Der deutsche Zulieferer Bosch gerät wegen seiner umstrittenen Rolle im Abgas-Skandal des VW-Konzerns zunehmend unter Druck. Im US-Massenverfahren, in dem Bosch von Beginn an Mitbeklagter war, erheben die Klägeranwälte nun noch stärkere Vorwürfe gegen das Stuttgarter Unternehmen. Das geht aus erweiterten Klageschriften hervor, die am Dienstag beim zuständigen Gericht in San Francisco eingereicht wurden und der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlagen. Zuvor hatte «Bild.de» darüber berichtet. Bosch wollte sich zu den Anschuldigungen zunächst nicht äußern.
In den bis zu 742 Seiten umfassenden Dokumenten, die Zivilklagen Hunderter geschädigter Dieselbesitzer und Autoverkäufer bündeln, wird Bosch eine "Schlüsselrolle" bei den Abgasmanipulationen von VW unterstellt. Der Zulieferer steht im Verdacht, den Wolfsburger Autobauer mit der Software versorgt zu haben, mit der die Werte zum Schadstoffausstoß Hunderttausender Dieselwagen in den USA gefälscht wurden.
In den USA könnte Prozess drohen
VW hat den Betrug eingeräumt und sich mit den US-Klägern auf einen bis zu 15,3 Milliarden US-Dollar teuren Vergleich geeinigt. Bosch hat sich an diesem Kompromiss nicht beteiligt. Sollten die Stuttgarter keine außergerichtliche Einigung finden, könnte ihnen in den USA ein Prozess drohen. Die Klägeranwälte gehen davon aus, dass Bosch aktiv am VW-Betrug beteiligt war und halten es für ausgeschlossen, dass der Zulieferer keine Kenntnis davon hatte. Die Verwendung der Software für illegale Zwecke sei bei Bosch ein "offenes Geheimnis" gewesen.
"Zu laufenden Verfahren äußern wir uns grundsätzlich nicht", sagte ein Bosch-Sprecher. Beim Vorwurf der Abgasmanipulation hält sich das Unternehmen bedeckt und verweist dabei auf die noch laufenden internen Ermittlungen sowie Untersuchungen der Behörden in Deutschland und in den USA. Neben den US-Behörden hat auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft den Fall Bosch auf dem Tisch, sie ermittelt wegen Beihilfe zum Betrug gegen noch nicht bekannte Bosch-Mitarbeiter.
Dies dauere noch "einige Zeit", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Bosch hatte Komponenten für den Antriebsstrang und für die Abgasnachbehandlung geliefert, die Volkswagen zur Manipulation der Abgaswerte genutzt hatte. 2016 hatte Bosch 650 Millionen Euro Rückstellungen wegen rechtlicher Risiken neu in seine Bilanz eingestellt. Der Abgas-Skandal war im September 2015 ins Rollen gekommen, nachdem US-Umweltbehörden Vorwürfe gegen VW öffentlich gemacht hatten. Wenig später geriet auch Bosch in den Verdacht, als Zulieferer beteiligt gewesen zu sein. (dpa)