Bike-Leasing im Autohaus: Zeit, dass sich was dreht

Zwischen 2019 und 2023 hat sich der Gesamtumsatz der Anbieter im Dienstradleasing-Markt fast verfünffacht: von 0,7 auf 3,2 Milliarden Euro Ende vergangenen Jahres, berichtet der Branchenverband Zukunft Fahrrad. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 46 Prozent. Wer in Deutschland an Fahrrad-Leasing denkt, denkt oft an(s) "Jobrad". Das Dienstrad wird immer beliebter, auch bei der Deutschen Bahn. Im November 2024 vermeldete Jobrad dort 100.000 Diensträder. Vor 17 Jahren gegründet, setzt die Firma Jobrad aktuell über eine Milliarde Euro um und hat nach eigenen Angaben 1,5 Millionen Menschen aufs Rad gebracht. Wir haben mit zwei Top-Managern von Jobrad gesprochen und auch mit zwei großen Retailern: "Lucky Bike" betreibt in Ebersberg im Zwischengeschoss eines Autohauses einen großen Bike-Store; "Little John Bikes" arbeitet bereits eng mit Jobrad zusammen und ist ebenfalls auf der Suche nach Autohändlern, um neue Absatzwege auszuloten. Lucky Bike und Auto Grill In Ebersberg steht seit letztem Jahr das "Erlebniszentrum für Mobilität", eine Art Blaupause für nachhaltiges Bauen und künftige Showroom-Konzepte. Die Grill-Gruppe verkauft hier im Erdgeschoss Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz und Xpeng. Der Showroom ist über eine breite Galatreppe mit einer Lucky-Bike-Filiale verbunden, die sich den zweiten Stock des Gebäudes mit dem Restaurant teilt. Die Fahrradwelt bietet auf 2.500 Quadratmetern eine breite Auswahl an E-Bikes, Mountainbikes, Kinder-, Lasten- sowie Rennrädern und Trekkingbikes. Integriert in den großzügigen Shop sind auch eine Teststrecke, eine "Lucky Lounge" sowie eine große Fachwerkstatt. Unten Auto, oben E-Bikes Klappt das? Ja, das Konzept wird angenommen. "Durch ein gesundes Einzugsgebiet ist in Ebersberg ein neuer Marktplatz für Mobilität entstanden. Fahrrad-Interessenten kommen in Kontakt mit den Mercedes-Modellen und Xpeng. Werkstatt- und Showroom-Besucher des Autohauses kommen in unsere Räumlichkeiten in den ersten Stock und legen sich oft passend zum Auto ein Fahrrad - per Kauf oder Leasing - zu", sagt Paul Dünkelmann von Lucky Bike. Auch Auto Grill ist angetan: "Die Entscheidung war gut, da die Vielfalt ja das Konzept eines ,Erlebniszentrums für Mobilität' ausmacht und wir zusätzliche Besucher und Kunden für beide Sparten - Autos und Fahrräder - anziehen. Von unseren Mitarbeitern haben bereits 15 ein Dienstrad-Leasing in Anspruch genommen", erklärt Tina Ertl vom Autohaus. Idee für die Zukunft? "Wir müssen davon ausgehen, dass 50 Prozent aller E-Bikes geleast werden. Und Jobrad ist nicht nur Pionier, sondern auch uneingeschränkter Marktführer", sagt Robert Peschke, CEO von Little John Bikes, die mit 60 Filialen zu den größten Fahrradhändlern in Deutschland gehören. Sein Credo "Das erste Rad verkauft der Verkäufer, das zweite der Service" gilt genauso für die PS-Branche. Und auch der künftige Vertriebsgedanke hört sich bei Peschke sehr ähnlich an: "Wir glauben daran, dass ein Fahrradhändler eine relevante Größe haben muss. Wir sprechen dort von zwischen 600 und 1.500 Quadratmetern", wie er im Podcast "Querfeldein" im November 2024 erzählt. "Man braucht eine relevante Auswahl, obendrauf einen ordentlichen Service und ein Omnichannel-Konzept. Dann werden wir in zehn oder fünfzehn Jahren einen ganz klaren Wettbewerbsvorteil haben gegenüber Online-Only oder gegenüber Großflächen." DAS IST DIENSTRAD-LEASING 1. Der Arbeitgeber wählt einen Leasinganbieter (z. B. Jobrad, Lease-a-Bike, Bikeleasing-Service). 2. Der Mitarbeiter sucht sich ein Fahrrad bei einem Partnerhändler des Anbieters aus. 3. Der Arbeitgeber schließt den Vertrag, und die Leasingrate wird vom Bruttogehalt des Mitarbeiters abgezogen. 