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Brabus Invicto: Im Kreuzfeuer

24.08.2020 06:00 Uhr
Brabus steigt ins Geschäft mit der Panzerung von Fahrzeugen ein.
© Foto: Brabus

Den Platz im Kreuzfeuer sind SUV-Fahrer derzeit gewöhnt. Doch wenn Christian Draser von brenzligen Situationen spricht, meint er nicht Kritik, sondern Kugeln. Denn als Chef der neuen Brabus-Sparte Invicto baut er Geländewagen zu Sonderschutzfahrzeugen um - und profitiert dabei vor allem von Lücken im Mercedes-Programm.

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Von Benjamin Bessinger/SP-X

Es ist laut, es riecht nach Pulverdampf und überall pfeifen die Projektile durch die Luft. Doch wo bei den allermeisten der Fluchtinstinkt durchschlagen würde, steht Christian Draser ganz ruhig am Rande der Szenerie und schaut zufrieden. Dabei ist es sein Auto, das da gerade mit 500 Kugeln in einem Schweizer Käse verwandelt wird. Aber Draser hat gut lachen, denn er ist Chef der neuen Brabus-Tochter Invicto, die mit sogenanntem Sonderschutzfahrzeugen den Markt aufrollen will, und die Schützen ballern in seinem Auftrag. Von Amts wegen versuchen sie vergebens die G-Klasse zu knacken. Mit jedem Schuss, der am Panzerglas oder dem verstärkten Blech abprallt, wird Drasers Lachen deshalb breiter. Und auch die 12,5 Kilo Sprengstoff und zwei Granaten können ihm die Laune nicht verderben. Denn egal wie wüst der Wagen von außen aussieht, bleibt die Fahrgastzahlen unversehrt - und das ist es, worauf es bei Autos dieser Art ankommt, wenn man ein Sonderschutzfahrzeug entwickelt hat und dafür das begehrte Siegel VR6 bekommen möchte. 

Normalerweise ist das ein Geschäft, das die Hersteller gerne selbst mitnehmen. Vor allem Mercedes-Benz. Nicht umsonst rühmen sich die Schwaben als Erfinder des zivilen Panzerwagens und gelten zugleich als Weltmarktführer in Sachen Sicherheit. Doch seit es eine neue G-Klasse gibt, hatten sie in Graz bislang offenbar noch keine Zeit, eine gepanzerte Version des Vierkants zu entwickeln. Oder sie haben schlicht das Interesse verloren.

Nachfrage wächst

Weil aber die Angst grassiert und die Nachfrage wächst, springt jetzt Brabus in die Lücke und hat dafür eigens eine Submarke gegründet. "Wir wollen das nicht vermischen und so unsere Seriosität betonen", sagt Draser und kann sich schwer vorstellen, dass eine Behörde einen Brabus kaufen würde. Dabei gibt sich Invicto genau wie Brabus Tuning auch bei der Panzerung nicht mit halben Sachen zufrieden und schraubt nur ein paar Stahlblatten hinters Blech. In vielem Monaten ernsthafter Entwicklungsarbeit haben sie in Bottrop eine komplette Schutzzelle ersonnen, mit der die Karosserie von innen hermetisch ausgekleidet wird. Sie besteht zum größten Teil aus Panzerstahl, Karbon- und Kevlar-Fasern und macht sich ein paar einzigartige Verfahren zunutze: "Zum ersten Mal setzen wir bei der Panzerung Komponenten aus dem 3D-Drucker ein", sagt Draser stolz. Und natürlich gibt’s zur Panzerung einen pannensicheren Reifen auf einer selbst entwickelten Notlauffelge, der den Koloss auch ohne Luft noch bis zu 50 Kilometer weit trägt.


