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130 Jahre Peugeot Automobile: Immer wieder überraschend

10.01.2020 10:44 Uhr
1955 debütiert die Peugeot 403 Limousine.
© Foto: Peugeot

Peugeot ist nach Daimler und Benz der zweitälteste bis heute aktive Hersteller. Gegründet 1810 begann die Marke mit dem Löwen im Logo vor 130 Jahren mit dem Autobau – und ist seitdem für immer neue Überraschungen gut. So wie es gerade die Fusion mit Fiat Chrysler Automobiles zeigt.

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Von Wolfram Nickel/SP-X

Es ist ein 130-Jahre-Jubiläum der leisen Töne, vielleicht weil die Löwenmarke ihr Revier gerade durch die Fusion mit Fiat FCA erweitert. Als zweitältester heute noch aktiver Automobilproduzent der Welt hat Peugeot bereits erlebt, wie problematisch Megahochzeiten sind - und wäre einmal fast daran untergegangen. Damals in den 1970ern, als Peugeot erst Citroën und dann auch noch die europäischen Chrysler-Tochtermarken schluckte und so zum größten Autobauer des Kontinents aufstieg. Bis die zugekauften, finanziell maladen Marken Peugeot an den Rand des Kollapses brachten. Allerdings war des Marktes Löwenanteil schon immer das Ziel jenes gierigen Königs der Raubtiere, den die 1810 gegründete Firma Peugeot im Logo führt. 1889 erweiterte Armand Peugeot das aus Fahrrädern, Werkzeugen und Pfeffermühlen bestehende Portfolio des Familienunternehmens um neuartige Motorwagen, zunächst noch mit Serpollet-Dampfantrieb, aber schon ein Jahr später mit Benzinmotoren, die in Daimler-Lizenz gebaut wurden. Die erste eigene Motorenkonstruktion gelang Peugeot 1896, denn nur damit konnte er eine Exportoffensive ins Deutsche Reich starten. Armand Peugeot wollte Marktmacht und das nicht nur für seine Marke, sondern für ganz Frankreich. Tatsächlich trieb er seine Landsleute an, die Grande Nation bis Anfang des 20. Jahrhunderts als größten Automobilbauer der Welt zu etablieren.

Als der französische Automobilpionier Darracq seine für Allemagne bestimmten Motorwagen ab 1902 in Rüsselsheim erfolgreich als Opel Darracq bauen ließ, soll Armand Peugeot sogar applaudiert haben - und das Prinzip der gezielten Kooperation wurde anschließend von ihm adaptiert. Denn es war der legendäre Ettore Bugatti, der den kleinen Bébé konstruierte, mit dem Peugeot 1912 das automobilbegeisterte Frankreich verrückt machte. Einen Sous pro Kilometer sollte der flotte Flitzer kosten. Damit wurde der 60 km/h schnelle Peugeot als erstes Volksauto für tausende Franzosen ein bezahlbarer Traumwagen. Diesen Lebensleistungen zollte sogar Armand Peugeots härtester Rivale, Louis Renault, höchsten Respekt, als Renault 1915 die Totenrede auf seinen älteren und rastlos kreativen Konkurrenten halten durfte.

Erfolg in der Weltwirtschaftskrise

An Kreativität, Geschäftssinn und Mut zu neuen Wegen mangelte es der Marke mit dem Löwen auch nach dem Ersten Weltkrieg nicht. Während Rivale Citroën mit frühen Fließbandmodellen wie dem Typ C die Herzen der Europäer im Sturm gewann, dann aber seine erste Insolvenz erlebte, verdiente Peugeot mit den preiswerten schmalspurigen Quadrilette-Typen so viel Geld, dass es 1929 reichte, um ausgerechnet in den Jahren der Weltwirtschaftskrise zum Generalisten aufzusteigen. Vom kleinen Peugeot 201 über die stromlinienförmige Mittelklasse 301 und 401 bis zum noblen Sechszylinder 601 war alles dabei. Vor allem der Coup einer genialen Typen-Signifikation mit drei Ziffern, dabei die mittlere als „Null“. Erstmals konnten Kunden so auch in komplexen Modellhierarchien eine klare Rangordnung erkennen. Natürlich fand dieser Zahlencode Nachahmer, andererseits wurde er sogar von Porsche respektiert. So mutierte der Typ 901 im Jahr 1963 zur Nummer 911, um Ärger zu vermeiden.

