Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die Autoindustrie beraten am heutigen Montagnachmittag beim "Autogipfel" über die Krise der Branche. An der Videokonferenz nehmen unter anderem Vertreter des Branchenverbands VDA, der Gewerkschaft IG Metall sowie von Herstellern wie Volkswagen, BMW und Mercedes teil. Vor dem Treffen wurden viele Forderungen erhoben, um die eingebrochene Nachfrage vor allem nach Elektroautos wieder anzukurbeln.
+++ 18:10 Uhr: Habeck stellt Autobranche Unterstützung in Aussicht +++
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat der kriselnden deutschen Autoindustrie Unterstützung in Aussicht gestellt. Habeck sagte nach Beratungen mit Vertreten der Branche, es solle keine Schnellschüsse und keine "Strohfeuermaßnahmen" geben. Es gehe um langfristige Planbarkeit. Dazu habe es Übereinstimmung in der Runde gegeben. "Unter der Bedingung haben wir über verschiedene Möglichkeiten gesprochen." Die Maßnahmen, die vielleicht kämen, sollten immer rückwirkend gelten. Die Bundesregierung werde nun beraten. Konkrete mögliche Fördermaßnahmen nannte Habeck nicht. Der ohnehin stattfindende regelmäßige Dialog mit der Branche werde fortgesetzt.
Der Minister sagte der Autoindustrie zudem Unterstützung auf EU-Ebene zu. Dabei geht es um sogenannte Flottengrenzwerte, das sind Vorgaben zum CO2-Ausstoß. Diese sollen schrittweise verschärft werden. Habeck sagte, die Grenzwerte sollten im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden. Es sei der Wunsch der Runde gewesen, sich dafür einzusetzen, dass das schon im kommenden Jahr passiere. "Dem will ich gerne folgen." Habeck dämpfe zugleich die Erwartungen. Es handle sich um ein europäisches Programm. Viele andere Länder hätten nicht die Herausforderungen Deutschlands. Zudem habe sich Deutschland in der Verkehrspolitik in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sagte er mit Blick auf das umstrittene Vorgehen beim Thema E-Fuels.
+++ 15:10 Uhr: Grünen-Chef zu Autokrise - "Kraftakt" notwendig +++
Grünen-Chef Omid Nouripour hält angesichts der Autokrise einen "Kraftakt" für notwendig. Er sagte nach Beratungen des Bundesvorstands in Berlin: "Deutschland ist ein Autoland und es soll auch so bleiben." Es sei gut, dass sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Nachmittag mit Vertretern der Branche und den Gewerkschaften berate. "Es braucht einen Kraftakt, um dort voranzukommen."
Die Krise bei VW sei sehr einschneidend. Es sei umso notwendiger, dass konkret an Lösungen gearbeitet werde und nicht Debatten von vorgestern geführt werden, so der Grünen-Chef. Wenn nun zum Beispiel CSU-Chef Markus Söder fordere, wieder in die Verbrennerzeit zurückzugehen, bedeute dies, dass aus Deutschland ein "Industriemuseum" gemacht werden solle.
Nouripour wollte nicht auf Vorschläge wie die der SPD nach einer neuen "Abwrackprämie" zum Ersatz von Verbrennerautos durch Elektroautos eingehen. "Es braucht keine Schnellschüsse, sondern Planungssicherheit für die Autobauer genauso wie für die Verbraucherinnen und Verbraucher."
+++ 14:18 Uhr: CSU fordert neue E-Auto-Prämie +++
Die CSU fordert von der Bundesregierung mehr "Autopatriotismus" - mit einer Prämie für E-Fahrzeuge, die vor allem deutschen Autobauern zugutekommen soll. "Es ist an der Stelle jetzt einfach mal ein bisschen mehr (...) Autopatriotismus angebracht", sagte der CSU-Vorsitzende Markus Söder nach einer Parteivorstandssitzung in München.
Eine Prämie für E-Mobilität und auch für Hybridfahrzeuge wäre wichtig, "um einfach wieder den alten Förderstatus zu haben". "Allerdings wünschen wir uns eine intelligentere Prämie. Keine Prämie, die am Ende nicht den deutschen Autos nützt, sondern anderen Autoherstellern." Ziel müsse deshalb sein, die Prämie so zu konzipieren, dass vor allem deutsche Hersteller profitierten, sagte Söder. Details, wie dies gehen soll, ließ er offen.
