Der Audi-Prozess hat am achten Verhandlungstag zwischenzeitlich Vorlesungscharakter angenommen. Der mitangeklagte Motorenentwickler Henning L. referierte am Dienstag ausführlich und mit Hilfe einer Präsentation über die Herausforderungen, denen sich die Ingenieure angesichts der Abgasgrenzwerte gegenüber sahen sowie die eingesetzte Technik. Gerade in den USA seien die Anforderungen früh sehr ambitioniert gewesen, sagte er.
Zudem hätten die Entwickler bei manchen Audi-Modellen das "Riesenproblem" gehabt, dass der für Stickoxide wichtige SCR-Katalysator rund zwei Meter vom Motor entfernt gewesen sei. Dadurch habe es an Wärme für die Abgasreinigung gefehlt. Dies sei einer der Gründe gewesen, warum es letztlich zum Dieselskandal gekommen sei.
"Wir waren stets bemüht, wollten das System besser machen", betonte L., der laut Staatsanwaltschaft als einziger der vier Angeklagten vollumfänglich geständig ist. Doch die Zielkonflikte seien nicht aufzulösen gewesen und das Fahrverhalten habe bei der Motorentwicklung eine höhere Priorität gehabt als der Stickoxid-Ausstoß. Ab Mitte 2007 sei dann trotz aller Bemühungen klar geworden: "Wir schaffen es nicht."
Druck von oben
Zudem berichtete L. von starkem Druck von oben, den die Entwickler bekommen hätten. Man sei ständig Kritik ausgesetzt gewesen und habe Angst vor dem Chef gehabt.
In dem Prozess sind neben L. auch dessen Vorgesetzter sowie der ehemalige Chef der Motorenentwicklung und der ehemalige Audi-Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler angeklagt. Ihnen wird im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal unter anderem Betrug vorgeworfen. (dpa)
Heidjer14