Von Branchenberater und AUTOHAUS-Experte Detlef Borscheid
Im Mai 2020 sind die Pkw-Neuzulassungen in der europäischen Region (EU, UK und EFTA) infolge der Corona-Krise nochmals drastisch gesunken. Trotz der in den meisten Ländern eingeführten Lockerungen im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben und insbesondere der Öffnung des stationären Fahrzeugverkaufs (mit Ausnahme Großbritanniens), kam es nicht zu einer wesentlichen Belebung der Pkw-Nachfrage. Die wirtschaftlichen Einbußen, die Verunsicherung über die zukünftige Entwicklung sowohl bei den Firmen als auch bei den Privathaushalten haben die Kaufbereitschaft deutlich eingeschränkt.
Infolgedessen ging die Nachfrage in der Region im vergangenen Monat um 56 Prozent zurück. Und zwar von 1,443 Millionen Pkw im Mai 2019 auf 633.000 Einheiten in diesem Jahr.
Von den fünf größten Märkten war insbesondere Großbritannien betroffen. Hier hat der Shutdown für die Händler bis Ende Mai gedauert, so dass der stationäre Verkauf erst seit Anfang Juni wieder möglich ist. Die Neuzulassungen in Großbritannien gingen gegenüber Mai 2019 um 89 Prozent zurück. Die Neuzulassungen in Spanien sanken um 73 Prozent zurück. Deutschland, Frankreich und Italien verzeichneten Rückgänge um die 50 Prozent.
Von Januar bis Mai 2020 lag die Nachfrage nach Neuwagen in den untersuchten Ländern um 42,6 Prozent unter dem Vorjahreswert, wobei die Auswirkungen der Corona-Krise ab März die Gesamtzahl stark belasteten. Jeder der wichtigsten EU-Märkte verzeichnete im Jahr 2020 bislang erhebliche Verluste: minus 50,5 Prozent in Italien, minus 48,5 Prozent in Frankreich, minus 54,2 Prozent in Spanien, minus 51,4 Prozent in Großbritannien und minus 35 Prozent in Deutschland.
Aufgrund der Eindämmung der Pandemie gab es in den meisten Ländern Lockerungen bei den gesundheitspolitischen Maßnahmen. Damit kommt die wirtschaftliche Aktivität langsam wieder in Fahrt. Die fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen, die in den meisten europäischen Ländern durchgeführt werden, stützen die Wirtschaft. Weitere Konjunkturprogramme, wie zum Beispiel das am 3. Juni für Deutschland von der Bundesregierung angekündigte Konjunkturpaket, werden folgen.
Darüber hinaus legte die EU ein Wiederaufbauprogramm von 750 Milliarden Euro auf, das gerade den finanzschwachen Ländern wie Spanien und Italien bei der Überwindung der Corona-Krise helfen soll. Die EZB hat gerade angekündigt, ihr Corona-Notkaufprogramm für Anleihen um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro aufzustocken. Frankreich und Deutschland erhöhen deutlich die Fördermittel für Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge, was auch zu einer Belebung der Automobilnachfrage führen wird.
All diese Maßnahmen werden zur Folge haben, dass sich die Wirtschaft und auch die Pkw-Nachfrage im zweiten Halbjahr beleben wird. Aufgrund des äußerst niedrigen Neuzulassungsniveaus im ersten Halbjahr (minus 40 Prozent) wird es trotz der erwähnten Verbesserungen in der zweiten Jahreshälfte zu einem deutlichen Rückgang der Neuzulassungen in diesem Jahr um 25 Prozent auf 11,85 Millionen Pkw kommen.