Der durch eine Krise gefahrene ADAC hat einen neuen Vizechef. Der bisherige Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker, wurde bei der Hauptversammlung am Samstag auf dem Nürburgring zum Stellvertreter von Clubpräsident August Markl gewählt. Fast 38 Prozent der rund 240 Delegierten der 18 Regionalclubs stimmten allerdings gegen den Juristen, gut 62 Prozent für ihn. Er war einziger Kandidat. Becker könnte in zwei Jahren die Nachfolge des jetzt 70-jährigen Markl antreten.
Bei der äußerlich ruhigen Hauptversammlung an der legendären Rennstrecke in der Eifel verweigerte fast jeder dritte der Delegierten (31,5 Prozent) dem bisherigen Präsidium die Entlastung. 68,5 Prozent gaben grünes Licht. Zwei Delegierte enthielten sich. Der Verein hat lebhafte Diskussionen hinter sich: Vor mehreren Jahren flogen Manipulationen um den Gelbe-Engel-Preis auf. Der Autoclub leitete eine grundlegende Umstrukturierung ein.
Der in seinem Amt bestätigte Vizepräsident für Finanzen, Jens Kuhfuß, verwies auf steigende Mitgliederzahlen. Derzeit seien es fast 21 Millionen und somit etwa ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland. "Die Krise ist überwunden", versicherte Kuhfuß. Der ADAC habe "das Vertrauen der Menschen zurückgewonnen". Der Club müsse aber auch die junge Generation in den Blick nehmen: "Es muss wieder cool und hip sein, Mitglied im ADAC zu sein."
Beiträge könnten steigen
Clubpräsident Markl sagte zu seiner Ankündigung, dass die Mitgliederbeiträge im nächsten Jahr erstmals seit 2014 steigen könnten, der Deutschen Presse-Agentur: "Wir werden den Mitgliedern mehr bieten." Der Internetauftritt der Vereins werde modernisiert, die 'ADAC Pannenhilfe App' für Handys erweitert und die neue App 'ADAC Trips' für touristische Informationen geschaffen. "Es wird auch über eine Premiummitgliedschaft nachgedacht, mit der ich noch besser abgesichert bin", ergänzte Markl. Entschieden werde solle die "wahrscheinliche" Erhöhung der Beiträge bei einer außerordentlichen Hauptversammlung am 14./15. November in München.
Hintergrund sind operative rote Zahlen. Der Vizepräsident für Finanzen, Kuhfuß, sagte vor den Delegierten: "Die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen decken nicht die Ausgaben." Im vergangenen Jahr lag der operative Fehlbetrag bei etwa acht Millionen Euro. Dennoch verbuchte der ADAC nach eigenen Angaben 2018 einen immensen Gewinn: Nach internen Sonderzahlungen vor allem aus Reserven blieben unterm Strich 759 Millionen Euro in der Kasse. Kuhfuß sagte, der Club arbeite daran, mit seinem Zukunftsprogramm "Pole Position" bis spätestens 2021 auch operativ eine Null zu schreiben.
Laut Clubpräsident Markl gibt es große Herausforderungen für den ADAC: Der Auto- und der öffentliche Nahverkehr seien am Limit, das autonome Fahren kündige sich an und die Digitalisierung gehe weiter. Der Verein stecke aber nicht den Kopf in den Sand. Markl ergänzte, seine Vision sei ein "ADAC als Helfer in allen Lebenslagen". Beispielsweise biete der Club in München testweise einen Schlüsselnotdienst an. Dieser werde gut angenommen: "Ich kann mich darauf verlassen, dass ich nicht abgezockt werde." (dpa)