Der Aufsichtsrat von Volkswagen ist am Mittwochabend zu einer weiteren Sitzung zusammengekommen. Bei dem Treffen in großer Runde, das in der vergangenen Woche vom Präsidium vorbereitet worden war, könnte es abermals um die Neubesetzung und den künftigen Zuschnitt einiger Vorstandsressorts gehen. Entscheidungen zu Kernfragen seien aber noch unwahrscheinlich, war aus Konzernkreisen zu hören - etwa auch dazu, ob der Vertrag mit Vorstandschef Herbert Diess vorzeitig verlängert werden könnte.
Finanzchef Frank Witter will sich Mitte 2021 zurückziehen, außerdem wird ein Nachfolger für den vor kurzem ausgeschiedenen Chefeinkäufer Stefan Sommer gesucht. Diess soll dem Vernehmen nach schon Kandidaten für die Posten ins Spiel gebracht haben - doch vor allem eine Nominierung des aktuellen Audi-Finanzchefs Arno Antlitz stößt offenbar auf Widerstand im mächtigen Volkswagen-Betriebsrat. Auch zu einer eventuellen Umstrukturierung von Vorstandsbereichen oder zum Aufbau eines IT- und Software-Ressorts soll es Gesprächsbedarf geben.
Um Diess' eigene Zukunft könnte es in den Beratungen möglicherweise ebenfalls gehen. Er soll erneut auf eine frühzeitige Verlängerung seines bis Frühjahr 2023 laufenden Vertrags gedrungen haben, was bei einigen der 20 Kontrolleure Insidern zufolge nicht so gut ankam. In der Vorbereitung soll das Thema im engsten Zirkel bereits zur Sprache gekommen sein, eine Vorentscheidung gab es bisher jedoch nicht.
Im vollen Aufsichtsratskollegium sitzen neben Vertretern der Großaktionärsfamilien Porsche/Piëch, des Landes Niedersachsen und des Emirats Katar unter anderem auch die IG Metall und hohe Betriebsräte.
Diess fühlt sich ausgebremst
Zuletzt gab es Spekulationen, Diess könnte die Vertrauensfrage stellen, nachdem es bereits im Mai und Juni heftige Kritik an seinem Führungsstil vonseiten der Arbeitnehmerbank gegeben hatte. Er hatte erklärt, "verkrustete" Strukturen bei Volkswagen aufbrechen zu wollen, fühlte sich jedoch ausgebremst. Für sein beschleunigtes Umsteuern in Richtung E-Mobilität bekommt der Manager auch viel Zuspruch, andererseits fühlen sich insbesondere manche Gewerkschafter durch das forsche Auftreten vor den Kopf gestoßen.
Belegschaftsvertreter sehen zudem eine mögliche Erhöhung des Tempos beim Konzernumbau oder einen noch schärferen Sparkurs kritisch. Die Anlaufprobleme bei den Kernmodellen Golf 8 und ID.3 hatten im Frühjahr zu heftigem Krach mit dem Betriebsrat geführt.
Die wichtigsten Fragen rund um die geplanten Investitionen in den kommenden Jahren hatte das Kontrollgremium dagegen kürzlich abgeschlossen. Der weltgrößte Autokonzern steckt bis einschließlich 2025 insgesamt 150 Milliarden Euro in seine Projekte und das globale Werksnetz - davon ist fast die Hälfte für Zukunftsthemen wie alternative Antriebe und die weitere Digitalisierung vorgesehen. (dpa)