Von AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel
Wie bewältigt der Autohandel die Corona-Krise? - Es ist die zentrale Frage, die sich in den letzten Tagen und Wochen stellt. Auch für die Verantwortlichen von Toyota Deutschland. Hier geht es um das vereinte Handeln von Hersteller, Captive und Händler.
Wie der Importeur zusammen mit seinen Partnerbetrieben die angespannte Situation bewältigen will, dazu nahmen Alain Uyttenhoven, Deutschland-Chef von Toyota, Mario Köhler, Direktor Vertrieb, After Sales und Händlerentwicklung, sowie Axel Nordieker, Geschäftsführer der Toyota Kreditbank, gegenüber AUTOHAUS Stellung. Auch Frank Levy, Präsident des Toyota-Händlerverbands, äußert sich zur Zusammenarbeit zwischen Handel und Hersteller (siehe Statement im Anschluss an das Interview).
AUTOHAUS: Herr Uyttenhoven, wo setzen Sie Ihre Prioritäten, um Netz und Importeur möglichst schadlos durch und die Corona-Krise zu führen?
Alain Uyttenhoven: Das Wichtigste für uns ist die Stabilität des Händlernetzes. Derzeit arbeiten nur die Werkstätten, allerdings mit reduzierter Auslastung. Der Handel findet so gut wie nicht statt. Sie wissen, dass es Händler gibt, die wirtschaftlich unterschiedlich aufgestellt sind. Die Sicherung der Liquidität kommt deshalb an erster Stelle. Hier gibt es eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität und Vereinfachung des laufenden Geschäftsbetriebs. Wir sind im täglichen Kontakt mit dem Handel, um bestimmte Maßnahmen sofort umzusetzen. Wir müssen uns aber auch auf die Periode nach der Krise vorbereiten. Dazu brauchen wir eine Exit-Strategie. Wir wollen dann zügig durchstarten, um schnell wieder im Normalbetrieb zu sein und mit Stärke agieren. Wir kümmern uns jetzt aber auch um die Toyota-Kunden, beispielsweise wenn es um die Ratenzahlung geht. Von zentraler Bedeutung ist jetzt auch die gute Zusammenarbeit mit unserem Händlerverband. Das Team um Frank Levy leistet dabei hervorragende und effiziente Arbeit im Sinne unserer Händler.
Herr Nordieker, Bank und Importeur arbeiten synchron?
Axel Nordieker: Die Prozesse zwischen Bank, Sales und Aftersales sind aufeinander abgestimmt. Es gibt Maßnahmen zur Absicherung von Liquiditätsengpässen, Zugeständnisse bei der Bestandsfinanzierung und die Stundung von Raten. Auch bei der Immobilienfinanzierung gibt es ein Programm, um Raten auszusetzen, damit kein Cash abfließt. Wichtig ist aber auch, dass wir die Händler beraten. Vor allem kleinere Betriebe brauchen Sicherheit. Wir sind dabei, die spezifischen Situationen mit Toyota Deutschland und dem Händler zu managen.
Werden KfW-Kredite genutzt?
A. Nordieker: Das Programm klingt sehr interessant, eine Umfrage im Handel hat allerdings ergeben, dass nur wenige daran interessiert sind. Es ist zwar ein gutes Programm, um die Wirtschaft zu stützen. Der Mittelstand kann oder will die Voraussetzungen für das Darlehen in der Regel aber nicht erfüllen. Als erstes geht es auch darum, mit der Hausbank und uns zu sprechen. Da ist der Händler an der richtigen Adresse. Wenn jedoch ein Händler über uns ein KfW-Darlehen beantragen möchte, dann werden wir ihn natürlich dabei unterstützen.
Wie lange hält der Handel durch?
Mario Köhler: Wir haben dazu gemeinsam mit unserer Captive ein webbasiertes Tool entwickelt. Hier ermitteln wir auf Wunsch den Cashflow des Händlers. Mehr als zwei Drittel unserer Händler setzen das Tool inzwischen ein. Damit verfügen die Händler über ein Radar für die aktuelle Situation. Es gibt drei Phasen für die Händler. Zunächst geht es um das Monitoring der Situation, dann um das Thema Guidance, hier zeigen wir die Instrumente auf, um den Cashflow kurz und mittelfristig zu verbessern, z. B. durch Umsatzsteuerstundung, Kurzarbeit oder Stundung von Raten. Die dritte Stufe sind dann Kredite über die Bank. Aufgrund der Maßnahmen gehen wir davon aus, dass der Handel diese Situation meistern wird. Das ist eine wichtige Prognose. Die Monate Januar und Februar sind gut gelaufen, da konnte der Handel etwas Substanz aufbauen. Auch den März haben wir erfolgreich abgeschlossen. Das verlängert die Phase des "Aushaltens".
A. Nordieker: Das kann ich bestätigen. Größere Händler haben teilweise eine stärkere Kapitaldecke, dafür aber auch einen höheren Finanzbedarf. Die Signale sind auch hier positiv.
Was tun Sie für die Endkunden?
