Der Fall Carlos Ghosn entwickelt sich immer mehr zum Krimi. Nachdem der ehemalige Nissan-Chef seine Unschuld beteuert hatte und damit Zweifel an seiner Verhaftung säte, erklärte er nun erstmals in einem Interview, was seiner Meinung nach hinter dem Ganzen steckt: eine Verschwörung. Einige Leute hätten seine starke Führung als Diktatur dargestellt, um ihn loszuwerden, sagte Ghosn in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Wirtschaftszeitung "Nikkei".
Mit seinem Abgang habe man eine engere Verflechtung des französischen Autobauers Renault mit seinen beiden japanischen Partnern Nissan und Mitsubishi verhindern wollen. Die Pläne habe er mit Nissan-Präsident Hiroto Saikawa im September besprochen, so Ghosn. Nach Angaben des Blattes handelte es sich bei dem Gespräch in einer Strafvollzugsanstalt in Tokio um das erste Interview mit Ghosn seit seiner Festnahme.
Der 64-Jährige war am 19. November in der japanischen Hauptstadt zusammen mit seiner früheren rechten Hand Greg Kelly wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Zudem soll er laut Staatsanwaltschaft private Investitionsverluste auf Nissan übertragen haben. Bis zu einem Prozess könnten noch Monate vergehen.
Ghosn hatte seine Unschuld beteuert
Vor Gericht hatte der Top-Manager seine Unschuld beteuert. Ghosn hatte Nissan einst vor der nahen Pleite gerettet und schmiedete aus Nissan, Renault und Mitsubishi Motors eine mächtige internationale Allianz. Das Bündnis verkaufte im vergangenen Jahr 10,76 Millionen Fahrzeuge, das war ein Plus von 1,4 Prozent, wie die Allianz in Paris mitteilte. Während es bei Renault und Mitsubishi Zuwächse gab, sank der Absatz von Nissan um 2,8 Prozent auf 5,66 Millionen Fahrzeuge.
"Ich werde nicht fliehen, ich werde mich verteidigen", sagte Ghosn demnach. "Alle Beweismaterialien sind bei Nissan, und Nissan verbietet allen Mitarbeitern, mit mir zu sprechen." Sowohl Nissan als auch Mitsubishi hatten den gebürtigen Brasilianer nach seiner Festnahme entlassen. Am Donnerstag war Ghosn auch als Konzernchef von Renault zurückgetreten. (dpa)
Detlef Rüdel