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Genfer Autosalon 2018: Europa first

05.03.2018 09:57 Uhr
Mercedes-Produktion in Sindelfingen: Der größte Markt für die deutschen Autohersteller ist heute immer noch Europa.
© Foto: Daimler

Im Fernen Osten lockt das große Wachstum. Aber Europa ist für die deutschen Autohersteller ein sicherer Hafen. Trotz Dieseldebatten, CO2-Sorgen und Brexit.

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Von Roland Losch, dpa, und Marco Engemann, dpa-AFX

Die möglichen Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten liefern der europäischen Autoindustrie auf dem Genfer Autosalon nächste Woche reichlich Gesprächsstoff. Der Präsident des europäischen Branchenverbandes Acea, Peugeot-Citroën-Chef Carlos Tavares, hat gerade erst beklagt: "Der rasche Rückgang des Dieselanteils auf dem europäischen Markt, der mit einem höheren Anteil von Benzin mit höherem CO2-Ausstoß einhergeht, stellt eine ernste Herausforderung dar für das Erreichen der CO2-Ziele." Und das könnte teuer werden.

Der größte Markt für die deutschen Autohersteller ist heute immer noch Europa. Hier haben sie im vergangenen Jahr rund 7,5 Millionen Autos verkauft – mehr als in China und den USA zusammen. Für das laufende Jahr erwartet Acea in Europa ein Prozent Wachstum – wenig, aber immerhin zum fünften Mal in Folge. Und der Start ins Jahr war gut, mit sieben Prozent Plus. Soweit sind die Vorzeichen für die erste europäische Automesse des Jahres (8. bis 18. März) eigentlich ganz gut."

Der europäische Markt bringt keine großen Gewinne – vor allem für Massenhersteller", sagt Auto-Experte Wolfgang Bernhart von der Unternehmensberatung Roland Berger. "Diese kommen zum großen Teil aus China. Die hohen Margen werden aber in Zukunft nicht mehr so einfach zu haben sein." Die langfristige Wettbewerbsposition im Markt mit dem schnell wachsenden Elektroauto-Absatz müsse überdacht werden. "Bisher tauchen deutsche Hersteller in der E-Absatzstatistik des Landes so gut wie gar nicht auf." Und es sei immer ein Risiko, sich zu abhängig von den Chinesen zu machen. Europa spiele weiter eine große Rolle.

Aber der sinkende Diesel-Anteil und der Brexit machen der Branche Sorgen. 2017 kauften die Europäer erstmals seit 2009 wieder mehr Benziner als Selbstzünder. Die Diesel-Debatte spielt im übrigen im Rest Europas weniger eine Rolle als in Deutschland. "In Italien und Spanien geht der Diesel-Anteil sogar hoch", sagt Deutsche-Bank-Chefanalyst Andreas Neubauer. Allerdings ist Deutschland mit 3,4 Millionen verkauften Autos im vergangenen Jahr weiterhin der größte Markt in Europa, gefolgt von Großbritannien und Frankreich. Und in Deutschland und Frankreich sinkt die Diesel-Nachfrage.


Genfer Autosalon 2018

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Weil Benziner mehr verbrauchen und 15 Prozent mehr Treibhausgas CO2 ausstoßen als Dieselwagen, ist das ein Problem. "Dies gilt gerade auch für die deutschen Premiumhersteller BMW, Mercedes und Audi mit weit überdurchschnittlichen Dieselanteilen", erklärt Prof. Stefan Bratzel vom Autoinstitut CAM. Bei BMW etwa sank die Diesel-Nachfrage in Europa im vergangenen Jahr von knapp 70 auf gut 60 Prozent.

Wenn die Autofahrer mehr Benziner kaufen, drohen den Konzernen bald hohe Strafzahlungen in der EU, weil sie die CO2-Vorgaben verfehlen. Ziel der EU-Kommission von 2021 an sind 95 Gramm. Hersteller größerer Autos wie Daimler, Audi, BMW dürfen etwas darüber liegen. Bei Mercedes-Benz etwa stieg der Ausstoß neu verkaufter Wagen im vergangenen Jahr aber im Schnitt von 123 auf 125 Gramm pro gefahrenem Kilometer – vor allem weil die Kunden mehr SUVs kaufen.

Strafzahlungen in Milliarden-Höhe drohen

Das Center of Automotive Research (CAR) hat einmal durchgerechnet, was auf die Autobauer zukommen könnte. Ohne Batterieautos müsste BMW demnach bald mit jährlichen Strafzahlungen von 1,1 Milliarden, Mercedes mit 1,2 Milliarden und der VW-Konzern mit fast vier Milliarden Euro rechnen. Für Elektroautos aber bekommen die Autobauer bei der EU zusätzliche Bonuspunkte. Die Gewinnmarge ist zwar kleiner als bei Verbrennern. Doch ein E-Auto habe für sie gut 10.000 Euro Zusatzwert, weil es Strafzahlungen vermeiden helfe, so CAR.

Heute spielen Elektroautos in Europa noch keine große Rolle. Von 15,1 Millionen im vergangenen Jahr neu zugelassenen Autos waren 853.000 Fahrzeuge Hybride oder Elektroautos. Reine Elektrofahrzeuge kamen auf 1,4 Prozent. Aber das dürfte sich bald stark ändern. Experte Bratzel rechnet 2020 mit einem Marktanteil von fünf Prozent in Deutschland und in Europa, 2025 mit 16 Prozent. Der rasch wachsende chinesische Markt sei der globale Taktgeber für das Elektroauto.

Der US-Konzern Tesla und chinesische Start-ups mit ihren Elektroautos finden sich oft im Rampenlicht. Dabei stehen deutsche Autobauer nach Expertenmeinung bei den Zukunftstechnologien gut da. "Die deutschen Hersteller sind, was Elektromobilität und autonomes Fahren angeht, vorne mit dabei", sagt Analyst Neubauer. Bei Verbrauch und Reichweite seien die chinesischen Hersteller noch nicht wettbewerbsfähig, da haben BMW, Audi und Mercedes-Benz die Nase vorn.

Ende der Planungssicherheit

Demnächst wird noch eine andere Großbaustelle für die europäische Autoindustrie wieder in den Fokus rücken: der Brexit. In Großbritannien sank die Nachfrage nach dem Votum für einen EU-Austritt um sechs Prozent. Für die Autoindustrie sei es schwer, über Investitionen zu entscheiden, wenn man nicht wisse, was eigentlich kommt, klagte Acea-Präsident Tavares.

Autokonzerne planen schon mal Materiallager und Abstellplätze auf beiden Seiten des Kanals als Puffer, falls die Zoll-Abfertigung an den Grenzen stockt. "Nicht nur der Brexit, sondern auch die angedrohten Einschränkungen des Freihandels aus den USA erfordern eine flexible Produktionsstrategie", sagt Roland-Berger-Experte Bernhart. "Autohersteller können nicht mehr wie früher fünf bis zehn Jahre im Voraus planen."

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