Von Roland Losch/dpa
Der ADAC bekommt am Samstag ein neues Präsidium. Besonders gespannt ist Clubpräsident August Markl darauf, wer zu seinem neuen Stellvertreter gekürt wird - er oder sie könnte schließlich in zwei Jahren seine Nachfolge antreten. Aber eine Woche vor der ADAC-Hauptversammlung auf dem Nürburgring hat sich noch kein Kandidat aus der Deckung gewagt. Auch der größte der 18 Regionalclubs, der von Markls Vorgänger und Widersacher Peter Meyer geführte ADAC Nordrhein, hüllt sich in Schweigen.
"Wir erwarten eine lebhafte, muntere Debatte darüber, wie der ADAC sich weiterentwickelt und verändert", sagt Vereinssprecher Christian Garrels. Meyer hatte das Spitzenamt vor fünf Jahren abgegeben, als die Manipulationen um den Gelbe-Engel-Preis aufflogen. Sein damaliger Stellvertreter Markl übernahm und ist seither am Umbauen.
Gegen den Widerstand des Regionalclubs Nordrhein setzte Markl die Aufspaltung des ADAC in einen Verein, eine Aktiengesellschaft mit dem Versicherungsgeschäft und eine Stiftung mit der Luftrettung durch. Tausende Beschäftigte in der Münchner Zentrale wussten nicht einmal mehr, wie weit sie mit den bisherigen Kollegen in der Kantine noch reden durften. Zum ersten Mal in der Geschichte baute der ADAC Stellen ab. Eine Mitarbeiter-Umfrage im vergangenen Herbst zeigt eine verheerende Stimmung. Und ein einzigartiges Spektakel steht noch bevor: Ein Prozess von fünf ADAC-Regionalclubs gegen den ADAC e.V. vor dem Landgericht München.
Streit um Steuern
Dabei geht es um die Steuern, die der Fiskus neuerdings auf die Pannenhilfe erhebt. Die Zentrale und 13 Regionalclubs wollten die Steuern wie die Mitgliedsbeiträge untereinander aufteilen. Aber die Clubs Nordrhein, Westfalen, Saarland, Nordbaden und Sachsen haben Klage eingereicht. Es müsse geklärt werden, ob der Dachverband Beschlüsse mit Belastungen für die Regionalclubs fassen dürfe, sagte Nordbaden-Geschäftsführer Matthias Schmitting. "Die Steuern sind nur der Aufhänger."
Mancher der inzwischen 21 Millionen Mitglieder ist nur wegen der Pannenhilfe eingetreten und fragt sich, ob die föderale Struktur noch zeitgemäß ist. Für die Vereinsspitze steht das außer Frage. Trotz mancher Herausforderung, die Nähe zu den Mitgliedern sei wichtig, heißt es in München. Die Regionalclubs "spiegeln unterschiedliche Interessen wider", sagt Schmitting. "Der eine hat zum Beispiel den Nürburgring in seiner Region, da ist Motorsport tief in der DNA verankert. In Hamburg interessiert Motorsport eher weniger."
Die Amtszeit Markls, der im Juni 71 Jahre wird, endet 2021. Aber die rund 200 Delegierten der 18 eigenständigen Regioclubs wählen nun einen Stellvertreter und drei weitere Vizepräsidenten, die den Kurs bis 2023 mitprägen.
Markls Stellvertreter Matthias Feltz kandidiert nicht mehr, weil er den Vorsitz des Regioclubs Hessen-Thüringen behalten möchte - beide Führungsämter sind künftig unvereinbar. Auf Bitten Markls bleibe er Chef des ADAC-Stiftungsrats, erklärte der Anwalt. Der Vizepräsident für Finanzen, der Quickborner Autohändler Jens Kuhfuß, kandidiert erneut. Die Vizepräsidenten für Verkehr und für Technik hören auf, für ihre Ämter gibt es zwei Bewerber aus Schleswig-Holstein und Berlin. Aber auf der Hauptversammlung könnten auch noch andere ihren Hut in den Ring werfen.
Diskussion um Mitgliederzeitschrift "Motorwelt"
Diskussionen dürfte es über die traditionsreiche Mitgliederzeitschrift "Motorwelt" geben. Die Mitglieder bekommen sie bislang zehnmal im Jahr kostenlos ins Haus geschickt. Auflage 13,8 Millionen, Kosten 90 Millionen Euro - aber jedes vierte Exemplar wird ungelesen weggeworfen. Ab nächstem Jahr soll die "Motorwelt" nicht mehr im Haus, sondern extern von einem Verlag produziert werden, als hochwertiges Magazin mit nur noch fünf Millionen Exemplaren, die in ADAC-Geschäftsstellen und Tankstellen ausgelegt werden. Das spart viel Geld. Post an die Mitglieder könnte durch Apps, E-Mails und Informationen auf der Website eingespart werden.
Und auch die Mitgliedsbeiträge stehen auf dem Prüfstand. Neue Modelle sind im Gespräch, etwa für Menschen ohne Auto oder die Aufteilung in Basis-, Plus- und Premium-Mitglieder. Markl will den ADAC öffnen und modernisieren, aber dafür braucht er Geld. Denn die Ausgaben für Digitalisierung, Pannenhilfe, Notrufzentrale, Test, Verkehrsdienst, Personal und Motorsport übersteigen die Mitgliedseinnahmen. Nur mit den Gewinnausschüttungen des Konzerns und dem Griff in die Rücklagen reicht es heute noch. Neue Zahlen gibt es auf der Hauptversammlung.
Nächstes Jahr sei eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge denkbar, sagt einer aus der Führung. Für den 15. November ist bereits eine außerordentliche Mitgliederversammlung geplant.