Elektroautos: Selbst eines fahren!

Worauf kommt es an, wenn ich mit Elektroautos Umsatz machen will? Viele Händler stehen vor dieser Frage - und gehen meist nach dem Schema Versuch und Irrtum an die Sache heran. Etwas anderes bleibt auch fast nicht übrig, schließlich gibt es noch nicht allzu viel gesichertes Wissen. Der Unternehmer und Berater André Gilbert Latendorf hat sich vorgenommen, das zu ändern, und erforscht die Erfolgsfaktoren beim Vertrieb von E-Autos im Rahmen einer Doktorarbeit. Für AUTOHAUS gibt er einen Einblick in seine bisherigen Erkenntnisse. AH: Herr Latendorf, worauf kommt es beim Vertrieb von E-Autos an? A. G. Latendorf: In erster Linie auf den Inhaber oder Geschäftsführer des Autohauses. Ist der Inhaber der Meinung, dass E-Autos ein lohnenswertes Thema sind, dann sorgt er dafür, dass genügend Fahrzeuge da sind und ausreichend Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Zudem prägt er die Mitarbeiter. Wenn die merken: "Der Chef glaubt daran!", hinterlässt das Eindruck. AH: Was kann ein Händler darüber hinaus tun, damit seine Mannschaft mehr E-Autos verkauft? A. G. Latendorf: Selbst eines fahren und herausfinden lassen, welche Probleme und welche Vorteile man damit hat. Die Verkäufer brauchen eigene Erfahrungen und müssen sich für E-Autos begeistern, nicht nur für einige Stunden, sondern im echten Alltagsbetrieb. Es hat einen großen Effekt auf einen potenziellen Käufer, wenn der Verkäufer enthusiastisch ist und von positiven Erlebnissen erzählt und nicht sofort fragt, ob sich ein E-Auto für den Kunden lohnt und ob nicht ein Diesel generell besser sei. AH: Wie sollte der Verkaufsprozess also aussehen? A. G. Latendorf: Die Interessenten sollten auf einen Verkäufer treffen, der von Anfang an vermittelt, dass der Kunde bei ihm fachlich gut beraten ist. Da werden die Bedenken schon mal wesentlich kleiner. Ideal wäre als Nächstes, wenn es im Haus einen Produktspezialisten gibt, der das Auto bis ins letzte technische Detail kennt. Weiß der Berater dann auf eine technische Frage einmal nicht weiter, holt er einfach den Fachkollegen hinzu und der Kunde hat zwei Ansprechpartner: einen für allgemeine Fragen und einen für die Technik. Damit gewinnt der Kunde Vertrauen in die Fähigkeit des Autohauses, Lösungen anbieten zu können. Die Ängste und Fragen der Kunden sind oft die gleichen: Habe ich genug Reichweite? Wie geht das Laden? Habe ich genug Lademöglichkeiten? Diese Ängste kann der Verkäufer nehmen, indem er beispielsweise alle Ladesäulen im Umkreis nennt. Wenn der Kunde dann auch noch die Chance hat, das selbst einen Tag lang zu testen, hilft das im Verkaufsprozess. Initiative ergreifen und aktiv nach neuen Geschäftsfeldern suchen AH: Welches Ertragspotenzial sehen Sie künftig im Bereich Service und Aftersales? A. G. Latendorf: Das klassische Geschäft wird sich verringern. Das lässt sich leider nicht vermeiden. Und um zu bestehen, muss man sich anpassen. Deshalb sollten Händler die neuen Möglichkeiten als Chance für neue Geschäfte sehen. Die Kundenbedürfnisse ändern sich, und um diese abzubilden, muss ich etwas tun: Mich weiterbilden und zusehen, dass ich für die neuen Technologien und Trends Lösungen anbiete, so dass ich auch im neuen Umfeld Mehrwert bieten kann. AH: Wie könnte das konkret aussehen? A. G. Latendorf: Wer ein E-Auto fährt, hat andere Bedürfnisse als jemand, der ein Diesel- oder Benzinauto fährt. Darauf kann sich der Händler vorbereiten, indem er beispielsweise zum E-Auto die Wallbox gleich mitverkauft oder mit Partnern sogar eine eigene kleine Ladeinfrastruktur in der Region aufbaut. Dafür sind aber jeweils Schulungen und Unterstützung des OEM wichtig. Aufgrund der Geschwindigkeit der Entwicklung ist aber in erster Linie die Eigeninitiative des Händlers der Schlüssel zum Erfolg. Und noch etwas: Elektromobilität kann und wird nicht die einzige Lösung sein. Es gibt auch andere - beispielsweise Brennstoffzellen oder Mischlösungen wie Hybridfahrzeuge. All das wird Service nach sich ziehen, den wir heute noch gar nicht kennen. AH: Vielen Dank für das Gespräch! Interview: Armin Wutzer

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