Gut vier Monate vor der Bundestagswahl hat der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) die Positionen der Autohäuser und Werkstätten gegenüber einer zukünftigen Regierung deutlich gemacht. Der Dachverband legte in dieser Woche einen fünfseitigen Forderungskatalog vor, der sich unter anderem den zentralen Branchenthemen Corona-Krise, Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz, nachhaltige Mobilität, fairer Wettbewerb sowie Bürokratieabbau widmet.
"Unsere Betriebe sind die Garanten für individuelle Mobilität. Gerade in der Corona-Pandemie stellen sie ihre hohe Bedeutung einmal mehr unter Beweis", erklärte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski mit Blick auf die fast 37.000 Autohäusern und Werkstätten mit annähernd 440.000 Beschäftigten. Umso weniger nachvollziehbar seien daher Verkaufsverbote und -beschränkungen für Autohandelsbetriebe, die sich wirtschaftlich verheerend ausgewirkt hätten und zum Teil noch auswirken. "Daher fordern wir von der zukünftigen Bundesregierung, diesen Belastungen durch gesetzliche Erleichterungen Rechnung zu tragen", so Karpinski.
Ebenso wichtig sei es, den Rechtsrahmen für ein eigenverantwortliches unternehmerisches Handeln zu stärken. Dazu gehöre auch der Schutz vor dem Missbrauch überlegener Marktmacht durch die Automobilhersteller. Ein weiterer Punkt im Forderungskatalog betrifft den Zugang zu Wartungs- und Instandsetzungsinformationen der Autobauer. Dieser müsse offen und diskriminierungsfrei möglich sein, so dass markengebundene wie nicht markengebundene Kfz-Betriebe auch in Zukunft an sämtlichen Fahrzeugen arbeiten können.
Ein Kernpunkt der ZDK-Forderungen ist, den Reformprozess der digitalen Fahrzeugzulassung um- und durchzusetzen. Die Corona-Pandemie habe verdeutlicht, wie die hier ausbleibende Digitalisierung Vorgänge wirtschaftsschädigend verlangsame. "Wir halten am Ziel fest, die Fahrzeugzulassung auch im Autohaus zu ermöglichen", betonte der Verbandspräsident.
Klimawandel technologieneutral eindämmen
Im Klimawandel sieht auch der ZDK eine der größten Herausforderungen der Gegenwart. Karpinski: "Das Kraftfahrzeuggewerbe ist bereit, hierzu seinen Beitrag zu leisten." Neben der Elektromobilität seien jedoch sämtliche alternativen, CO2-schonenden Antriebsarten für das Erreichen der Klimaschutzziele gleichberechtigt in die Förderung einzubeziehen. "E-Fuels und Biokraftstoffe können die Emissionen bestehender Fahrzeugflotten in kurzer Zeit senken. Nur mit der tatsächlichen Umsetzung der Technologieneutralität kann eine bezahlbare, individuelle Mobilität langfristig gewährleistet werden."
Außerdem müsse die Förderung öffentlicher Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge unter Einbeziehung künftiger Leistungserhöhungen der Ladeeinrichtungen deutlich attraktiver für Privatunternehmen gestaltet werden als im Gesetz zur Schnellladeinfrastruktur vorgesehen. Dazu gehöre auch der Aufbau einfacher, standardisierter Bezahlsysteme für eine kundenfreundliche und alltagsgerechte Nutzung. Und die ausgelobten Kaufanreize für Plug-In-Hybride dürften nicht im Nachhinein wieder einkassiert werden. "Neben zerstörtem Vertrauensschutz würde dies die derzeit einzige Möglichkeit, sich auch mit langstreckentauglichen Fahrzeugen lokal emissionsfrei fortbewegen zu können, empfindlich einschränken", bekräftigte Karpinski.
Gegen Tempolimit und Zulassungsverbote
Der ZDK bleibt bei seinem Nein zu einem "undifferenzierten" allgemeinen Tempolimit. Stattdessen plädiert man in Bonn für den Einsatz dynamischer Verkehrsregelanlagen. Weiterhin problematisch sieht der Verband die geplanten Verschärfungen der Euro-7-Typgenehmigungsverordnung. Diese hätten de facto ein Verbot der Neuzulassung für Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor bedeutet. Zwar sei die EU-Kommission inzwischen etwas abgerückt von ihren ursprünglichen Vorgaben. Verbindliche Regelungen stünden jedoch noch aus. "Die kommende Bundesregierung sollte sich für eine neue Abgasnorm mit Vernunft einsetzen", appellierte Karpinski.
Vehement wehrt sich das Kfz-Gewerbe gegen ein Zulassungsverbot für Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Eine derartige Regelung, wie sie verschiedene europäische Staaten bereits zum Jahr 2030 forderten, wäre ein Kahlschlag durch verschiedene Bereiche der Automobilwirtschaft. Auch ein Bonus-Malus-System bei der Zulassung von Neufahrzeugen stelle eine Diskriminierung von Autokäufern dar, die sich kein Elektrofahrzeug leisten und/oder ein solches nicht laden könnten. Nach Ansicht des ZDK darf es daher weder ein direktes noch ein indirektes Verbot bestimmter Antriebstechnologien geben.