Automatisierung und KI: Zusammenspiel von Mensch und Maschine

Zunächst ist es entscheidend, die verschiedenen Ebenen von Automatisierung klar voneinander abzugrenzen. Der Begriff KI wird oft als Überbegriff für jegliche Form der Automatisierung verwendet, was nicht nur Verwirrung, sondern auch Missverständnisse schafft. Klassische Automatisierungstechniken wie Makros oder Robotic Process Automation (RPA) basieren nicht auf KI. KI kann zwar als Teil solcher Lösungen fungieren, ist jedoch nicht zwingend erforderlich.Makros und Roboter operieren nach vordefinierten Regeln und Schritten, die im Voraus programmiert wurden. Dies gewährleistet, dass prozessbedingte Fehler vermieden werden, da diese Lösungen lediglich die vordefinierten Schritte ausführen. Es fließt also das Fachwissen der Experten eins zu eins in die entwickelte Lösung ein.» Die richtige Kombination von Technik und Fachwissen kann zur Differenzierung im Markt beitragen. «Sebastian ReinemannBetrachten wir beispielsweise die Auftragsvorbereitung im Aftersales-Bereich eines Autohauses. Hier werden die Daten der Kundentermine genutzt, um Aufträge zu erstellen, basierend auf allgemeinen Regeln. Wenn eine KI in diesem Prozess Entscheidungen treffen würde, basierend auf vergangenen Entscheidungen, ohne die beispielsweise aktualisierten Herstellerinformationen aus dem Herstellerportal zu berücksichtigen, können Fehler auftreten.Außerdem könnten sich Fehler erst spät bemerkbar machen. Eine Korrektur der KI-Algorithmen ist immer mit einem gewissen Aufwand verbunden. Darüber hinaus stehen die Kosten für die Implementierung einer KI oft in keinem Verhältnis zu einer Lösung, die auf Robotic Process Automation beruht.In regelbasierten Prozessen bieten KIs anfangs nur begrenzten Mehrwert. KIs arbeiten autonom und leiten ihre Entscheidungen von vorherigen Entscheidungen ab, basierend auf einem Informationspool. Wenn die KI vorherige Entscheidungen fehlinterpretiert oder Fehler im Informationspool vorhanden sind, können die Entscheidungen der KI fehlerhaft sein. Chat GPT bietet zahlreiche Beispiele für fehlerhafte Informationen, die auf Fehler im Informationspool zurückzuführen sind. Dies birgt Risiken. KI kann für kreative Aufgaben, Prognosen oder Prozesse eingesetzt werden, bei denen spätere Überprüfungen durch Menschen erfolgen.EINSATZ IN DER PRAXISDie beschriebenen Technologien sind bereits heute im Einsatz. Zusammen mit ihren Partnern, zu denen unter anderem die Kunzmann-Gruppe und die Beresa-Gruppe gehören, entwickelt Star Cooperation fortschrittliche Lösungen der Branche und stellt so sicher, dass das Expertenwissen der Partner und Kunden in die Lösungen eingeht. Auch für die Marken Volkswagen (und Konzernmarken) und Hyundai gibt es fertig entwickelte Lösungen. Weitere Marken sind geplant.Kombination mit menschlicher KompetenzUnabhängig von der gewählten Form der Automatisierung ist es ratsam, RPA, KI und maschinelles Lernen nicht isoliert, sondern als Ergänzung zu menschlichen Arbeitskräften einzusetzen. Betrachten wir ein einfaches Beispiel aus dem Bereich der Kommunalverwaltungen: Bürger können verschiedene Dienstleistungen online beantragen, wie beispielsweise die Anmeldung eines Hundes. Diese E-Government-Lösungen sind jedoch selten wirklich digital, da der generierte Datensatz nach Antragstellung an einen Sachbearbeiter in Form einer Datei oder eines PDFs übergeben wird, was zu einem Systembruch führt.Durch die Kombination von RPA und KI kann eine effektive Automatisierung erreicht werden. Roboter (RPA) übertragen die Daten aus dem Onlineportal in die Verwaltungssysteme, da Schnittstellen meistens fehlen. Darüber hinaus beauftragt der Roboter eine KI, im Internet nach Informationen zur angemeldeten Hunderasse zu suchen und einen Steckbrief zu erstellen. Dieser Steckbrief wird vom Roboter archiviert und mit dem Vorgang verknüpft. Anschließend übernimmt der Sachbearbeiter den