BMW hat im ersten Halbjahr mehr Autos verkauft als je zuvor und 7,6 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Die weltweit starke Nachfrage, das erweiterte Angebot an hochprofitablen Luxusautos und sogar die Engpässe bei Halbleitern spielten den Münchnern in die Karten: Bis vor kurzem hatten sie damit weniger Probleme als die Konkurrenz und konnten so die Preise hoch halten. Aber das ändert sich nun.
Fehlende Mikrochips und steigende Rohstoffpreise seien "ernstzunehmende Risiken für unseren weiteren Geschäftsverlauf", sagte Vorstandschef Oliver Zipse am Dienstag in München. Vor kurzem habe es europäische Werke getroffen, jetzt werde in China teilweise nur im Ein-Schicht-Betrieb produziert. Finanzvorstand Nicolas Peter betonte, ohne die Engpässe könnte BMW dieses Jahr wohl 70.000 bis 90.000 Autos mehr verkaufen.
Für das Gesamtjahr peilt BMW Verkäufe auf dem Niveau von 2019 an, und in der Autosparte sollen annähernd neun Prozent vom Umsatz als Betriebsgewinn hängenbleiben. Im ersten Halbjahr hatte BMW sogar 13 Prozent geschafft. Die Prognose setze voraus, dass sich weder die Corona-Pandemie noch die Halbleiter-Knappheit deutlich verschärften und die Rohstoffpreise stabil blieben, sagte Peter. "Mit zunehmender Dauer der Lieferengpässe wird die Situation allerdings angespannter. Wir rechnen auch im zweiten Halbjahr mit Produktionseinschränkungen und damit verbundenen Auswirkungen auf den Fahrzeugabsatz."
Auch Konkurrenten werden vorsichtiger
Auch die Konkurrenten sind nach einem starken ersten Halbjahr beim Thema Chipversorgung skeptischer geworden: Mercedes-Benz korrigierte seine Absatzprognose nach unten, Audi rechnet mit weiteren Produktionsausfällen und Kurzarbeit. "Die Engpässe bei den Halbleitern werden wohl noch eine Weile anhalten", sagte Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik. Die Zulieferer füllten deshalb ihre Lager bewusst, die Bestände fertiger Autos bei den Herstellern seien hingegen gering.
Auch viele Rohstoffe sind knapp und teuer geworden, das habe schon das Halbjahresergebnis belastet, sagte Peter. Im Gesamtjahr rechnet er mit Zusatzkosten von mindestens einer halben Milliarde Euro. Aber in China, den USA und Europa sei die Nachfrage weiterhin hoch. Leasingrückläufer ließen sich teuer verkaufen. Das Ausfallrisiko bei Autokrediten liege sehr niedrig.
Im ersten Halbjahr verkauften die Münchner 1,34 Millionen Autos und lagen bei der weiß-blauen Kernmarke erstmals seit langem wieder vor Mercedes-Benz. Der Umsatz stieg gegenüber dem von der Corona-Pandemie und weltweiten Lockdowns geprägten Vorjahreszeitraum um 28 Prozent auf 55,4 Milliarden Euro. Als Gewinn vor Steuern blieben 9,7 Milliarden Euro, nach gerade mal einer halben Milliarde im Vorjahreszeitraum. Dazu trug auch eine rund Milliarde Euro aus aufgelösten Rückstellungen in einem Kartellverfahren bei: Das im Juli verhängte Bußgeld der EU war mit 373 Millionen Euro deutlich kleiner ausgefallen als befürchtet.
Beim Klimaschutz nahm Zipse die Konkurrenz aufs Korn: "Je vollmundiger derzeit angekündigt wird, desto umfassender ist oftmals das Kleingedruckte." Mercedes-Benz will bis 2030 vollelektrisch werden, "wo immer die Marktbedingungen es zulassen", und Audi will nach 2033 keine Autos mit Verbrennermotor mehr bauen, außer in China.
Marktanteile mit E-Autos, Wasserstoffautos und Verbrennern gewinnen
BMW dagegen werde je nach politischen Vorgaben, Ladenetz und Kundenwünschen in den einzelnen Ländern E-Autos, Verbrenner und auch Wasserstoffautos anbieten und damit "Marktanteile gewinnen", sagte Zipse. Für das Klima sei nicht der E-Antrieb entscheidend, sondern der gesamte CO2-Ausstoß von Lieferkette, Produktion und Fahrzeugnutzung. BMW werde seinen Gesamtausstoß bis 2030 um ein Drittel senken. Insbesondere in der Nutzungsphase - also beim Gebrauch des Autos - könne sich BMW aber noch eine größere CO2-Reduktion vorstellen und wolle noch einmal nachlegen.
Auch bei Batteriezellen fahren die Münchner einen anderen Kurs als VW und Daimler, die eigene Gigafabriken planen. BMW eröffne nächstes Jahr zwar eine Pilotlinie und beobachte den Markt, habe aber gute Partner und sehe im Moment keine Notwendigkeit, selbst eine große Produktion aufzubauen, so Zipse.