Zudem bekräftigte Söder die CSU-Forderung, auch weiterhin Verbrennermotoren auf europäischer Ebene zuzulassen - dies solle nicht nur für E-Fuels gelten, "sondern für alle Formen der Verbrenner". Söder argumentierte: "Die CO2-Reduktion wird durch den technischen Fortschritt auf Dauer gemacht werden." Abgesehen davon forderte Söder er eine Absenkung der Lkw-Maut in Deutschland, einen schnelleren Ausbau von E-Ladesäulen, ein modernes Wasserstoffnetz und einen "Ladestrompreis" für die E-Mobilität. Zudem unterstütze man den Vorschlag, drohende Strafzahlungen von Autobauern bei den geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO2-Ausstoß zu verschieben und aussetzen, "wenn keine Schuld vorliegt", sagte Söder.
"Deutschland ist schon in einer ziemlichen Krise, was das Auto betrifft", sagte Söder. Bayern stehe im Moment zwar immer noch besser da als andere. Aber wenn Deutschland in den Bereichen Maschinenbau, Auto oder Chemie Probleme bekomme, dann bekomme auch Bayern Probleme. Absurd sei, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Krise in diesen Branchen zum Teil selbst verursacht habe, argumentierte er. "Die Grünen sind seit Jahren die Autofeinde Nummer eins, anders kann man es ja gar nicht anders sagen": Die E-Mobilitäts-Förderung sei gestrichen worden, es gebe kein Wasserstoffnetz, und die Grünen hätten aus ideologischen Gründen den Verbrenner "bekriegt", kritisierte er.
+++ 12:37 Uhr: BMW - Industrie braucht keine Strohfeuer +++
BMW hält nichts von im Vorfeld des "Autogipfels" diskutierten Vorschlägen wie einer neuen Abwrackprämie oder Prämien für Elektroautos. "Die deutsche Automobilindustrie braucht keine kurzfristigen, marktverzerrenden Strohfeuer", hieß es am Montag aus dem Konzern. Im Fokus sollten stattdessen nachhaltige Rahmenbedingungen stehen, die den Kunden die Entscheidung für elektrische Fahrzeuge vereinfachten. Dazu gehörten flächendeckend Ladepunkte im öffentlichen wie im privaten Bereich sowie der Zugang zu günstigem Ladestrom. "Denn wenn die Kosten für einen elektrisch gefahrenen Kilometer höher sind als mit Benzin oder Diesel, fehlt vielen Kunden ein zentraler Anreiz für elektrische Fahrzeuge", hieß es in München.
+++ 04:30 Uhr: Habeck sucht mit Autobranche nach Auswegen aus der Krise +++
Die Lage: Die deutschen Hersteller kämpfen mit schwachen Absatzzahlen und hohen Kosten für den Umstieg auf den E-Antrieb. Vor kurzem musste Mercedes wegen eines stotternden Laufs in China seine Gewinnprognose für dieses Jahr kappen. Zuvor hatte bereits BWM seine Absatz- und Gewinnerwartungen für das laufende Jahr gesenkt.
Volkswagen hat die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufgekündigt und Werksschließungen und betriebsbedingte Entlassungen nicht mehr ausgeschlossen. Dagegen gibt es erbitterten Widerstand von Betriebsrat und IG Metall. Auch bei den Automobilzulieferern ist die Krise angekommen. Zugleich drängen neue Wettbewerber wie Tesla und Hersteller aus China in den Markt.
In einem Papier von SPD-Wirtschaftspolitikern ist die Rede von einer nicht ausreichenden Modellpalette, insbesondere für den Massenmarkt. Verwiesen wird auch auf zu spät ausgebaute Ladeinfrastrukturen. In einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft heißt es, seit Jahren schrumpfe die Produktion in Deutschland. Sie sei inzwischen im Vergleich zu 2018 rund 25 Prozent niedriger. Der Standort gerate zudem durch hohe Energiekosten immer weiter unter Druck.