4. Nach 36 Monaten Leasinglaufzeit kann das Rad oft zu einem geringen Restwert übernommen werden. Interview mit Jobrad Florian Baur, Geschäftsführer bei Jobrad Deutschland, erklärt im Interview das Unternehmen Jobrad und den immensen Erfolg. AH: Herr Baur, Sie betreuen das wichtige Jobrad-Deutschlandgeschäft? F. Baur: Mit gut 800 Mitarbeitenden managen wir bei Jobrad Deutschland die Beziehungen zu 100.000 deutschen Firmen mit sieben Millionen Mitarbeitenden. Das ist das Resultat eines exponentiellen Wachstums, das auf verschiedene Ereignisse zurückgeht. AH: Können Sie diese kurz umreißen? F. Baur: Jobrad - beginnend mit Gründer Ulrich Prediger und Mitgründer Holger Tumat - war vor 17 Jahren Erfinder des betrieblichen Fahrradleasings. Diese Pionierrolle und damit der frühe Start haben uns viel Reputation bei den Mobility Managern der Unternehmen und damit einen Vorsprung gegeben. Jobrad ist heute mit Abstand die stärkste Marke und die Nummer 1 im Fahrradleasingmarkt. Der zweite Grund für das Wachstum des Fahrradleasingmarktes war im Jahr 2012 die steuerliche Gleichstellung des Fahrrads zum Dienstwagen. Dies erfolgte durch den sogenannten Dienstraderlass der Finanzminister der Länder. Dabei machen Gehaltsumwandlung und geldwerter Vorteil das Dienstrad für Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziell attraktiv. Der dritte Schub kam durch das Aufkommen des E-Bikes, und die vierte Wachstumswelle kam vom Fahrrad-Boom, der sich im Kontext der Pandemie bildete. AH: Was soll für das künftige Wachstum bei Jobrad sorgen? F. Baur: Mit den 100.000 Firmen, welche Jobrad nutzen, haben sieben Millionen Menschen Zugang zu uns, aber wir haben erst rund 1,5 Millionen von ihnen mit einem Fahrrad ausgestattet. Die bisherige Wachstumsstrategie zielte darauf ab, möglichst viele Arbeitgeberkunden zu gewinnen. Nun gehen wir noch gezielter auf die Menschen in den Unternehmen zu, um sie für unsere Produkte zu begeistern. Mittlerweile ist das Dienstrad fast ein Hygienefaktor für die Unternehmen geworden. Das heißt, die Arbeitnehmer fordern aktiv ein Dienstrad ein. Selbst US-Unternehmen, die in ihren Benefits eher aus einer US-Perspektive gemanagt werden, bieten mittlerweile Diensträder an. AH: Wie schnell können Sie denn gerade kleine Firmen einbinden? F. Baur: Wir haben eine volldigitalisierte Onboarding-Strecke, bei der niemand mehr etwas manuell bearbeiten muss. Das gilt für den Blumenladen um die Ecke genauso wie für den Dax-Konzern. Das Gros der Programmierung findet bei uns inhouse statt, denn wir sind im Grunde ein klassisches digitales Plattform-Modell, das die drei Gruppen zusammenbringt: die Firmen, die Mitarbeiter und den Fahrradfachhandel. AH: Der Fahrradhandel sagt, dass Jobrad auch teuer für die Händler ist. F. Baur: Wir sind in der Tat ein Qualitätsprodukt. Dafür ist Jobrad auch die größte Marketing- und Verkaufsmaschine für den gesamten deutschen Fahrradfachhandel, denn die Hälfte unserer Nutzer sagt, dass sie sich kein neues Fahrrad gekauft hätten, wenn es Jobrad nicht gegeben hätte. AH: Wo liegt der Durchschnittspreis für ein Jobrad? F. Baur: Da liegen wir bei knapp unter 4.000 Euro im Schnitt. Rund 80 Prozent der Räder sind E-Bikes, davon sind gut 70 Prozent Pendler-Modelle. Man kann zu Recht sagen, dass wir dafür gesorgt haben, dass hochpreisige Fahrräder aus dem Premiumsegment zu Volumen-Produkten am Markt geworden sind, sodass sich jeder Mann und jede Frau ein hochpreisiges Fahrrad leisten kann. Das ist sowohl für die Fahrradindustrie als auch für den Fachhandel wichtig. Denn die 6.500 deutschen Fahrradhändler decken über das Leasing im Schnitt 40 bis 60 Prozent ihres Umsatzes ab. AH: Viele Nutzer kaufen ihr Dienstrad am Leasingende heraus. Brauchen die dann gleich wieder ein neues Leasingrad? F. Baur: Rund 95 Prozent unserer Kunden nehmen ihr Fahrrad am Leasingende von uns ab. Der Bedarf an einem Anschluss-Leasing ist dennoch hoch. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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