Design- und Markenrecht im KFZ-Ersatzteilmarkt: Vorteil für Originalhersteller

Der Designschutz von Ersatzteilen wird bereits seit langer Zeit und vor allem mit Hinblick auf den Kfz-Ersatzteilmarkt hitzig diskutiert. Es prallen schließlich unterschiedliche wirtschaftliche Interessen und rechtliche Positionen aufeinander. So argumentieren Ersatzteilhersteller, der Designschutz führe zu ungerechtfertigten Monopolen der Originalhersteller und stehe der im Verbraucherinteresse liegenden Liberalisierung des Kfz-Ersatzteilmarktes im Wege. Die Originalhersteller wenden hiergegen ein, dass aus Designschutz keine Monopolstellung erwachse, sondern dieser nur die Substanz eines ausschließlichen Rechts darstelle. Ferner diene der Designschutz der Amortisierung der Designentwicklungskosten und stelle auch einen Innovationsanreiz dar, welcher zur Entwicklung neuer Designs führe.I. Der Kfz-Ersatzteilmarkt und das DesignrechtErsatzteile, die zwangsläufig in ihrer genauen Form und Abmessung nachgebildet werden müssen, um sie mit einem Gesamterzeugnis zu verbinden, so dass beide Erzeugnisse ihre Funktion erfüllen, sind vom Designschutz ausgenommen. Auf dem Kfz-Ersatzteilmarkt gehören beispielsweise Auspuffrohre und Verbindungsmuffen zu diesen sogenannten "Must fit"-Teilen, da sie durch die Abmessungen des Unterbodens vorgegeben sind.Hingegen kann die Gestaltung von "Must match"-Ersatzteilen designrechtlich geschützt sein. Dies sind Ersatzteile, die zur Herstellung eines Erscheinungsbilds eines komplexen Erzeugnisses wie etwa einem Kraftfahrzeug in einer bestimmten Form gefertigt werden müssen, bei denen aber die Gesamtgestaltung nicht zwangsläufig vorgegeben ist. Hierzu gehören etwa Kotflügel, Scheinwerfer oder Kühlergrills. Diese "Crash Parts" sind insbesondere in Reparaturfällen von Bedeutung und damit finanziell interessant. Es verwundert daher nicht, dass die entsprechenden "Must match"-Ersatzteile durch Designeintragungen geschützt sind. Dieser Designschutz gewährt ein Ausschließlichkeitsrecht und es ist Dritten grundsätzlich untersagt, entsprechend geschützte Ersatzteile nachzubauen oder zu vertreiben.Um hier insbesondere eine gewisse Öffnung auf dem Kfz-Ersatzteilmarkt zu erzielen, wurden sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland sogenannte Reparaturklauseln eingeführt: Art. 110 Abs. 1 Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV), § 40a Designgesetz (DesignG). Ersatzteilherstellern ist es hiernach trotz bestehenden Designschutzes unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, "Must match"-Ersatzteile herzustellen und anzubieten. Dies soll der Stärkung des Wettbewerbs dienen. Sie sind angesichts der unterschiedlichen, wirtschaftlichen Interessen rechtspolitisch jedoch höchst umstritten.1. Die aktuellen ReparaturklauselnDie aktuellen Reparaturklauseln regeln, dass für ein Kfz-Ersatzteil, welches für die Reparatur eines (verunfallten) Kfz zur Widerherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes verwendet wird, kein Designschutz besteht. In diesem Fall kann sich also beispielsweise ein Automobilhersteller gegenüber dem Hersteller des Ersatzteils nicht auf einen etwaigen Designschutz für das betreffende Ersatzteil berufen.Das Ersatzteil darf aber nur für den Zweck der Reparatur eingesetzt werden. Handlungen, die sich nicht auf den Stand der Erstausrüstung eines Kfz beziehen, sind ausgeschlossen. Verschönerungen oder Tuningmaßnahmen werden von der Reparaturklausel daher nicht erfasst.Ferner muss das ursprüngliche Erscheinungsbild des (verunfallten) Kfz wieder hergestellt werden. Mit anderen Worten: Das Erscheinungsbild des Fahrzeugs muss nach der Reparatur demjenigen bei Erstauslieferung entsprechen. Das Ersatzteil muss also mit dem (beschädigten) Originalteil optisch identisch sein. Veränderungen von Größen und Farben sowie das Aufbringen von Verzierungen wären beispielsweise nicht privilegiert.Lange Zeit war die herrschende Auffassung in Deutschland, dass nur solche Kfz-Bauteile der Reparaturklausel unterfallen können, die formgebunden sind. Die Form des Ersatzteils müsse also durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt sein und deshalb nicht frei vom Kunden gewählt werden können. Hiernach würden zwar Kotflügel und Motorhauben der Privilegierung unterfallen, nicht aber Alufelgen. Diese müssen zwar rund sein, im Übrigen sind die Gestaltungsmöglichkeiten aber schier unbegrenzt und nicht vorgegeben.Der EuGH hat eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Reparaturklausel auf formgebundene Bauelemente jedoch in seiner "Acacia"-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 in den verbundenen Rechtssachen C-397/16 und C-435/16 ) abgelehnt. Somit unterfallen aktuell auch "nicht formgebundene" Ersatzteile wie etwa Alufelgen dem Anwendungsbereich der Reparaturklausel.Um sich auf die