchgeführt und die mobile Werkstatt kommt ins Unternehmen oder holt den Wagen zuhause ab. Ein Autohaus hat Nio daher nicht. Die Chinesen kooperieren mit freien aber auch markengebundenen Werkstätten und wollen das Service-Niveau im Premiumbereich ansiedeln. Das soll nicht nur durch den Hol- und Bringdienst sichergestellt werden, sondern sich auch im Umgang mit den Autos beim Service zeigen (Aufbereitung, Laden etc.).

Kranz kennt sich in dem Geschäft aus. Stationen bei Toyota, Lexus, Aston Martin und zuletzt Volvo zeichnen ihn als Vertriebsprofi aus und er sagte uns zum Abschluss in Berlin noch, dass er derzeit acht Key Accounter im Einsatz hat, die sich ums Flottengeschäft kümmern und die kleinen und mittleren Fuhrparks im Fokus haben. Die könnten aller Hand zu tun bekommen. Denn gerade gewerbliche Kunden, die bei den genannten Preisen die Hauptrolle spielen werden, brauchen oft kein „House“, wohl aber einen Ansprechpartner, eine Werkstatt und ab und an (noch) einen klassischen Markenhändler.


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