Von Rolf Schraa, dpa
Die Autowelt ist gerade ziemlich in Aufruhr. Die Folgen des VW-Dieselskandals, Messungen von erhöhten CO2-Werten, die Branche erlebt einen grundlegenden Wandel. Auf der Essen Motor Show aber scheint alles beim Alten: da kommen Autofans nach wie vor auf ihre Kosten. Einen 12-Liter-Ferrari für 119.000 Euro gibt es zu sehen, verrückte Show-Cars wie einen US-Pick-Up mit einer ganzen Batterie von Achtzylindermotoren oder einen 600-er Mercedes - Kostenpunkt 1,5 Millionen Euro.
Jedes Jahr zieht die Tuning- und Sportwagenmesse mehr als 300.000 Besucher an. Ein typischer Aussteller ist Michael Ehrt. Für 700 Euro hat er eine Golf-GTI-Karosserie der ersten Generation gekauft - und dann ein halbes Jahr lang zusammen mit seiner Freundin bis spät in die Nacht neue Einzelteile, einen anderen Motor und ein modernes Fahrwerk angeschraubt. 500 Arbeitsstunden später, nach rund 15.000 Euro Investitionen, präsentierte der Nordhesse am Freitag den komplett neu aufgebauten und frisch lackierten Wagen stolz in Essen.
Typisch ist Ehrt einerseits für die unverhohlene Autobegeisterung der Messe. Bei der Motor Show stehen mal nicht CO2-Werte und der Schutz der Natur im Vordergrund - auch wenn Messechef Oliver Kuhrt zu Beginn betonte, dass die Elektromobilität ein zunehmend wichtiges Thema sei.
Auch in diesem Jahr dürfte es wieder Schlangen geben beim "Besucher-Taxi" in einer der Messehallen. Gäste können sich dann in hochmotorisierten Wagen mit durchdrehenden Rädern beim "Driften" im Kreis herum fahren lassen - ein herrlich unkorrektes Vergnügen mit Lärm und Plastikgestank.
Wichtiger Wirtschaftszweig
Die andere Seite des Tuning-Hobbys sind die erheblichen Kosten. Die Auto-Leidenschaft wird damit nicht nur beim Neuwagenverkauf, sondern auch danach zum wichtigen Wirtschaftszweig. Wer nicht selbst schraubt, kann den fertig aufgebauten Wagen beim Fachmann bestellen. Rund 700 Millionen Euro setzten die deutschen Tuningbetriebe inzwischen wieder im Jahr um, sagte der Geschäftsführer des Tuningverbandes, Harald Schmidtke, bei der Messe.
Die Branche habe sich von den Einbrüchen der Finanzkrise erholt, das Geschäft laufe wieder konstant. In Mode sind vor allem Kotflügelverbreiterungen, Sprühfolien auch für weniger begabte Heimwerker und neue Räderdesigns. Gut läuft auch das Geschäft mit den Ersatzteilen für alte Autos, die teils mit alten Werkzeugmaschinen eigens nachgebaut werden.
Zunehmend erkennen auch die Hersteller selbst den "Aftersales"-Markt - das Geschäft nach dem Neuwagenverkauf. Mit dem fetzigen Motto "Tiefer, schneller, breiter" präsentiert etwa BMW bei der Messe Tuning für seine Serienfahrzeuge. 1.300 Tuningteile für alle BMW-Modelle wie etwa sportliche Auspuffanlagen, Carbonteile oder verstellbare Fahrwerke seien vorrätig, sagte BMW-Manager Christian Scheppach bei der Messe. Der Markt wachse - bei Mini-Fahrzeugen des Konzerns zuletzt um 13 Prozent in einem Jahr.