A. Nordieker: Der Handel lebt von seinen Kunden. Es ist also wichtig, auch den Kunden Unterstützung anzubieten. Das gilt für private und gewerbliche Kunden gleichermaßen. Beide Gruppen fragen zum Teil nach Stundung der Raten, um Existenzängsten entgegenzuwirken. Wir haben zahlreiche Anfragen und werden allen entsprechen, wenn diese begründet sind und unsere Kunden damit geschützt werden. Unser Angebot wird auch vom Handel sehr geschätzt. Ein weiteres Programm sind die Rücknahmen der Leasingrückläufer. Hier geht es aufgrund des Stillstands um Anschlussfinanzierungen und um die Verlängerung der Leasingverträge. Dazu steht auch unser Outbound-Team bereit, das aktiv auf die Kunden zugeht. Hier sind wir bereit, pragmatische Lösungen auch online anzubieten. Wenn wir das Geschäft wieder aufnehmen, wird es unterstützende Programme für die Kunden geben. Das wird den Handel auch helfen.
Für Panik besteht kein Grund?
A. Nordieker: Panik ist nicht unsere Sache! Es gibt einen engen Schulterschluss zwischen Händler, Importeur, Bank und Versicherung. Wir haben hier ein Alleinstellungsmerkmal in der Branche.
M. Köhler: Es geht uns um Stabilität und darum, unserem Handel eine Perspektive zu vermitteln. Um die Werkstätten zu versorgen, halten wir beispielsweise die Teileversorgung zu 95 Prozent aufrecht. Man merkt, dass die Händler sich darum kümmern, das Geschäft bald wieder hochzufahren. Für das Grundrauschen ist gesorgt. Der Handel geht klug mit der Situation um. Wir haben es auch gemeinsam ermöglicht, dass Fristen für die Rückgabe von Fahrzeugen oder Garantiefristen um bis zu 60 Tage verlängert werden können. Gleichzeitig stellen wir eine verstärkte Agilität im Handel fest, sich mit digitalen Themen im After-Sales und Sales intensiv zu beschäftigen. Bei allen Maßnahmen arbeiten wir sehr eng und erfolgreich mit unserem Händlerverband zusammen.
A. Uyttenhoven: Die Teileversorgung können wir in diesem Umfang drei bis vier Wochen gewährleisten. Es gibt Länder, die voll im Lock-down sind. Hier arbeiten die Zulieferer also nicht. Eine solche Situation haben wir heute in Deutschland nicht.
Inwieweit ist die Fahrzeugproduktion betroffen bzw. die Verfügbarkeit, wenn es wieder losgeht?
A. Uyttenhoven: Toyota produziert in ca. 80 Länder der Welt. Unsere Autos kommen aus verschiedenen Regionen. Unser Bestseller RAV4 kommt zum Beispiels aus Japan. Hier läuft die Produktion weiter. Die europäischen Werke sind geschlossen. Die Motoren für das Werk aus der Türkei kommen aus England. Es ist also nicht so einfach. Unser Vorteil ist aber unser Zentrallager. Damit können wir Kundenwünsche schneller bedienen.
M. Köhler: Wenn es wieder losgeht, sind damit zunächst die Autos voll verfügbar. Unser Zentrallager entlastet die Händler, größere Stückzahlen vorzuhalten. Unser Lager reicht technisch für zwei Monate. Wir sind hier also zuversichtlich, den Bedarf schnell zu erfüllen.
Muss die Einführung des neuen Yaris verschoben werden?
A. Uyttenhoven: Die Markteinführung in Europa erfolgt in zwei Wellen. Deutschland ist mit der zweiten Welle am Ende des Sommers dran. Die Einführung ist weiterhin für September vorgesehen. Wir sprechen hier von 25 Prozent unseres Volumens, damit ist der Yaris eines unserer wichtigsten Modelle.
AUTOHAUS: Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch.
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Zur Zusammenarbeit mit Toyota Deutschland erklärt Frank Levy, Präsident des Toyota-Händlerverbands, auf Anfrage von AUTOHAUS:
"Grundsätzlich kann ich sagen, dass der Verband und der Hersteller nahezu täglich in der Kommunikation stehen. So konnten wir gemeinsam ein sehr umfangreiches Hilfspaket für die Händler schnüren, welches auch sofort bei den Händlern ankommt. Hier bewerten wir die Unterstützung als sehr gut. Was noch fehlt, ist eine Anbindung der Captive zu den KfW-Krediten. Aber auch hier sind wir in sehr guten Gesprächen mit der Bank und hoffentlich in ein paar Tagen in der Lage, alle Händler mit einem solchen direktem Zugang zu KfW-Mitteln zu versorgen. Auch erwähnenswert ist, dass in kürzester Zeit Dinge wie Videochat und Videokonferenzen alltäglich geworden sind, sicher etwas, was die Krise überdauern wird. Aktuell halten wir keinen Händler bei Toyota wegen Corona als gefährdet. Diese Situation kann sich natürlich noch zuspitzen, insbesondere dann, wenn der aktuelle Status über den 20. April hinweg aufrecht erhalten bleiben muss. Der Hersteller ist sich dieses Problems jedoch bewusst. Insgesamt sind wir hier als Toyota-Familie unterwegs. Der Konzern ist groß und stark. Wir haben schon anderen Krisen gemeinsam bewältigt."
ExVerkäufer
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