Vom Skandal um manipulierte Abgaswerte ist nach Aussage von EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska bisher nur Volkswagen betroffen. "Ich habe keine Belege, dass ein anderes Unternehmen davon berührt ist", sagte sie am Donnerstag in Luxemburg. Dort hatten die für Wettbewerbsfähigkeit und Industrie zuständigen Minister der EU-Staaten über die Affäre beraten. Bienkowska pochte allerdings erneut auf Aufklärung. "Wir brauchen ein sehr gutes Bild davon, was im europäischen Automobilsektor vor sich geht." Bis spätestens Ende November wolle sich ihre Behörde einen Überblick verschaffen.
Luxemburgs Minister Etienne Schneider, dessen Land derzeit den Vorsitz der EU-Staaten führt, sagte, er vertraue dem Krisen-Management der deutschen Regierung und von VW. Der deutsche Staatssekretär Matthias Machnig aus dem Bundeswirtschaftsministerin sagte auf die Frage, was er von VW erwarte: "Klarheit, Transparenz und auch Wiederherstellung des Verbrauchervertrauens und schnelles Handeln, wenn es darum geht, Dinge, die technisch falsch gelaufen sind, auch sofort abzustellen." Spekulationen, dass die deutschen Aufsichtsbehörden ein Auge zugedrückt hätten, wies er zurück: "Es gibt keinen Hinweis von unserer Seite, dass es eine Art Kollaboration gab."
Machnig beschrieb die Diskussion im Kreis der Minister als "solidarisch". Es gehe um Volkswagen, aber auch um Zulieferer und um viele Produktionsstätten von VW - sei es in der Slowakei, Spanien und anderswo. Alle seien an einer raschen Aufklärung interessiert, um unter anderem den Zulieferern eine Perspektive zu geben. EU-Industriekommissarin Bienkowska zufolge gibt es den politischen Willen im Kreis der Staaten, die ursprünglich erst für Herbst 2017 für neue Typzulassungen vorgesehenen realistischeren Abgastests auf der Straße (RDE-Tests) vorzuziehen. Die technischen Details, an denen derzeit noch gearbeitet wird, würden wahrscheinlich bis Jahresende ausgearbeitet.
Deutliche Mehrheit: Abgas-Manipulationen Problem der gesamten Branche
Unterdessen ist das Image der Autobranche angekratzt. Eine große Mehrheit der Bürger glaubt, dass es Abgas-Manipulationen nicht nur bei VW, sondern weltweit in der gesamten Automobilbranche gegeben hat. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend gaben dies 81 Prozent der Befragten an. Nur 13 Prozent der vom Institut Infratest dimap Befragten glauben hingegen, dass die Manipulation von Abgaswerten auf den Volkswagen-Konzern (vier Prozent) beziehungsweise auch auf andere deutsche Hersteller (neun Prozent) begrenzt ist.
Vor zehn Tagen war in den USA herausgekommen, dass der VW-Konzern mit einem Computerprogramm die Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert hat. Weltweit sind nach Konzernangaben rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen, davon rund 2,8 Millionen auch in Deutschland. Andere Hersteller sind nach bisherigem Stand nicht betroffen.
Eine Mehrheit von 65 Prozent der Befragten gab zugleich an, auch nach dem Skandal das Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie nicht verloren zu haben. Der gegenteiligen Meinung waren 31 Prozent. 38 Prozent der Befragten befürchten, dass der Skandal der deutschen Wirtschaft langfristig schaden wird. 57 Prozent glauben dies nicht. (dpa)