Elektroautos sind im Kommen, allerdings rollen die meisten Hersteller das Feld von den Rändern auf. Da sind auf der einen Seite die kleinen und kompakten Stromer wie VW e-Up, Renault Zoe oder Nissan Leaf, und andererseits gibt es die großen, teuren SUV wie Audi e-Tron oder Jaguar i-Pace. Weitgehend außen vor sind bislang die Mittel- und Oberklasse, noch hat Tesla mit Model 3 und S hier freie Hand. Während der E-Pionier bei den Luxusschlitten bald vom Porsche Taycan Konkurrenz bekommt, stehen dem Ami-3er bislang nur ein paar Plug-in-Hybride (PHEV) gegenüber.
Dazu gesellt sich jetzt auch wieder sein deutscher Namensbruder, der 3er von BMW: Als 330e steht die jüngste Teilzeit-Stromer-Generation für mindestens 51.550 Euro beim Händler. Im Preis dabei sind Extras wie die volldigitalen Instrumente mit Hybrid-spezifischen Anzeigen oder das große Infotainment-System mit Online-Zugang und Sprachassistent, außerdem darf man 3.000 Euro Umwelt-Prämie abziehen und der BMW bekommt ein E-Kennzeichen, mit dem unter anderem in vielen Städten das Parken kostenlos ist.
Extra-Schub für zehn Sekunden
Beim Vorgänger-3er-PHEV setzte BMW anfangs noch auf einen Reihensechszylinder als Hybrid-Basis, 2016 folgte der Wechsel auf einen Vierzylinder. Diesem Konzept bleiben die Münchner bei der Neuauflage treu, der PHEV kombiniert einen Zweiliter-Benziner mit einem Elektro-Motor. Der Verbrenner steuert 135 kW / 184 PS und 300 Newtonmeter Drehmoment bei, vom E-Antrieb kommen 83 kW / 113 PS und nochmal 265 Newtonmeter, die naturgemäß aus dem Stand weg voll zur Verfügung stehen. Macht in Summe: 185 kW / 252 PS und 400 System-Newtonmeter. Damit ist allerdings das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: Der sogenannte XtraBoost im Sport-Modus oder beim Kick-Down holt sogar 215 kW / 292 PS aus dem Doppelherz-Antrieb – allerdings nur für rund zehn Sekunden.
Nicht nur wenn der Extra-Schub aktiviert wird, lässt der 330e keinen Zweifel daran aufkommen, dass ein Plug-in-Hybrid ausgesprochen sportlich sein kann. 5,9 Sekunden von Null auf 100, knackige Zwischensprints und bis zu 230 km/h sorgen für jede Menge Fahrspaß. Vor allem beim flotten Rausbeschleunigen aus der Kurve spielt der E-Motor seinen Trumpf aus und schiebt den 3er nachdrücklich an, ohne dass der Benziner überanstrengt wird. Das markentypisch dynamisch abgestimmte Fahrwerk kommt auch mit den rund 1,8 Tonnen Leergewicht problemlos klar; ein M340i mit Sechszylinder und Allradantrieb bringt schließlich kaum weniger auf die Waage.
BMW 330e (2020)
BildergalerieVerglichen mit den anderen Vierzylinder-3ern, von denen sich der 330e optisch kaum unterscheidet, wiegt der PHEV allerdings rund 200 Kilogramm mehr, die vor allen auf das Konto der Batterie gehen. Die ist gegenüber dem bereits ab rund 44.000 Euro erhältlichen Vorgänger um fast die Hälfte auf zwölf Kilowattstunden Kapazität angewachsen. Während die Ingenieure den Elektro-Motor platzsparend im Achtgang-Automatik-Getriebe untergebracht haben, macht sich der Akku recht breit: Er ist unter der Fond-Sitzbank montiert, ragt aber in den Kofferraum hinein. Der Stauraum sinkt dadurch merklich von 480 auf 375 Liter. Immerhin: Die Rückbank bleibt weiterhin dreigeteilt umklappbar und dank eines doppelten Ladebodens lässt sich trotz der Akku-Stufe eine ebene Fläche herstellen. Wer mehr Platz braucht, muss sich noch ein wenig in Geduld üben, der Hybrid-Kombi 330e Touring kommt erst im Sommer 2020.
Tipps zum Zeitvertreib für die Ladezeit
Wie weit man mit der gespeicherten Energie stromern kann, hängt - wie beim Benzin - freilich vom Fahrstil ab. Wer die rein elektrisch möglichen 140 km/h ausreizt oder sich an jeder Ampel mit einem Kavalierstart in die straffen Sitze drücken lässt, dürfte die versprochenen 66 Kilometer wohl kaum erreichen. Rund 50 Kilometer sollten bei gemäßigter Fahrt aber möglich sein, ehe der 330e wieder an die Steckdose muss. Eine Komplett-Ladung dauert an der 3,7-kW-Wallbox knapp dreieinhalb Stunden, schon eine Stunde eher soll der Akku zu 80 Prozent gefüllt sein. Wer eine öffentliche Ladestation ansteuert, wird vom Navigationssystem nicht nur hin gelotst, sondern bekommt gleich noch Tipps zu nahegelegenen Cafés und Sehenswürdigkeiten, um sich die Zeit zu vertreiben. Künftig soll man über das BMW-Infotainmentsystem eine Ladesäule außerdem für einen kurzen Zeitraum reservieren können, damit auf jeden Fall ein Stecker frei ist.
Die meisten 330e-Fahrer werden ihren Hybrid aber wahrscheinlich abends zuhause laden. Am Haushaltsstrom vergehen zwar fast sechs Stunden für eine Vollladung, doch über Nacht ist das Auftanken kein Problem und am nächsten Morgen kann man wieder problemlos seine alltäglichen Fahrten zurücklegen; die sind erwiesenermaßen selten länger als 50 Kilometer. Wessen Fahrprofil nur ab und an längere Strecken vorsieht, kann mit dem 3er tatsächlich eine ganze Weile ohne einen Tropfen Benzin zu verbrauchen fahren. Dass der Spritkonsum aber, wenn beide Motoren zusammenarbeiten, bei unter zwei Liter liegen soll, ist ein Rechentrick. Fünf bis sechs Liter muss man im Hybrid-Modus schon rechnen, schließlich verleitet der 330e immer wieder zum Gas geben und zu einer flotteren Gangart.
Udo