Brabus Invicto

Brabus Invicto Bildergalerie

Mittelfristig soll Invicto eine ganze Modellpalette anbieten und markenübergreifend arbeiten. Doch schon bei der G-Klasse fächern sie in Bottrop das Produktprogramm kräftig auf und bieten vom Start weg drei Varianten anWeil Tarnung der beste Schutz ist, gibt es den G für Umbaupreise ab 354.600 Euro als ganz dezenten "Pure", dem man seinen Panzer nicht einmal auf den zweiten Blick ansieht. Selbstdarsteller und Stammkunden bedienen sie in Bottrop mit dem Luxury, der vom Karbon-Kit für die Karosserie bis zum erweiterten Ledertrimm im Innenraum mit allem Bodybuilding daherkommt, das man von Brabus erwartet. Und wer es wirklich ernst meint mit dem Einsatz für die Sicherheit, der lässt den G für rund 700.000 Euro zum "Mission" aufrüsten. Dem fehlt dann zwar jeder Komfort, doch dafür gibt es ein paar Extras, die auch James Bonds Dienstwagen gut zu Gesicht stehen würden: Von den üblichen Blaulichtern und Stroboskopblitzern über eine automatische Lösch- und Frischluftanlage bis hin Suchscheinwerfern mit Fernsteuerung und einer Aufklärungsdrohne - alles gesteuert über einen Touchscreen im Dachhimmel oder einen zweiten Kontrollbildschirm, der aus dem Handschuhfach klappt. Auf dem kann der Einsatzleiter auch kontrollieren, ob alle Kollegen oder alle wichtigen Ausrüstungsgegenstände, Dokumente und Waren an Bord sind. Denn alles, was dem Nutzer lieb und teuer ist, bekommt einen Chip, und wenn es beim Losfahren im Wagen fehlt, schlägt die Elektronik Alarm. 

Ganz andere Fahrweise

Dabei müssen sich gewohnte G-Klasse-Genießer allerdings ein wenig umstellen. Denn auch wenn der "Mission" bis auf die extrabreiten Schalensitze, in denen man auch mit Schussweste um die Brust und Waffen im Holster noch bequem Platz hat, sowie die eigenwilligen Türverkleidungen mit ihrem pfiffigen Befestigungssystem für Funkgeräte, Fernzünder oder Feuerwaffen innen aussieht wie jede andere G-Klasse, fährt sie sich doch ganz anders.

Auch nach einer mächtigen Verstärkung hat das modifizierte Fahrwerk schwer an der dicken Karosse zu tragen, in Kurven drängt es den Koloss weit nach außen und trotz der Hochleistungsbremsen mit Scheiben groß wie Gully-Deckeln schiebt der G mächtig nach, wenn der Fahrer in die Eisen steigt. Nur gut, dass jemand vor der Testfahrt schnell noch die Fünfpunktgurte ordentlich strammgezogen hat.

Schneller Panzerschrank auf Rädern

Ungewöhnlich für einen Benz aus Bottrop ist der Antritt: Wo ein Brabus sonst vor ungestümer Kraft schon mal dicke, schwarze Streifen auf den Asphalt brennt, wirkt der Mission fast ein bisschen müde. Doch für einen Panzerrschrank auf Rädern ist er rasend schnell. Und wenn sie eines wissen bei Brabus, dann ist es, wie man aus einem Mercedes-Motor mehr Mumm rausholt. Wem die 421 PS der G500 nicht reichen und selbst die 585 PS des G 63 noch zu wenig sind, dem bauen sie in Bottrop auch ihren stärksten Motor ein. Dann stehen nicht nur 800 PS und 1.000 Nm im Datenblatt, sondern auch ein Spitzentempo von 210 km/h. Denn so resolut die G-Klasse auch sein mag und so robust: Manchmal der Rückzug doch die bessere Lösung. Und dann kann ein bisschen Tempo ja nicht schaden. Allerdings ist dabei zumindest für Zivilisten Vorsicht geboten. Während Kugeln am Mission abprallen wie die Fliegen an der Frontscheibe und er unbehelligt durchs Kreuzfeuer fährt, ist er der Radarpistole genauso schutzlos ausgeliefert wie jedes andere Auto. 

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