Der Gipfel: Habeck hat für diesen Montag von 15.30 Uhr bis 17 Uhr zu einer Videokonferenz eingeladen. Es geht um einen "Austausch" über die aktuelle Lage der Automobilindustrie, wie aus der Einladung hervorgeht. Eingeladen sind Vertreter des Branchenverbands VDA, der IG Metall, von Volkswagen, BMW, Mercedes Benz, Tesla Deutschland, Bosch, Continental und ZF. Eine der Leitfragen ist, was die größten Hemmnisse für den Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland ist und wo der dringendste Handlungsbedarf gesehen wird.
Die Ankündigung: Habeck hatte neue staatliche Fördermaßnahmen für Elektroautos in Aussicht gestellt. "Ich fühle mich schon in einer Verpflichtung zu sehen, dass der Markt jetzt wieder anzieht", sagte er bei einem Besuch des VW-Werks in Emden. Habeck verwies darauf, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen plane. Dadurch soll auch der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos gestärkt werden, weil Firmenwagen relativ schnell zu einem günstigen Preis als Gebrauchtwagen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werde man schauen, ob noch etwas geht, sagte Habeck.
Angesichts von Haushaltszwängen scheint allerdings offen, ob die Bundesregierung wirklich umfassende zusätzliche Maßnahmen beschließt, um die Nachfrage nach Elektroautos anzukurbeln. Nach dem abrupten Stopp der staatlichen Förderung Ende des vergangenen Jahres sind die Neuzulassungen von E-Autos eingebrochen.
Die Vorschläge: Vor dem "Autogipfel" überschlugen sich Politiker und Verbände mit Vorschlägen, um die Autokonjunktur zu stärken. "Wir müssen den Markt stimulieren", sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). "Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen." Lies nannte etwa Kaufanreize für private Autokäufer oder vergünstige Leasingmodelle.
SPD-Wirtschaftspolitiker schlagen eine neue "Abwrackprämie 2.0" vor. Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3.000 Euro geben. Außerdem könnte ein "Social Leasing-Programms" nach französischem Vorbild eingeführt werden - Personen mit kleinen und mittleren Einkommen könnten einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie für ein mittelpreisiges E-Auto bekommen.
Aus Sicht des Umweltverbands Greenpeace sollte die Bundesregierung eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen und diese mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanzieren. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, forderte, drohende Strafzahlungen von Autobauern bei geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO2-Ausstoß aussetzen.
Die Warnung: Habeck hatte in Emden betont, mögliche neue Fördermaßnahmen würden rückwirkend gelten. Die Botschaft dahinter lautet: Potenzielle Käufer von E-Autos sollen sich nun nicht zurückhalten. Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer warnt: "Das große Risiko der jetzt losgetretenen Autogipfel-Diskussion ist eine weitere Verunsicherung der Verbraucher. Natürlich warten Käufer jetzt erst mal ab, ob eine Prämie kommt." Für den Markt für Elektroautos bedeute das nichts Gutes.
+++ 04:01Uhr: Landesminister Lies fordert Maßnahmenpaket - "Müssen Markt stimulieren" +++
Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hat ein umfassendes Maßnahmenpaket gefordert, um die Autokonjunktur in Deutschland anzukurbeln. Lies sagte, die Hersteller hätten nun ihre klaren Aufgaben zu erledigen. "Und wir als Politik haben die Aufgabe, den politischen Rahmen jetzt so neu zu setzen, dass Deutschlands wichtigste Industrie den Weg zurück in die Spur findet." Lies forderte ein starkes Anreizprogramm, um auch den privaten Absatz zu fördern. "Wir müssen den Markt stimulieren." Es müsse alles auf den Tisch. Er nannte etwa Kaufanreize für private Käufer und vergünstige Leasingmodelle. Geld dafür sei da. Lies verwies auf eigentlich geplante Fördergelder für die Ansiedlung einer Intel-Fabrik in Magdeburg – der Konzern hatte den Bau aber auf Eis gelegt. Seine Erwartung an den "Autogipfel" sei klar, so Lies: "Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen."
JB
Udo Räder