Von Mario Hommen/SP-X
Auf dem Concours d’Elegance am kalifornischen Pebble Beach (15. bis 18. August 2019) wird Mercedes eine Reihe historischer Sportmodelle auf einen Rundkurs schicken. Darunter wird erstmals fast 90 Jahren nach seinem letzten Einsatz auch der allererste Vertreter der mythisch verklärten Silberpfeile mitfahren: der SSKL Stromlinienwagen aus den Jahr 1932. Keines der Originale hat bis in die Neuzeit überlebt, doch die Klassik-Abteilung des Autobauers hat diesen einst kühnen Entwurf komplett neu aufgebaut.
Seinen Ursprung hat der einst sehr futurisch wirkende Rennwagen in den 1920er-Jahren, als Mercedes mit den Modellen Typ S und später Typ SS (Super-Sport) im Rennsport etliche Erfolge einfahren konnte. Weiße Elefanten wurden die weiß lackierten Boliden genannt. 1928 folgte eine Variante mit kurzem Radstand namens SSK (Super-Sport-Kurz), die sich durch ein wendigeres Fahrverhalten auszeichnete. Anfang der 30er-Jahre folgte darauf aufbauend als längsdynamische Krönung der SSKL Stromlinienwagen, der unter anderem auch dank seiner progressiven, aerodynamischen Blechhaut Geschwindigkeitsvorteile herausfahren konnte. Im Mai 1932 ging Manfred von Brauchitsch mit einem unlackierten und entsprechend silbrigen SSKL beim AVUS-Rennen in Berlin an den Start und fuhr den Sieg ein. Der Stadionsprecher soll vom "silbernen Pfeil" gesprochen haben. Der SSKL war ein erster Grundstein, das Fundament für "Mythos Silberpfeil" setzen allerdings 1934 mit dem Wiedereinstieg von Mercedes in den Rennzirkus der W 25 sowie später die Nachfolger W 125 und W 154, deren Karosserien wie einst beim SSKL von 1932 stets unlackiert blieben. Der SSKL markiert somit den Übergang von den weißen Elefanten der 20er-Jahre zu den späteren Silberpfeilen der 1930er-Jahre.
Mercedes-Benz SSKL Nachbau
BildergalerieIm Vergleich zu diesen feinen Fegern handelt es sich beim SSKL Stromlinienwagen um einen grobschlächtigen Entwurf. Dennoch steht er im Vergleich zu den verschiedenen SSK-Versionen in mehrfacher Hinsicht für Fortschritt. Vor allem mit seiner Stromlinienkarosserie war der SSKL Zukunftsbote für die Rennsporttechnik, denn wenige Jahre später wurden diese zu einer wichtigen Voraussetzung für Rennsiege und waren entsprechend weit verbreitet. Eine weitere Besonderheit des SSKL gegenüber dem SSK waren Erleichterungsbohrungen im Chassis. Insgesamt hat der Stromlinienwagen gegenüber einem SSK 200 Kilogramm abgespeckt. Als Antrieb diente ein Siebenliter-Reihensechszylinder der im Saugbetrieb 177 kW / 240 PS und mit Kompressorunterstützung 221 kW / 300 PS freisetzen konnte. Maximal waren so 235 km/h möglich. Beim Avus-Sieg fuhr von Brauchitsch das 200 Kilometer lange Rennen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 194,4 km/h. Ganz so wild dürfte es der neue SSKL am Pebble Beach wohl nicht treiben.
Martin Schröder