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Krise: VW-Chef legt neue Strategie im Juni vor

25.04.2016 11:40 Uhr
Matthias Müller
Matthias Müller:
© Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Die Mitarbeiter von VW durchleben harte Zeiten - und das wird nach Einschätzung ihres Chefs noch länger so bleiben. Im Juni sollen die Grundzüge der neuen Konzernziele stehen.

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Von Heiko Lossie, dpa

VW-Chef Matthias Müller hat die Mitarbeiter des Autobauers auf anhaltend harte Zeiten eingestimmt und will die künftigen Konzernziele im Juni vorstellen. "2015 war ein schweres Jahr für Volkswagen. Und 2016 wird nicht weniger anspruchsvoll", schrieb er nach der Vorlage der Eckzahlen am Freitag in einem Brief an die Belegschaft. China-Vorstand Jochem Heizmann sagte, auf dem starken Markt in der Volksrepublik erhoffe sich VW weiteres Wachstum.

Die Abgas-Krise und ihre Folgen stellten die Mannschaft vor große Herausforderungen, erklärte Müller. Der Umbau des Konzerns binde Kapazitäten, und das laufende Autogeschäft verspreche "wenig Rückenwind". Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende vor.

Der VW-Konzern hat für das Jahr 2015 wegen der Diesel-Krise über 16 Milliarden Euro zurückgestellt und den größten Verlust aller Zeiten eingefahren (wir berichteten). "Das ist ohne jeden Zweifel schmerzhaft", sagte Müller. Er betonte: "Wir haben den festen Willen und wir haben die Mittel, um die schwierige Situation, in der wir uns aufgrund der Diesel-Thematik noch immer befinden, aus eigener Kraft zu bewältigen."

Mit noch mehr Rückstellungen gerechnet

Analysten hatten teils mit noch mehr Rückstellungen gerechnet. Seit dem Ausbruch der Diesel-Krise gibt es Spekulationen, wonach VW für die Folgen des Debakels womöglich neue Aktien ausgeben muss, Marken in Teilen an die Börse bringen könnte - etwa das Lkw-Geschäft - oder sich unter Umständen von einzelnen Töchter ganz trennen müsste.

Am Donnerstag hatte VW in den USA, wo die Affäre um elf Millionen weltweit manipulierte Diesel aufgeflogen war, Eckpunkte einer Einigung mit Klägern ausgehandelt (wir berichteten). "Damit sind wir noch nicht am Ziel, aber der Boden für die Beilegung juristischer Streitigkeiten in den USA ist bereitet", so Müller. "Wir haben deutlich machen können, dass wir willens und in der Lage sind, eine Lösung zu finden."

Für den Autobranchen-Analysten der NordLB, Frank Schwope, ist die Krise in Wolfsburg noch lange nicht ausgestanden: "Auch die Einigung in den USA ist lediglich ein Zwischenschritt eines Marathons, der sich auf die nächsten fünf bis zehn Jahre ausdehnen dürfte." Schwope rechnet mit Gesamtkosten infolge der Manipulationen von 20 bis 30 Milliarden Euro, wobei eher von einem Überschreiten auszugehen sei.

Hoffen auf China

Auf seinem wichtigsten Markt China rechnet VW in diesem Jahr mit einem Absatzwachstum von über sechs Prozent. Nach der "Trendwende" seit Ende 2015 entwickle sich der größte Automarkt der Welt im Frühjahr weiter positiv, sagte Heizmann am Samstag vor der Eröffnung der internationalen Automesse in Peking. Der Markt werde 2016 ungefähr so wie die Wirtschaft insgesamt zulegen. Nach der Vorhersage der Regierung soll Chinas Wirtschaft zwischen 6,5 und 7 Prozent wachsen.

Der chinesische Markt übernehme weltweit eine führende Position bei Zukunftsthemen wie Vernetzung, Digitalisierung, Elektromobilität und dem autonomen Fahren. "Manche Dinge entwickeln sich in China schneller als in anderen Regionen der Welt." Deswegen werde der Konzern auch mehr Entwicklungskapazitäten nach China verlegen. "Im Endeffekt geht es darum, sich von einem reinen Fahrzeugverkäufer zu einem Anbieter von Mobilitätsleistungen zu wandeln", sagte Heizmann.

Angesichts des starken Wachstums der E-Mobilität in China will die Volkswagen-Gruppe in den nächsten drei bis vier Jahren auch 15 lokal produzierte Elektro- oder Hybridfahrzeuge anbieten. "Intensiv" arbeitet man auch an Plänen zur Produktion eines "Budget-Car" genannten Billigautos unter einer eigenen Marke, die 2018 im Reich der Mitte starten wird. Mit zwei Geländewagen neben einer Limousine soll besonders der Trend zu günstigen Geländewagen bedient werden, der in China das Wachstum befeuert.

"Wir wollen und werden wieder angreifen"

Müller betonte, dass Europas größter Autobauer ohne die Abgas-Affäre blendend dastünde. Ohne die gut 16 Milliarden Euro hohe Rückstellung hätte der Konzern das starke Vorjahresergebnis leicht übertroffen. "Das zeigt: Unser Geschäft ist kerngesund und ertragsstark." Er ging auch auf die Verschiebung der eigentlich für Ende April versprochenen Zwischenergebnisse ein, mit denen sich VW zur Schuldfrage äußern wollte. "Eine entsprechende Veröffentlichung wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit unvertretbaren Risiken für Volkswagen verbunden." Müller rief zum Blick nach vorn auf: "Wir wollen und werden wieder angreifen! Eine Schlüsselrolle kommt unserer Strategie 2025 zu, die wir Ihnen und der Öffentlichkeit im Juni präsentieren wollen."

Zuletzt hatte es wegen des umstrittenen Sparkurses bei VW heftig zwischen dem Betriebsrat und VW-Markenchef Herbert Diess geknirscht. Diess gab sich nun selbstkritisch: Das Veränderungstempo bei VW führe "zu einer hohen Nervosität in der Arbeitnehmerschaft, zu einer hohen Belastung in der Arbeitnehmerschaft", sagte er am Sonntag in Peking. Einige Vorwürfe der Arbeitnehmerseite seien "auch sicher eine berechtigte Kritik". Er wolle künftig mehr nach innen kommunizieren.

Am Ende des Müller-Schreibens heißt es: "Der Weg vor uns ist kein einfacher. Aber am Ende wird ein Konzern stehen, der für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet ist. Wir werden das Rad nicht neu erfinden, aber wir werden es entscheidend weiterdrehen und Volkswagen mit seinen Marken gemeinsam wieder zum Strahlen bringen."

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