Neue Geschäftsmodelle: Überlebenschancen und Wachstumsperspektiven

Die Anforderungen steigen (siehe Grafik), die Rabatte auch und die Verzahnung von Internet und stationärem Handel fordert immer mehr Engagement in Personal und Geld. Dabei stagniert der Neuwagenmarkt. "Allein die Quersubventionierung des Neuwagengeschäfts durch den anhaltend profitablen Aftersales-Bereich hat bislang bei den meisten Fabrikaten in Deutschland den vollständigen Zusammenbruch der Vertriebssysteme verhindert", so die Analyse von IFA-Leiter Professor Willi Diez. Doch im Service wird es in den nächsten Jahren nicht mehr so viel zu verdienen geben (siehe Grafik). Und auch im Gebrauchtwagengeschäft ist mit sinkenden Zahlen zu rechnen (siehe Grafik). Deshalb hat das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule Nürtingen-Geislingen im Auftrag der Sachverständigenorganisation Dekra untersucht, welche veränderten Geschäftsmodelle für unterschiedliche Arten von Betrieben in Zukunft noch Erfolg versprechen. Mitverantwortung des Herstellers Die Studie zeigt zwei alternative Geschäftsmodelle für größere Betriebe auf: "Integrierter Vertrieb" und "Branded Dealer". Das Modell des integrierten Vertriebs basiert auf einer engen Vernetzung der Verkaufs- und Betreuungsprozesse zwischen dem Hersteller und seinen Händlern. Dabei legt der Hersteller unter anderem im Rahmen einer Jahreszielvereinbarung mit den Händlern eine Zielrendite fest und übernimmt eine Mitverantwortung dafür, dass sie erreicht wird. Die Ausgleichszahlungen, die Mercedes-Benz in den letzten Jahren an seine Händler geleistet hat, gehen in diese Richtung. Ebenso das früher vom ZDK vorgeschlagene Restmargensystem. Dieses Geschäftsmodell trägt der Tatsache Rechnung, dass sich der Erstkontakt mit dem Kunden immer stärker weg vom Autohaus und hin zum Hersteller selbst, etwa auf Webseiten oder in City Stores verlagert. Eigenmarke bringt Einfluss Beim Modell des "Branded Dealers" müssen Händler in ihre eigene Marke investieren und einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen. Gleichzeitig müssen sie - sowohl über die klassischen Verkaufswege, als auch im Online-Handel - große Stückzahlen absetzen. "Auf der Basis eines breiten Mehrmarkenportfolios sollte es ihnen dann möglich sein, einen stärkeren Einfluss auf ihre Einkaufspreise zu bekommen", so der IFA-Leiter. "Letztlich entspricht dieses Geschäftsmodell dem einer klassischen Supermarkt- oder Kaufhauskette. Umsetzbar dürfte dieses Modell vor allem bei eher markenschwachen Fabrika-Größe des Händlers ten sein, die auf eine breite Händlerpräsenz angewiesen sind." Chancen für kleinere Händler Die Studie gibt aber auch kleineren Händlern eine Zukunftschance, vor allem im ländlichen Raum. Hier könnten sich zwei andere Geschäftsmodelle als zukunftsfähig erweisen: der Neuwagenvermittler für größere Händlergruppen, der dafür eine Provision bekommt, und der lokale Mehrmarkenhändler, der in seinem Marktgebiet mehrere Marken bündelt und so deren Präsenz im ländlichen Raum sichert. Zwischenformen ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann gehen die Vorschläge der Studie noch nicht weit genug. Ihrer Meinung nach muss der Ansatz "integrierter Vertrieb" noch ergänzt werden: "Die Rechtsgrundlage muss angepasst werden auf ein Kommissionsagentursystem." Bei der Bundestagung hatte sie ein entsprechendes Modell vorgestellt (wir berichteten). Auch der "Local Hero", der kleinere Mehrmarkenbetrieb auf dem Land, wird es ihrer Ansicht nach schwer haben gegen die großen Mehrmarkenhändler. Sie hält die Vermittlung für die bessere Lösung. Mercedes-Benz Vertreter Jürgen Tauscher, Geschäftsführer der Fahrzeugwerke Lueg, ist ein Verfechter des integrierten Systems. Neben der Sogwirkung der Herstellermarke brauche der Autohandel aber auch seine Eigenmarke, zum Beispiel für weitere Dienstleistungen. Bernd Appel, Leiter Vertriebsorganisation der Audi AG, sieht auch Handlungsbedarf. Sein Credo: Alles, was auf die Zielrendite der Marke einzahlt, ist gut. "In Großbritannien hängen sich die Megadealer an die Marke, wo es passt. Aber auch eine starke Händlermarke ist gut, wenn es hilft, auf die Zielrendite einzuzahlen", so Appel. Weitere Konsolidierungswelle In einem Punkt waren sich bei der Dekra-Diskussionsrunde aber alle einig: Obwohl es letztlich für alle Händlergrößen nicht nur eine Überlebenschance, sondern auch eine Wachstumsperspektive gibt, ist klar, dass der Automobilhandel in Deutschland vor einer weiteren Konsolidierungswelle steht. Während das integrierte Vertriebsmodell nur Sinn mit einer überschaubaren Zahl von Vertragspartnern im Handel macht, werden nur wenige Händlergruppen das Potenzial haben, sich zum Branded Dealer zu entwickeln. Probleme für mittelgroße Händler Problematisch wird die Situation für mittelgroße Händler werden, die zur Netzabdeckung nicht unbedingt notwendig sind. Das IFA erwartet deswegen einen weiteren Rückgang der Zahl der wirtschaftlich und rechtlich selbständigen Automobilhändler in Deutschland von heute rund 7.850 auf 4.250 im Jahr 2025 (siehe Grafik 5). Das durchschnittliche Verkaufsvolumen dürfte dann bei etwas mehr als 700 Fahrzeugen pro Jahr liegen. Zum Vergleich: Heute sind es 390. Doris Plate Kurzfassung Integrierter Vertrieb oder Branded-Dealer: Das sind die beiden Alternativen, die laut Dekra-/IFA-Studie für die großen Autohäuser in Zukunft noch Erfolg versprechen. Kleinere Betriebe könnten vor allem auf dem Land als Neuwagenvermittler oder lokale Mehrmarkenhändler überleben.

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