Opel will ein komplettes Werk in Deutschland wegen fehlender Zulieferteile nicht nur tage- oder wochenweise, sondern mindestens bis Jahresende schließen. Die Entscheidung sorgte am Donnerstag für Unruhe und Empörung in der Belegschaft des betroffenen Opel-Werks in Eisenach, aber auch bei der IG Metall. «Das ist ein unglaublicher Vorgang in Form, Stil und Inhalt», sagte der IG Metall-Bezirksleiter Mitte, Jörg Köhlinger, der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
"Ich kenne im Moment keinen anderen Automobilhersteller, der wegen fehlender Teile Kurzarbeit bis ins nächste Jahr ankündigt wie Opel", so Köhlinger. Der Gewerkschafter warf die Frage auf, ob der Bau des Modells Grandland möglicherweise in Eisenach gestoppt, aber im französischen Sochaux weitergeführt werde. "Lieferengpässe dürfen nicht zulasten nur von Eisenach gehen."
Köhlinger verwies darauf, dass die anhaltende Lieferkrise bei Elektronik-Bauteilen wie Mikrochips auch bei anderen Autoherstellern zu Problemen führt. Volkswagen hatte erst in diese Woche über erneute Produktionsausfälle und Kurzarbeit am Stammsitz Wolfsburg berichtet. Einschränkungen würden sich bis weit in den Oktober hineinziehen. Der Autobauer Ford teilte am Donnerstag mit, er müsse wegen Halbleiter-Engpässen den Produktionsstopp für das Modell Fiesta in seinem Kölner Werk vorerst bis 31. Oktober verlängern.
Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sprach von einer bitteren Entscheidung und pochte auf Einhaltung von Zusagen für das Eisenacher Werk durch die Stellantis-Gruppe. Immerhin gehören das Autowerk, das nach der Wiedervereinigung eröffnet wurde, sowie seine Zulieferer in der Region zu den wichtigen Industriearbeitgebern in Thüringen.
Was konkret hat Opel entschieden?
Das Eisenacher Werk, das aktuell etwa 1.300 Menschen beschäftigt, soll von kommender Woche an zunächst bis zum Jahresende geschlossen werden. Ein konkretes Datum zum Neustart in Thüringen wollte der Autobauer zunächst nicht nennen. "Für die Beschäftigten ist Kurzarbeit vorgesehen, um die Maßnahme sozialverträglich zu gestalten", sagte ein Unternehmenssprecher.
"Die globale Automobilindustrie befindet sich aufgrund der anhaltenden Pandemie und einem weltweiten Mangel an Halbleitern in einer Ausnahmesituation. In dieser anspruchsvollen und unsicheren Lage plant Stellantis, Anpassungen der Produktion vorzunehmen", begründete der Sprecher des zum europäischen Großkonzern Stellantis gehörenden Herstellers den Schritt. Anfang 2022 solle die Produktion des SUV Grandland in Eisenach wieder anlaufen, sofern es die Lieferketten erlaubten.
Köhlinger sagte: "Die Vereinbarung von Kurzarbeit unterliegt der Mitbestimmung. Das Thema ist bisher aber nicht einmal beim Betriebsrat adressiert." Kurzarbeit sei auch nur dann möglich, wenn sie unvermeidbar sei. Das würde nicht gelten, wenn Elektronikbauteile nur anders zwischen den Werken verteilt würden. Bei einer Betriebsversammlung an diesem Dienstag sei die jetzige Entscheidung noch nicht einmal ein Thema gewesen.
Thüringens Wirtschaftsminister Tiefensee erklärte: "Ich erwarte, dass die Zusage von Stellantis steht, die Produktion Anfang kommenden Jahres wieder aufzunehmen und das Werk weiter zukunftsfest zu entwickeln." Positiv sei, dass Stellantis das Kurzarbeitergeld in Eisenach auf 90 Prozent aufstocken wolle. Gewerkschafter Köhlinger verwies zudem auf einen Zukunftstarifvertrag zwischen Opel und der IG Metall, der die Auslastung des Eisenacher Werks vorsehe.
In Eisenach hatte es bereits im August wegen fehlender Teile einen vorübergehenden Produktionsstopp gegen. Damals hatte es sich nach Unternehmensangaben um elektronische Komponenten von einem Zulieferer in Malaysia gehandelt.
Schreck der Heuschrecke