Mercedes-Taxis haben über Jahrzehnte das Straßenbild der Republik geprägt. Das könnte in absehbarer Zeit vorbei sein: Mercedes will die Taxi-Variante der E-Klasse mit dem nächsten Modellwechsel im kommenden Jahr einstellen, wie die "Wirtschaftswoche" unter Bezug auf konzerninterne Schreiben berichtet. Auch die Mietdroschken-Ausführung der B-Klasse soll es demnach ab 2023 nicht mehr geben.
Gegenüber dem "Spiegel" teilte Mercedes mit, dass die Absätze dieser Taximodelle in den vergangenen vier Jahren um 75 Prozent zurückgegangen seien. Stattdessen würden geräumige Modelle immer mehr nachgefragt. Neben der E-Klasse (Limousine/T-Modell) und der B-Klasse bieten die Stuttgarter derzeit die V-Klasse, den EQV, den Vito Tourer und den eVito Tourer mit Taxi-Paket an.
Mercedes hat eine über 100-jährige Taxis-Historie. Spätestens Mitte der 1930er-Jahre erarbeiteten sich die Schwaben mit taxigerechten Ausstattungen, guten Konditionen und kurzen Lieferzeiten eine dominante Stellung auf dem deutschen Droschken-Markt. Kunden waren angetan vom Komfort, der Ausstattung und der Bequemlichkeit der Fahrzeuge, die Fahrer lobten freundliche Werkstätten und robuste Technik.
Mit dem Strich-Acht-Modell – erstmals im typischen Farbton Hellelfenbein – trat in den späten 1960er-Jahren das prototypische Taxi wie wir es heute kennen auf den Plan. Ein Bild, das kurze Zeit später der W 123 verfestigte, auf den 1984 die erste E-Klasse folgte. Eine Delle in der Mercedes-Begeisterung der deutschen Taxi-Unternehmen gab es allerdings mit der Einführung der Baureihe 211 im Frühjahr 2002. Deren elektrohydraulische Hightech-Bremse SBC funktionierte zu Beginn nicht nur im fordernden Taxi-Einsatz schlecht, sondern schädigte auch darüber hinaus das Image der gesamten Baureihe.
Das SBC-Desaster war nur einer der Gründe, die zu mehr Vielfalt auf dem Taximarkt führte. So waren fortan auch kleinere Modelle wie die A-Klasse oder größere wie die V-Klasse gefragt. Und auch andere Hersteller drängten stärker auf den Markt etwa VW mit seinen Erdgasmodellen oder Toyota mit dem hybriden Prius. Nach dem E-Klasse-Aus dürfte das Angebot noch bunter werden.
Erwin Tischler