Nach Bekanntgabe von Sanierungsplänen bei Ford Europa mit seiner Zentrale in Köln hat der Betriebsrat das Management scharf kritisiert. Die Firma habe aktuelle Entwicklungen - etwa den Trend zum Geländewagen (SUV) - verschlafen und auch wegen einer schlechten internen Struktur zu spät Entscheidungen getroffen, sagte der Betriebsratschef des Ford-Europaablegers, Martin Hennig, der Deutschen Presse-Agentur in Köln. "Es werden viel zu viele Berichte geschrieben oder Meetings abgehalten, die gar nicht nötig sind." Das koste Arbeitszeit und sei ein Bremsklotz für die Firma. Die Arbeitsstruktur im Management müsse schlanker und effizienter werden, sagte Hennig. "Viele Köche verderben den Brei."
Ford Europa hat rund 50.000 Mitarbeiter, knapp die Hälfte davon in Deutschland. Die Europazentrale liegt in Köln mit rund 18.000 Beschäftigten, zudem gibt es ein Werk in Saarlouis mit circa 6.000 Mitarbeitern. Weitere Werke sind im spanischen Valencia und in Craiova (Rumänien).
Die US-Tochter ist unter Druck, 2018 wurde ein Verlust eingefahren. Unlängst verkündete das Ford-Management einen harten Umbau seines Europageschäfts, "eine beträchtliche Anzahl" der Arbeitsstellen soll abgebaut werden - wie viele genau, soll nach Gesprächen mit dem Betriebsrat im Sommer bekanntgegeben werden.
Personalkosten machen nur zwölf Prozent der Herstellkosten aus
Schätzungen zum Jobabbau in Köln und im saarländischen Werk Saarlouis wollte Hennig nicht machen. "Das wäre unseriös." Er betonte, dass der Umbau - das "Redesign" - generell wichtig sei. "Wir müssen uns anders aufstellen für die aktuelle Situation." Er betonte aber, dass Personalkosten nur zwölf Prozent der Herstellkosten eines Ford-Autos ausmachten. "Wichtiger ist es, dass man an die 88 Prozent ran geht."
So seien die Einkaufskosten von Ford Europa zu hoch. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die US-Mutter bessere Konditionen von globalen Zulieferern bekomme als die europäische Tochter. "Ford baut in den USA den Sportwagen Mustang mit mehr Technik und einem größeren Motor viel günstiger als wir in Europa den Mondeo fertigen - und erzielt damit noch eine höhere Gewinnmarge", sagte Hennig. Das sei unfair gegenüber der europäischen Tochter.
In Köln stellt Ford Europa den Kleinwagen Fiesta her. Ursprünglich ging das Fahrzeug auch auf den US-Markt. Nach einer Neuauflage des Modells entschied sich die Konzernzentrale aber, es vom amerikanischen Markt zu nehmen und nur noch in Europa anzubieten. Das sei bedauerlich gewesen, sagte Hennig, schließlich wurden die Stückzahlen dadurch gesenkt und die Entwicklungskosten pro Fahrzeug gingen deutlich nach oben.
Bei der Elektromobilität hinkt Ford hinterher, der Konzern hat keinen reinen Stromer auf dem Markt. Zwar will Ford nun seine Modelle auch als E-Variante - ob als Hybrid oder reinen Stromer - anbieten, Ford Europa spielt beim Bau dieser Fahrzeuge in den Konzernplänen aber keine Rolle. Die US-Zentrale will erst sehen, ob das Europageschäft wieder profitabel wird und dann über Investitionen entscheiden.
Köln käme als Standort für eine E-Auto-Fertigung in Frage
Der Gewerkschafter bedauert dies - es wäre ein stärkeres Signal an die Belegschaft und die Kunden, wenn die Zentrale schon jetzt Investitionsversprechen für Europa machen würde, sagt Hennig. So biete sich Köln für die Entwicklung und Fertigung eines Elektro-Fords an. "Wir sind der ideale Standort, haben alle Facharbeiterbereiche vor Ort - Produktentwicklung, Werkzeugbau, Prototypenbau und Montage, sowie das nahe Forschungszentrum von Ford in Aachen."
Generell zeigt sich der 59-Jährige vorsichtig optimistisch zur Zukunft der Europatochter von Ford. "Wir haben die Chance, jetzt in Europa ein gesundes Geschäft aufzubauen." Er ist zuversichtlich, dass besagte Investitionsversprechen kommen werden.
Was, wenn nicht? Der US-Rivale General Motors (GM) verkaufte seine angeschlagene Europatochter Opel 2017 an den französischen Konzern PSA (Peugeot). Könnte auch Ford Europa verkauft werden? Das sei schon deshalb ausgeschlossen, meint Hennig, weil man ja - im Gegensatz zu Opel - keine Marke verkaufen könne. Zudem werde die US-Mutter sicher nicht - wie im Falle von GM und Opel - finanzielle Altlasten übernehmen und Pensionen von Mitarbeitern weiter zahlen. "Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir schaffen die Wende und werden profitabel, oder wir werden sukzessive dichtgemacht." Die Belegschaft werde alles unternehmen, um die Firma voranzubringen - nun müsse auch das Management liefern. (dpa)