Allianzen machen im besten Fall ihre Mitglieder stärker. Bei Mitsubishi zumindest hat das geklappt: Die japanische Marke hat dank der Verbindung mit Renault-Nissan nach einem knappen Jahrzehnt Pause in Europa endlich wieder einen Kleinwagen im Programm. Und zwar einen, der seinem nächsten Verwandten sogar eines voraushat.
Es ist nicht zu übersehen: Der seit Ende 2023 angebotene Colt ist ein mäßig gut getarnter Renault Clio. Viel Aufwand haben die Japaner nicht getrieben, um den Franzosen in die eigene Modellpalette einzugemeinden. Ein Logo an der Front, eines auf dem Heckdeckel und eines auf dem Lenkrad – das war es fast schon. Unterschiede hingegen gibt es bei Ausstattungslinien und Motorenpalette, der im Testwagen montierte Hybridantrieb mit 105 kW/143 PS ist aber für beide Modelle zu haben.
Doppelrolle: Benzin und E-Antrieb
Die Kombination aus Benziner und E-Antrieb spielt eine Doppelrolle im Portfolio, will sowohl mit den besten Fahrleistungen als auch mit dem niedrigsten Verbrauch punkten. Und das gelingt im Mitsubishi so gut wie schon im Renault. Die recht aufwändige Kombination aus Verbrenner, verschiedenen Getrieben und insgesamt drei einzelnen Elektromotoren arbeitet gleichzeitig geschmeidig und kraftvoll. Spürbares Schaltruckeln gibt es ebenso wenig wie eine nervige Anfahrschwäche.
Und auch beim städtischen Zwischenspurt gefällt die ansatzlose Elektro-Schubkraft. Der Verbrenner ist in der City überraschend häufig gar nicht gefragt, schaltet sich vor allem außerorts und auf der Autobahn dazu. Lässt man es ruhig angehen, wirkt die Motorenkombination auch dort souverän und ausreichend kräftig. Lediglich bei höherer Leistungsanforderung, etwa beim Überholen, zeigt der Verbrenner mit lautem Dröhnen an, dass er stärker gefordert ist. Die flotte Kurvenfahrt liegt dem Colt auch nicht wirklich, hat die Automatik doch bei wechselndem Tempo gelegentlich Schwierigkeiten, die passende Übersetzung zu finden.
Mitsubishi Colt (2024)
BildergalerieAuch wenn der Hybrid auch gut für flotte, aber entspannte Autobahn- oder Landstraßentouren taugt, ist sein bevorzugter Lebensraum die Stadt. Dort kommt er mit deutlich weniger als 4 Litern Kraftstoff je 100 Kilometern aus. Auf der Autobahn zeigt die Bordcomputeranzeige auch mal eine hohe Fünf oder niedrige Sechs. Der Normverbrauchswert von 4,2 Litern im Mix fällt unterm Strich wohl etwas zu optimistisch aus, mit rund 5 Litern zählt der Mitsubishi in der Praxis aber auf jeden Fall zu den sparsamsten Vertretern seiner Klasse.
Auch an anderer Stelle leistet sich der Colt keine Schwächen. Bis auf die fehlende Eigenständigkeit. Denn die Liste der guten und schlechten Eigenschaften liest sich wie die des Clio. So punktet der Japaner wie schon der Franzose mit einem schönen, wertigen und ergonomisch gut geschnittenen Innenraum. Zentrales Element ist der hochkant stehende Bildschirm, auf dem wahlweise die gut zu bedienende Hersteller-Software läuft oder die immer noch eine Spur bessere Alternative von Google ("Android Auto") oder Apple ("Car Play"). Eine Kabelverbindung ist dazu nicht nötig.
Platzangebot: zu eng für vier Erwachsene
Das Platzangebot ist vorne gut, hinten geht es der Klasse entsprechend deutlich enger zu – für vier große Erwachsene ist der Fünftürer auf Dauer zu eng. Im Fond sorgen außerdem die abfallende Dach- und die aufsteigende Schulterlinie im Zusammenspiel mit dem kleinen Heckfenster für eine etwas düstere Atmosphäre. Zudem mangelt es an Ablagen. Der Kofferraum fällt für einen Kleinwagen vergleichsweise groß aus, wegen der hohen Ladekante und des beim Hybrid fehlenden doppelten Ladebodens ist die Nutzbarkeit allerdings nicht optimal. Hinzu kommt, dass sich Mitsubishi anders als Renault einen Knopf zum Entriegeln gespart hat, weshalb man zum Öffnen immer die Fernbedienung auf dem Autoschlüssel nutzen muss.
Bei der Preisstruktur setzt sich der Mitsubishi-Hybrid vom Renault ab. Mit einem Startpreis von 26.200 Euro ist der Colt fast 3.000 Euro teurer, bietet aber bereits eine umfangreiche Ausstattung. In der günstigsten Variante "Plus" sind unter anderem Rückfahrkamera, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, beheizbares Lederlenkrad und Klimaautomatik Serie. Und auch die "Top"-Variante mit Quasi-Vollausstattung bleibt noch knapp unter der 30.000-Euro-Schwelle. Wirklich absetzen kann sich der Japaner von seinem französischen Verwandten allerdings in einem anderen, wichtigen Punkt: Mitsubishi gewährt eine Garantie von 5 Jahren, bei Renault zahlt man schon nach zwei Jahren die Reparaturen selbst.
Für das Colt-Comeback hat sich Mitsubishi die richtige Plattform gewählt. Der Clio-Zwilling ist wendig und sparsam und wirkt im Innenraum zumindest vorne sehr erwachsen. Eine eigene Identität hat der Japaner nicht entwickeln dürfen, so dass sein stärkstes Argument gegenüber dem Renault seine lange Garantie ist. In dieser Klasse ist das aber viel Wert.