Provisionssysteme für den Online-Verkauf: Weniger Einsparung als gedacht

Einige Hersteller experimentieren schon mit Online-Verkauf - bisher, ohne dort nennenswerte Stückzahlen abzusetzen. Dennoch: Fast jedes zehnte Auto könnte schon bald über diesen Kanal verkauft werden, darauf wollen die Hersteller vorbereitet sein. Worum es nun geht, ist die Einbindung des Handels. Als Erste in der Branche haben die Marken des Volkswagen-Konzerns Vereinbarungen für diesen Bereich getroffen. Volkswagen macht es vor Beim Direktvertrieb an Großkunden bleibt es bei Volkswagen (fast) beim Alten. Die Händler werden weitgehend als Agenten in diese Art von Direktgeschäften eingebunden. Auch das Provisionssystem bleibt gleich. Veränderungen am durchschnittlichen Provisionssatz bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Volkswagen-/ Audi-Partnerverbandes (VAPV). Aber: Volkswagen hat sich das Online-Direktverkaufsrecht des Herstellers an Einzelkunden über das Internet in den neuen Verträgen gesichert. Dem VAPV ist es aber immerhin gelungen, dass der Händler in diesen Prozess eingebunden wird. Und das geht so: Der Neuwagen-Online-Vertrieb ist als Verpflichtung für jeden Händler im neuen Vertrag verankert. Wichtig ist hierbei: Die Risiken für die Rückgabe, wenn dem Kunden das Auto letztendlich doch nicht gefällt (Kunden-Widerruf), sichert der Hersteller ab. "Der Handel hat keinen Nachteil", kommentierte VAPV-Präsident Dirk Weddigen von Knapp. Die gleiche Lösung, die zunächst drei Jahre getestet werden soll, soll auch für den Teile-Online-Vertrieb gelten. Pauschale Vergütung zum Start Im Neuwagen-Online-Verkauf bei Volkswagen war zunächst eine Aktivitätenbasierte Vergütung vorgesehen. Nach genaueren Berechnungen wurde diese Idee aber verworfen. Nun gibt es für drei Jahre eine pauschale Vergütung für den Handel von sechs, ab dem vierten Jahr sind es fünf Prozent. Diese Werte gelten für Volkswagen und Skoda. "Bei jedem Online-Verkauf des Herstellers wird der Kunde nach dem präferierten Partner gefragt. Dieser erhält dann das Geld", beschreibt Rechtsanwalt Uwe Brossette das System. Autohäuser behalten die Marge Skoda-Händlerverbands-Präsident Thomas Peckruhn denkt aber schon weiter. Für ihn ist klar, dass die pauschalen Vergütungen nur für eine Übergangszeit gezahlt werden: "Je weniger der Hersteller den Händler braucht, desto weniger wird er ihm bezahlen wollen." Über kurz oder lang gebe es dann möglicherweise nur noch eine geringe Pauschale für die Auslieferung. Deshalb testet der ZDK-Vizepräsident und Vorsitzende der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen in seinem eigenen Unternehmen den Online-Direktvertrieb vom Händler: "Das ist kein Hexenwerk", sagt er über den Auftritt Liebe-Direct24 - und die volle Marge bleibt im Haus. Das Fernabsatzrisiko gibt es derzeit bei ihm noch nicht, weil der Kunde sein Fahrzeug auf der Autohaus-Homepage lediglich reserviert. Wenn der Verkauf voll digital ist, glaubt Peckruhn, dass sich das Risiko, dass jemand ein Auto online kauft und dann innerhalb von 14 Tagen zurückgeben will, in Grenzen hält. "Wir verkaufen auch bislang schon Autos mit Rückgaberecht. Es sind nicht viele, die davon Gebrauch machen. Und das wird auch beim Neuwagen-Online-Verkauf nicht anders sein", sagt der erfahrene Händler. Er rät den Betrieben, selbst aktiv zu werden. Ifa-Vorschlag mit Sockelvergütung Prof. Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) macht sich schon länger darüber Gedanken, wie ein Vergütungssystem für den Neuwagen-Online-Verkauf funktionieren könnte. Das rein Aktivitätenbasierte System, das schon seit Jahren durch die Branche geistert, sieht er nicht als Lösung: "Die Autohäuser brauchen eine Investitions- und Sockelvergütung, damit sie ihren Geschäftsbetrieb vorhalten und weiterentwickeln können", sagt der Experte. Auch ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann, die sich in der Abteilung Betriebs- und Volkswirtschaft des Kfz-Gewerbeverbandes seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigt, sieht das so. Berechnet werden könnte dieser Grundbetrag auf Basis des vorhandenen Marktpotenzials im Marktbetreuungsgebiet des einzelnen Autohauses, schlägt der IfA-Leiter vor. Dieser könnte zum Beispiel bei rund 2.000 Euro pro Fahrzeug liegen - nur um eine Größenordnung zu nennen. Und das mal die Anzahl der Fahrzeuge, die als Jahresziel für den jeweiligen Betrieb vereinbart werden. Dem Einwand, dass dieser Betrag auf den ersten Blick sehr hoch erscheint, begegnet Reindl so: "Wenn man in einer Vollkostenrechnung eines Autohauses die Verkaufskosten durch die Anzahl der abgesetzten Fahrzeuge teilt, kommt man bei einer Premiummarke auf einen Kostenblock, der zwischen 5.000 und 6.000 Euro liegt." Denn schließlich führe nicht jeder Lead zum Verkauf, nicht jede Probefahrt zum Abschluss. Die gesamte Infrastruktur des Betriebes müsse finanziert werden. Deshalb sei die durch Online-Vertrieb zu erzielende Ersparnis auch nicht so hoch, wie von manchem Herstellervertreter gedacht. "Wenn es die Autohäuser nicht mehr gibt, muss der Hersteller selbst eine Infrastruktur zur Beratung, Probefahrt, Erklärung und Auslieferung der Fahrzeuge sowie für den Service aufbauen. Und das auf eigene Kosten", so Reindl. Da könnte sich das von ihm vorgeschlagene System der "Investitions- und Sockelvergütung" für die Vorhaltung der Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie die notwendigen Mitarbeiter in den Autohäusern für die Hersteller sogar als günstiger herausstellen. Aktivitätsbasierte Vergütung Darüber hinaus müsste aber für die jeweilige Leistung im Autohaus eine weitere Vergütung hinzukommen. In Reindls Modell für die Lead-Qualifizierung exemplarisch 550 Euro, für die Probefahrt 380 Euro, für die Auslieferung 1.300 Euro. Und wenn der Kunde doch lieber im Autohaus kauft, als online zu bestellen, 470 Euro für den Abschluss. Das sind nur Beispielzahlen, denn die Höhe der Vergütung für die einzelnen Leistungen bliebe ebenso der Verhandlung zwischen den Händlerverbänden und dem Hersteller vorbehalten wie die Sockelvergütung. Damit bliebe auch weiterhin ein Steuerungselement erhalten, um auf neue Entwicklungen zu reagieren und den Wettbewerb zu gestalten. Systeme noch nicht so weit Derzeit sind die EDV-Systeme aber noch gar nicht dazu in der Lage, das vom IfA-Institut angedachte Modell zu ermöglichen. Mit der von Volkswagen-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann angekündigten persönlichen Identifikationsnummer für jeden Kunden und weiter entwickelten Datennutzungssystemen könnte das aber schon in den kommenden Jahren möglich werden. Abosysteme könnten rechts überholen Das von Reindl vorgeschlagene System könnte zumindest für die nächsten Jahre eine gute Lösung sein. Zu bedenken ist aber, dass die derzeit auf den Markt drängenden Angebote von Dritten das gesamte System gefährden könnten. Anbieter wie Cluno, die den Fahrzeugzugang per Abonnement ermöglichen, könnten eine Probefahrt obsolet machen. Wenn der Kunde das Auto sowie nur für drei Monate hat, kann er die Probefahrt während dieser Zeit machen. Start-ups wie Cluno sind kapitalstark und können mit verschiedenen Geschäftsmodellen experimentieren. Die Flexibilität der Mehrmarken-Abokonzepte könnte den Handel rechts überholen. "Wenn das für den Kunden einfach ist, wird er das wollen", sagt zum Beispiel ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann. Für Reindl muss sich erst herausstellen, ob sich diese Abosysteme rechnen. Die Forscher des International Car Distribution Programme (ICDP) sehen das nicht. Sie sind der Meinung, dass zu viele Fahrzeuge vorgehalten werden müssten, um ein solches System aufrechtzuerhalten. Es bleibt spannend.

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