Von Michael Gebhardt/SP-X
Solange es noch Autos mit Benzin- oder Dieselmotor gibt, gehört auch der regelmäßige Stopp an der Zapfsäule zum Autofahrer-Alltag. Die meisten Lenker dürften dem Tankvorgang allerdings kaum Aufmerksamkeit schenken: Rüssel ins Auto, ab an die Kasse und weiterfahren. Kann man das noch weiter vereinfachen? Man kann. Davon ist zumindest das Team von Franz Reiner überzeugt. Der ehemalige Vorstand der Mercedes-Bank ist seit kurzem Chef der neuen Daimler Mobility AG. Der Stuttgarter Dienstleister ist aus der ehemaligen Financial-Services-Sparte entstanden und wickelt mittlerweile nicht mehr nur die Leasinggeschäfte für Mercedes ab, sondern verantwortet sämtliche Mobilitätsdienstleistungen des Konzerns.
Dazu gehört seit neuestem die "Bertha"-App fürs Smartphone: Die listet nicht nur die aktuellen Spritpreise auf und hilft so bei der Suche nach einer günstigen Tanke, sondern ermöglicht auch das direkte Bezahlen des Sprits per Smartphone – ohne dafür an die Kasse zu müssen und ganz gleich, mit welchem Auto man vorfährt. Ein Schmankerl für Mercedes-Fahrer: Ab kommenden Jahr sollen zumindest die Besitzer neuerer Fahrzeuge keine extra App mehr dafür benötigen, sondern den Service direkt über das Auto-Infotainmentsystem nutzen können.
Aktuell unterstützen zwar deutschlandweit nur rund 375 Tankstellen diesen Service, doch die Stuttgarter arbeiten daran, das Partnernetz auszuweiten. Wie schnell das geht, wird sich zeigen. Nicht jeder Tankstellenbetreiber dürfte scharf darauf sein, sich das Geschäft mit den Supermarkt-Artikeln entgehen zu lassen, nur damit die Autofahrer bequem vom Wagen aus ihren Treibstoff bezahlen können.
Leichter dürfte es Daimler Mobility fallen, Parkplatzanbieter oder Ladesäulenbetreiber zur Zusammenarbeit zu überreden: Gemeinsam mit BMW hat Daimler eine Reihe von sogenannten Now-Dienstleistungen auf den Weg gebracht, zu denen neben der Taxi-Ruf-App FreeNow (vormals MyTaxi) und dem Carsharing-Dienst ShareNow (ehemals Car2Go und DriveNow) unter anderem auch die Services ParkNow und ChargeNow gehören. Apps, über die die Parkgebühr oder die Stromrechnung an der Ladestation abgerechnet werden können – auch hier arbeitet die Konzernsparte an der Integration in Mercedes-Fahrzeuge.
Neue Kunden an die Marke heranführen
Das Ziel dieser Dienstleistungen ist klar: Auch wenn viele Angebote ohne einen Mercedes genutzt werden können, sollen die Services langfristig neue Kunden an die Marke heranführen und auf Dauer binden. Ob jemand später ein Auto mit Stern allerdings tatsächlich noch kauft, es für mehrere Jahre least oder nur für wenige Tage oder gar nur Minuten mietet oder "shared", ist dabei zweitrangig – Hauptsache, das Geld fließt am Ende in die Daimler-Kasse. Dieser Schritt vom Autobauer zum Mobilitätsdienstleister ist für alle Hersteller enorm wichtig und dürfte in einigen Jahren über Wohl und Wehe so mancher Marke entscheiden.