Reparaturklausel berufen zu können, müssen jedoch bestimmte Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen werden:◼ Anbringung eines klaren, gut sichtbaren Hinweises, dass die Gestaltung des Ersatzteils designrechtlichen Schutz für einen Dritten (also z. B. den Originalhersteller) genießt und dass das Ersatzteil ausschließlich für Reparaturzwecke zwecks Herstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds bestimmt ist;◼ Sicherstellung durch geeignete Mittel (z. B. vertragliche Regelungen), dass nachgelagerte Benutzer das Ersatzteil nicht (reparatur-)zweckwidrig verwenden;◼ Unterlassen eines Verkaufs, wenn bekannt ist oder vernünftigerweise angenommen werden muss, dass das Ersatzteil (reparatur-)zweckwidrig verwendet wird.2. Die Reparaturklausel der EU-DesignreformDas EU-Designrecht durchläuft aktuell die erste substanzielle Reform seit über 20 Jahren. Sie dürfte voraussichtlich dieses Jahr abgeschlossen sein.Im Rahmen der Reform wurde auch die Reparaturklausel überarbeitet. Weiterhin darf das betreffende Ersatzteil ausschließlich zur Reparatur eingesetzt werden und das ursprüngliche Erscheinungsbild des (verunfallten) Kfz muss wieder hergestellt werden.Ein wichtiger Unterschied zur bisherigen Rechtslage besteht jedoch darin, dass die neue Reparaturklausel ausdrücklich auf "formgebundene" Ersatzteile beschränkt ist. Dem EuGH wird so bewusst eine Absage erteilt und die Rechtsposition der Originalhersteller gestärkt. Alufelgen unterfallen etwa künftig nicht mehr der Reparaturklausel. Andererseits werden die vom Ersatzteilhersteller zu ergreifenden Sorgfaltsmaßnahmen eingeschränkt: Künftig muss lediglich über eine klare und sichtbare Angabe auf dem Ersatzteil oder in sonstiger geeigneter Form über den Ursprung des Ersatzteils informiert werden, um eine fundierte Auswahlentscheidung zwischen den auf dem Markt angebotenen Ersatzteilen zu ermöglichen.II. Der Kfz-Ersatzteilmarkt und das MarkenrechtNeben dem Designrecht spielt seit ein paar Jahren auch das Markenrecht eine verstärkte Rolle auf dem Kfz-Ersatzteilmarkt.1. Anwendbarkeit der Reparaturklausel auf das Markenrecht?Da auf vielen Fahrzeugteilen auch Marken der Automobilhersteller angebracht sind, drängt sich die Frage nahezu auf, ob die Benutzung solcher Marken auf Ersatzteilen ebenfalls durch die Reparaturklausel privilegiert sein kann. Kann zum Beispiel der Hersteller einer Ersatz-Motorhaube das auf dem entsprechenden Originalteil abgebildete Markenlogo eines Automobilherstellers unter Berufung auf die designrechtliche Reparaturklausel auf seiner Ersatz-Motorhaube anbringen? Die klare Antwort des EuGH lautet: nein (EuGH, Beschluss vom 6. Oktober 2015 in der Rechtsache C-500/14 - Ford/Wheeltrims). Die Reparaturklausel beschränkt nur den designrechtlichen Schutz, nicht aber den Schutzumfang von Marken.2. Die "Kühlergrill"-Entscheidungen des BGH und EuGHSowohl der BGH als auch der EuGH hatten bereits Gelegenheit zur Stellungnahme, ob ein mit einer Aufnahmevorrichtung in Form eines geschützten Markenlogos bzw. einer diesem ähnelnden Form versehener Ersatz-Kühlergrill eine Markenverletzung darstellt. Beide bejahten dies eindeutig und sahen auch keinen Raum für eine Privilegierung über die markenrechtliche Schrankenregelung des "Bestimmungshinweises der Marke", da die Anbringung der Marke auf der Ware selbst keine referenzielle Benutzung mehr darstellt (BGH, Urteil vom 7. März 2019, I ZR 61/18 - Kühlergrill; EuGH, Urteil vom 25. Januar 2024 in der Rechtssache C-334/22 - Audi AG/GQ).III. Praktische KonsequenzenDie Rechte der Originalhersteller (und Design- bzw. Markeninhaber) werden mit der aktuellen Designreform sowie der aktuellen Rechtsprechung erheblich gestärkt. So wird der Anwendungsbereich der Reparaturklausel im Designrecht mit der Beschränkung auf "formgebundene" Ersatzteile deutlich eingeschränkt.Ferner ist größte Vorsicht geboten, wenn auf Originalteilen auch Marken der Originalherstellers abgebildet werden (z. B. Schriftzüge, Markenlogos etc.). Selbst wenn die jeweiligen Ersatzteile selbst unter die Reparaturklausel fallen und der Originalhersteller sich daher nicht auf einen etwaigen Designschutz berufen kann, dürften die auf den Originalteilen angebrachten Marken nicht einfach "mit übernommen" werden. Dies kann die Hersteller von Ersatzteilen natürlich vor erhebliche Herausforderungen stellen. Aktuell ist etwa ein Trend zu erkennen, dass viele Automobilhersteller ihre Marken auch deutlich sichtbar auf den einzelnen Originalteilen anbringen - etwa als Wortmarke oder Wort-/Bildmarke auf der inneren Struktur von Scheinwerfern - oder diese in stilisierter Form in die Gestaltung des Originalteils selbst integrieren, etwa in stilisierter Form bei der Gestaltung von Rückleuchten oder der Wabenstruktur von Kühlergrills.

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