Prozess, vervollständigt die Daten im Verwaltungssystem und entscheidet auf Grundlage des Steckbriefs über die Höhe der Hundesteuer.Mehr Zeit für KundenKunden legen großen Wert auf Servicequalität im Kundenkontakt. Daher müssen Fehler, unabhängig von ihrer Art, bei automatisierten Abläufen vermieden werden. Automatisierung dient nicht nur der Entlastung der Mitarbeiter, sondern auch zunehmend der Verbesserung der Prozessqualität. Je höher die Qualität eines Prozesses von Anfang an ist, desto geringer sind die erforderlichen Nacharbeiten und Kundenanfragen.Letztendlich sollte das Ziel von Automatisierungen immer die Verbesserung der Kundenerfahrung sein. Ob Roboter die Arbeitsbelastung reduzieren, Stress minimieren oder die Arbeitsqualität steigern, ist dabei zweitrangig. Denn am Ende steht eine höhere Servicequalität, die in einer Zeit wachsender Wettbewerbsintensität und Agenturverträge von entscheidender Bedeutung ist.Wenn sich ein Händler nicht mehr allein durch den Preis differenzieren kann, wird der Service zu einem entscheidenden Faktor. Erreicht wird dieses Ziel durch die Kombination verschiedener Technologien und das Expertenwissen aus Autohäusern sowie von Daten- und Prozessspezialisten.Was ist heute bereits möglich?Beispiel Räderwechsel. Die Rädersaison stellt Autohändler vor große Herausforderungen. Ein hoher Auftragsdruck, schmale Margen und Zeitdruck erhöhen den Stress in allen Abteilungen. Ein erheblicher Teil dieser Arbeitsbelastung kann jedoch automatisiert werden. So kann es ablaufen:Der Kunde ruft an und entscheidet, ob er mit einem Mitarbeiter verbunden werden möchte, was mit einer kurzen Wartezeit verbunden ist, oder ob er mit einer KI ohne Wartezeit sprechen möchte. Die KI (oder der Mensch) erfasst Fahrzeugdaten, Kundendaten und Auftragsinformationen. Die Ergebnisse werden schriftlich festgehalten und an einen RPA-Roboter weitergeleitet. Dieser erstellt einen entsprechenden Termin im Werkstattplaner. Wenn erforderlich, kalkuliert der Roboter anhand der Räderdaten aus der Räderlagersoftware einen Ersatzbedarf und fügt verschiedene Angebote dem Termin hinzu. In diesem Fall übernimmt ein Mitarbeiter die Kommunikation mit dem Kunden und bietet die entsprechenden Reifen zum Kauf an.Nach Freigabe des Auftrags übernimmt ein weiterer Roboter die Termininformationen aus dem Werkstattplaner über eine API-Schnittstelle und erstellt den Auftrag im DMS. Darüber hinaus erfolgt eine Prüfung der Fahrzeugkonnektivität, des Datenschutzstatus des Kunden und weiterer relevanter Daten.Zum vereinbarten Termin übernimmt erneut ein Mitarbeiter und lässt den perfekt vorbereiteten Auftrag digital unterzeichnen. Während der Kunde seinen Kaffee genießt, wird sein Fahrzeug in die Werkstatt gefahren, da der Auftrag bereits digital an die Werkstatt übertragen wurde. Nach Abschluss des Auftrags übernimmt ein Roboter die Abrechnung auf Basis des aus der Werkstatt gesendeten Auftragsstatus, der als Trigger fungiert, und sendet dem Kunden die Rechnung per E-Mail.Die Integration von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung in den Autohausprozessen ist der Schlüssel zur Verbesserung der Servicequalität, zur Effizienzsteigerung und zur Bewältigung der steigenden Anforderungen in der Automobilbranche. Mit der richtigen Kombination von Technologien und Fachwissen können Autohäuser ihre Kunden besser bedienen und sich im Markt differenzieren.DER AUTORSebastian Reinemann ist Senior Consultant mit Expertise in den Bereichen Prozessautomatisierung, Business Intelligence, Vertriebssteuerung und strategischen Partnerschaften. Aktuell ist er bei der global tätigen Star Cooperation für den Vertrieb von Automatisierungslösungen (z. B. RPA) und Digitalisierungslösungen (BI, Webshops etc.) zuständig. Außerdem fällt das Management strategischer Partnerschaften im Autohandel in seinen Verantwortungsbereich.

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