Deutschlands Politiker sind edel motorisiert - besonders in Bayern. Während Minister, Senatoren und Staatssekretäre in der restlichen Republik mit nur einem Dienstauto auskommen, fahren die meisten bayerischen Kabinettsmitglieder zwei "personengebundene Dienstkraftfahrzeuge" der Oberklasse, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei den Finanz- und Innenministerien der 16 Bundesländer ergab. Oberklasse bedeutet Audi A8, BMW 7er oder Mercedes S-Klasse.
In manchen anderen Bundesländern dagegen müssen sich sowohl die meisten Minister als auch Staatssekretäre mit der oberen Mittelklasse begnügen - 5er BMW, Mercedes E-Klasse oder Audi A6. So herrscht hanseatisches Understatement in Sachen Automobil sowohl im armen Bremen als auch im wohlhabenden Hamburg: Senatoren fahren an Elbe und Weser nur obere Mittelklasse. "Alles andere ist verpönt", heißt es im Hamburger Rathaus. Auch in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Berlin wird die Mehrheit der Minister und Senatoren in der Mittelklasse kutschiert.
Ein besonders mangelhaft motorisiertes Geschöpf ist der Bremer Staatsrat, das Äquivalent des Staatssekretärs: Er hat gar keinen eigenen Dienstwagen, wie die Senatskanzlei mitteilt. In anderen Bundesländern wird aber auch spöttisch darauf verwiesen, dass der Bremer Politiker im Alltag ja ohnehin höchstens bis Bremerhaven fahre. "Die haben's ja nicht weit", heißt es.
Im Süden scheint man generell weniger bescheiden als im Norden. So ist das Saarland ebenso wie der Stadtstaat Bremen ein Territorium von überschaubarer Größe, dennoch wird es von Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Ministerriege im Audi A8 durchmessen. Bayerische Politiker aber sind am besten ausgestattet. Auch die Staatssekretäre dürfen dort Oberklasse fahren, während sie in den meisten anderen Ländern in der Mittelklasse kutschiert werden. Da zwei Dienstautos die Regel sind, bringen es die achtzehn Kabinettsmitglieder auf mehr als 30 Dienstfahrzeuge.
Rabatte für die Politik
Doch bedeutet die hohe Zahl der Edelkarossen, dass Steuergelder verschwendet würden? Nein. Denn die Autokonzerne bieten Rabatte, von denen Normalbürger nur träumen können. Offizielle Begründung der Billigpreise für Luxusautos ist in mehreren Bundesländern "Großkundenrabatt". Daneben gibt es noch eine inoffizielle Begründung: die Konkurrenz der Hersteller. In Bayern kämpfen BMW und Audi darum, dass die Staatsregierung ihnen möglichst viele Fahrzeuge abnimmt.
In Thüringen, einem der wenigen Länder, die kein Geheimnis daraus machen, liegt der Kaufpreis für ein Ministerauto nach Angaben des dortigen Finanzministeriums bei 29.000 Euro. In Bayern sind es nach der als "vertraulich!" deklarierten Liste für eines Audi A8 oder BMW 7er zwischen 29.500 und 38.700 Euro - im Vergleich zum Kauf beim Autohändler ein Preisabschlag von 50 und mehr Prozent.
Die Regierungsautos werden aber in aller Regel nicht gekauft, sondern geleast. Die monatliche Leasingrate beträgt in der Regel ein Prozent des Behördenkaufpreises. Das ergibt für ein Fahrzeug der Oberklasse eine monatliche Leasingrate von lediglich rund 300 bis 400 Euro.
Und woran orientieren sich die Hersteller? Ein Audi-Sprecher erklärt es: "Die Konditionen der Audi AG für Funktionsfahrzeuge öffentlicher Amtsträger orientieren sich dabei an den Ausschreibungsrichtlinien, die von den jeweiligen politischen Gremien festgelegt werden." (dpa)
Michael Kühn