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Fahrbericht Porsche GT3 RS: Ein Rennwagen für die Straße

15.05.2018 07:25 Uhr
Das ist der neue Porsche GT3 RS.
© Foto: Porsche

Die Emotionen, die der Porsche GT3 RS beim Fahren transportiert, sind kaum in Worte zu fassen. Wir versuchen es trotzdem.

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Von Max Friedhoff/SP-X

5.000, 6.000, 7.000 – Hochschalten. Wow, was ein Klang, was ein Vortrieb. Der weiterentwickelte Porsche GT3 RS der 991er-Generation setzt sein Drehzahllimit erst bei 9.000 Umdrehungen pro Minute. Da ist also noch Luft nach oben. Doch von Anfang an. Der vier Liter große Sechszylinder-Boxer, der direkt vom Rennwagen "GT3 Cup" abstammt, ist einer der letzten Hochdrehzahlsauger und ein wahrer Freudenquell. Im Vergleich zum Vorfacelift-Modell leistet das Triebwerk 15 kW / 20 PS mehr und kommt nun auf 383 kW / 520 PS – der stärkste Saugmotor, den Porsche je in einem Serien-Elfer untergebracht hat. Dabei ist es nicht einmal die Kraft, mit welcher der GT3 RS sich fortbewegt, die so fasziniert. Es ist eine Mischung aus Leistung, der dank eines starren Ventiltriebs perfekt dosierbaren Gasannahme und dem charakteristischen Boxer-Sägen, das süchtig macht. Klar: Der 132 kW / 180 PS stärkere GT2 RS macht noch einmal deutlich mehr Meter, das emotionalere Auto ist aber definitiv der "kleine Bruder", der mit rund 195.000 Euro auch schlappe 90.000 Euro unter dem Top-Elfer rangiert.

Hervorragende Fahrbarkeit

Die Anführungszeichen sind nicht nur deshalb angebracht, weil der GT3 RS bis auf neun Sekunden an die Nordschleifen-Bestmarke des Turbo-Monsters GT2 RS herangefahren ist, auch querdynamisch verhält sich der nominell unterlegene Saugmotorsportler mindestens so erwachsen wie das Stuttgarter Alphatier. Alle Fahrwerks-Lenker sind mit Uniball-Kugellagern ausgerüstet, die Federraten sind deutlich höher als beim Vorgänger und nahezu identisch mit dem Nordschleifen-Setup des GT3-Cup-Rennfahrzeugs. Dazu lassen sich Spur, Sturz und Fahrzeughöhe individuell auf die Vorlieben des Fahrers einstellen, die adaptiven PASM-Stoßdämpfer mit Rennstrecken-Modus tun ihr übriges zur hervorragenden Fahrbarkeit des GT3 RS.

Besonders beeindruckend ist immer wieder das – Heckmotorkonzept-bedingte – Gripniveau der Hinterachse. Wer sich elfertypisch tief in die Kurve hineinbremst, die Vorderachse leicht wandern lässt und dann wieder früh ans Gas geht, erfährt die volle Offenbarung dieser seit mehr 50 Jahren perfektionierten Idee. Dazu kommt im GT3 RS außerdem die harmonisch und nicht auffällig präsent abgestimmte Hinterachs-Lenkung, die besonders in engen Kehren noch einmal zur Wendigkeit des Fahrzeugs beiträgt. Aber auch die bei älteren RS-Modellen oft kritisierte Vorderachse funktioniert im überarbeiteten RS perfekt. Die Rückmeldung der Michelin-Sportreifen durch die leichtgängige Lenkung ist ein Gedicht, der Sportwagen lässt sich mit erschreckender Präzision für jede Kurve perfekt positionieren. Dazu arbeiten vor allem die optionalen Carbon-Keramik-Bremsscheiben – wenn sie denn auf Betriebstemperatur sind – extrem beständig und überzeugen mit einer für ein Straßenauto ungeheuren Verzögerung.


Porsche GT3 RS 2019

Porsche GT3 RS 2019 Bildergalerie

Auch die Detailverliebtheit in Sachen Gewichtsoptimierung und Aerodynamik wird im GT3 RS erfahrbar. Der RS basiert auf der breiten Karosse des 911 Turbo und hungert sich mit Heckspoiler, Vollschalensitzen und Kotflügeln aus Kohlefaser sowie einem Dach aus Magnesium auf ein Gewicht von 1.460 Kilogramm herunter. Wer das optionale Weissach-Paket ordert, bekommt außerdem Dach, Fronthaube und Stabilisatoren aus Carbon. Zudem sind die Räder aus Magnesium und der Überrollkäfig aus Titan gefertigt. Gewichtsersparnis: 30 Kilogramm. Dazu konnten die Ingenieure den Abtrieb des RS im Vergleich zum normalen GT3 um 75 auf 144 Kilogramm bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h erhöhen. Hier trägt besonders der verstellbare Heckflügel zum Anpressdruck auf der Hinterachse bei.

Faszination mit Gänsehaut

Doch so gut sich die einzelnen Zutaten der Fahrspaßmaschine in die wichtigsten Bereiche zerlegen und sich die größten Änderungen separieren lassen: Mit grauer Schreibtisch-Theorie lässt sich die Faszination des GT3 RS nicht erfassen. Schon beim ersten Herausbeschleunigen aus der Boxengasse, dem ersten Erklimmen des Leistungsgipfels und mit dem orchestralen Anwachsen des Gänsehaut verursachenden Sechszylinder-Gekreisches zieht der RS einen in seinen Bann. Wenn man dann Runde um Runde auf der Rennstrecke abspult und sich immer näher an das Limit heranarbeitet, kann man verstehen, warum der RS bei Trackday-Enthusiasten so beliebt ist. Er involviert den Fahrer, fordert präzise Inputs und ehrliches Engagement am Grenzbereich. Er verwöhnt nicht mit früh regelnden Helferlein, sondern lässt den Fahrer an der langen Leine selbst erfahren, wo die Grenzen sind. Die des Autos und – meist schon früher – die persönlichen. Der GT3 RS überwältigt nicht mit brutalter Gewalt und spitzem Verhalten wie der GT2 RS, er führt heran und pusht das Ego des Fahrers mit präzisem, beherrschbarem Verhalten. Er ist ein Werkzeug, ein Skalpell. Aber auch ein Spielzeug. Eben ein Rennauto für die Straße.

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