Gigantische Reichweiten sind für E-Lieferwagen im städtischen Lieferverkehr in der Regel gar nicht nötig. Wichtig sind im gewerblichen Alltag hingegen eine verlässliche Reichweite und die exakte Anzeige derselben. Der Maxus eDeliver 3 punktet vor allem in diesem Testkapitel. Und kaschiert damit auch ein paar kleinere Schwächen.
Zum Reichweiten- und Verbrauchstest tritt der kompakte City-Transporter aus dem chinesischen SAIC-Konzern als Kastenwagen in der 5,15 Meter messenden Langversion an. In der Fahrerkabine finden zwei Insassen Platz, der abgetrennte Laderaum fasst bis zu 6.300 Liter Transportgut. An Nutzlast dürfen bis zu 860 Kilogramm durch die rechte Schiebetür oder das Doppelportal am Heck geschoben werden, das Gesamtgewicht liegt dann bei 2,6 Tonnen. Alternativ sind auch eine 4,56 Meter lange Kurzversion mit 4.800 Litern Laderaum und 835 Kilogramm Nutzlast sowie ein Fahrgestell auf Basis des langen Modells zu haben.
Die Test-Tour startet mit komplett voller 50-kWh-LFP-Batterie und führt durch Köln, Leverkusen und Düsseldorf, vornehmlich über städtische, meist flache Straßen. Zwischendurch sind auch kurze Fahrten durch 70er- und 100er-Zonen nötig, die Autobahn meiden wir zunächst. Der Alltags-Einsatz könnte in vielen Fällen ähnlich aussehen – auch Maxus bewirbt den eDeliver3 vor allem als Auto für die Stadt und die letzte Meile. An Transportgut fehlt es im Test allerdings, der Laderaum ist komplett leer, was sich tendenziell günstig auf den Verbrauch auswirkt. Im Gegenzug sind die äußeren Umstände nicht ganz optimal für den Kastenwagen, machen die nur knapp einstelligen Temperaturen und das regnerische Wetter doch den permanenten Einsatz der Luft- und Sitzheizung nötig.
Maxus eDeliver3
BildergalerieZum Start zeigt der Bordcomputer einen Wert von 202 Kilometern Restreichweite an. Der Hersteller selbst verspricht 228 Kilometer – eine leichte Abweichung. Wir stellen kurz die Heizung aus und die fehlenden 20 Kilometer addieren sich auf der Uhr. Im Frühjahr oder bei kälteunempfindlichen Fahrern hält sich der Maxus also recht exakt an das Herstellerversprechen. Und auf der Strecke unterbietet er es sogar noch. Erst nach rund 260 Kilometern bei mäßigem Tempo wird es uns zu kritisch und wir fahren eine Ladesäule an. Wer den Akku auf die letzte Kilowattstunde ausreizt, käme wohl noch 10 bis 20 Kilometer weiter. Ohne Heizung wären rund 300 Kilometer drin.
Maxus selbst führt im Verkaufsprospekt als City-Reichweite 327 Kilometer auf – dafür bräuchte es dann aber wohl allergünstigste Bedingungen. Und die sind im Arbeitsalltag eher selten gegeben. Nicht abgebildet werden kann hier zudem, wie der eDeliver vollbeladen reagiert, wie er sich in hügeliger Umgebung oder bei Minustemperaturen gibt. Gerade auf Kälte reagieren Lithium-Eisenphosphat-Batterien meist empfindlicher als die etwas teureren Lithium-Akkus auf Nickelbasis.
Gut auch in der Stadt geeignet
In der Stadt schlägt der Maxus sich unterm Strich auf alle Fälle gut. Mit wieder gefülltem Akku geht es dann auf die Autobahn. Lag der Verbrauch zuvor noch stabil unter 20 kWh pro Kilometer (Bestwert für 100 Kilometer: 16,8 kWh, ohne Heizung), liegt er nun eher drüber. Doch selbst der Höchstwert von 23,2 kWh blieb noch unter der Herstellerangabe von 23,6 kWh pro 100 Kilometer. Im Ergebnis sind selbst auf der Autobahn Reichweiten von rund 200 Kilometer drin. Auch hier gilt: Wer die Heizung nicht braucht und mit 80 km/h zufrieden ist, könnte je nach Geländeprofil auch an die 250 Kilometer rankommen.
In allen Fällen positiv fällt auf, wie akkurat die Reichweitenprognosen des Bordcomputers sind. Sobald er sich von dem Fahrstil des Vornutzers emanzipiert hat, tickert er fast im Gleichschritt mit dem Kilometerzähler. Das kennt man vor allem von älteren E-Pkw auch anders, die den Fahrer auch mal mit plötzlichen Sprüngen verunsichern. Im gewerblichen Alltag dürfte das das Vertrauen der Nutzer stärken und auch die Planbarkeit für Ladestopps erhöhen. Strom zieht der Maxus über eine etwas hakelige Klappe an der Front, hinter der Typ2- und CCS-Anschluss liegen. Letzterer zieht mit rund 50 kW Strom aus der DC-Säule, aus der AC-Normalladesäule sind es 11 kW. Gerade das flotte Normalladen ist lobenswert, sparen sich andere Hersteller in preissensiblen Segmenten doch schon mal den dreiphasigen Bordlader.
Kritik: Es gibt Punktabzug
Ganz ohne Kritik kommt der chinesische Ein-Tonnen-Transporter aber nicht weg. Punktabzug gibt es vor allem für das in tristen Kunststoffgrau gehaltene Cockpit, in dem es sehr an praktischen Ablagen fehlt. Statt eines Handschuhfachs gibt es nur eine schmale Ablage, Halter für PET-Flaschen, typisch europäische Kaffeebecher oder Lieferpapiere sind auch nicht zu finden. Da in der Kabine zudem die Ladekabel für Typ-2- und Schuko-Anschlüsse mitgeführt werden, bleibt auch sonst kaum Platz für Gepäck. Hinzu kommt eine nicht immer ganz überzeugende Verarbeitung: So ist nicht nur die Ladeklappe schwergängig, auch die Vordertüren und die Schiebetür könnten geschmeidiger ins Schloss fallen.
Die Preisliste für den eDeliver in der Langversion startet bei 40.000 Euro (brutto: 47.588 Euro), die kurze Ausführung gibt es ab 37.990 Euro (brutto: 45.208 Euro). Damit liegt der chinesische Transporter leicht unter dem Niveau von Konkurrenten vom Schlage eines Opel Vivaro Electric (41.200 Euro netto, 50 kWh) und Ford E-Transit Custom (noch nicht bestellbar). Dazu kommt eine sehr ordentliche Ausstattung: Serienmäßig an Bord sind unter anderem Lederlenkrad, Tempomat, Klimaautomatik, Sitzheizung, Zentralverriegelung und Rückfahrkamera. Die Garantie auf das Fahrzeug fällt mit 5 Jahren (100.000 Kilometer) überdurchschnittlich aus, die achtjährige Batterie-Garantie (160.000 Kilometer) bewegt sich im üblichen Rahmen. Allerdings fehlen moderne Assistenzsysteme. Einzige Option ist Metallic-Lack für 650 Euro netto.
Wer einen emissionsfreien Lieferwagen für die Stadt mit alltagstauglicher Reichweite zu vernünftigen Kosten sucht, sollten den eDeliver3 in den Blick nehmen, wenn die Leistungsdaten zum konkreten Einsatzzweck passen. Fahrer dürften sich auch über die ordentliche Komfort-Ausstattung freuen, müssen andererseits aber mit fehlenden Ablagen und entsprechend alltagspraktischen Schwächen leben.