Als Glücksgriff für Peugeot erwies sich bereits das vielseitige Modell 201, das als Limousine, Cabrio, Coupé, Kombi, Kasten, Roadster, Torpedo oder Geländewagen in den 1930er Jahren ein Drittel des Heimatmarktes eroberte. Wer es dagegen exklusiver liebte, wählte damals eines der avantgardistischen Eclipse-Modelle mit elektrisch versenkbarem Metalldach. Eine Sensation, die Peugeot zur Jahrtausendwende wiederholen konnte. Denn es waren nicht frühe Mercedes SLK, sondern preiswerte Peugeot 206 CC und 307 CC, die Coupé-Cabriolets zum ersten Megatrend des 21. Jahrhunderts machten.


Peugeot 130 Jahre Jubiläum

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Das richtige Gespür für Erfolge zeigte der Löwe auch bei Dieselantrieben. Schon 1938 überzeugten rau laufende Peugeot-Selbstzünder im Typ 402 die Pariser Taxifahrer. Wirklich in Großserie ging der effiziente Diesel allerdings erst 1959 mit dem Peugeot 403, dafür nun als Weltneuheit auch in Form eines dieselnden Familienkombis. 1967 holte der Peugeot 204 den Selbstzünder dann in die Kompaktklasse, acht Jahre vor dem Debüt des VW Golf Diesel. Als Peugeot 1999 dem Diesel das rußige Rauchen mittels serienmäßigem Partikelfilter als erster Volumenhersteller abgewöhnte – im Flaggschiff 607 – waren die Franzosen bereits seit mehreren Jahrzehnten größter Dieselproduzent der Welt. Allein beim Diesel-Hybrid sprang der Löwe zu weit, denn das weltweit erste Doppel aus Diesel und E-Motor im 3008 geriet für die Kunden zu kostspielig.

Dann doch lieber Plug-in-Hybrid wie bei den aktuellen 3008- und 508-Typen, oder aber gleich vollelektrisch wie mit dem neuen e-208. Dieser kleine Stromer kann auf eine große Vergangenheit zurückblicken: Mitten im Zweiten Weltkrieg ging 1941 als erster elektrischer Peugeot der VLV in Serie und in den 1980er und 1990er Jahren brachten es die batterieelektrischen Typen 205 und 106 auf Platz eins in den globalen E-Mobil Charts. Seit 2011 prangt auch auf dem Mitsubishi-i-MiEV-Klon Peugeot iOn der brüllende Löwe, allerdings fehlt es dem kuriosen Kei-Car-Zwerg für nachhaltige Verkaufserfolge an französischem Charme und Chic.

Genau diesen brachte einst ein Italiener in verführerische Façon. Ferrari-Stilist Pininfarina entwarf in den 1950er Jahren die Pontonform für den 403 und anschließend die distinguierten Trapezlinien für den Peugeot 404 von 1960. Diese Modellreihen avancierten nicht nur zu den ersten Millionenerfolgen der Löwenmarke, sie wurden auch als erste Peugeot auf alle fünf Kontinente exportiert. Derweil ließ Peugeot extravagante Coupés und Cabriolets wie die zweitürigen 404 und 504 (ab 1969) und später auch das kleine 205 Cabrio direkt bei der Carrozzeria Pininfarina produzieren, was ihren Nimbus als Designjuwelen nur steigerte. Überhaupt war der Peugeot 205 ab 1983 für den Hersteller „un sacrée numero“, wie der Werbespruch verriet. Denn dieser kleine Sympathieträger führt den Konzern zurück zu schwarzen Zahlen, nachdem die Übernahme der kriselnden Konkurrenten Citroen, Simca und Sunbeam (umbenannt in Talbot) beinahe das Aus beschert hatte.

Trends verschlafen

Letztes Erbe aus der kurzen Talbot-Ära war 1985 der Peugeot 309, mit dem Peugeot endlich den ersten modernen Kompakten mit Schrägheck im Programm hatte. Denn Trends verschlafen konnte der Löwe auch. Zuletzt zu erleben im boomenden SUV-Segment als Peugeot fast schon hilflos mit umgebadgeten Mitsubishi-Modellen verlorenen Boden gut machen wollte bis endlich mit den Typen 2008 bis 5008 eigene Erfolgsträger lanciert wurden.

Und heute? Gibt sich der Löwe größer und selbstbewusster denn je, zumindest wenn man die gigantische Raubkatzenskulptur betrachtet, mit der Peugeot bei Messeauftritten Dominanz zeigt. Andererseits ist die Muttermarke des PSA-Konzerns nach der Übernahme von Opel und Vauxhall nur noch eine von fünf Marken und künftig kommt auch noch FCA Fiat Chrysler dazu. Da wird der Löwe seine Krallen wetzen müssen, um Peugeot Profil zu verschaffen.

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