Von Jürgen Ohr/TRIAS GmbH
Heute möchte ich auf das vermeintlich schwarze Schaf der Verkäuferaufgaben eingehen - die Bestandskundenpflege. Diese Aufgabe ist oft nicht wirklich attraktiv für Verkäufer, da diese auf Provisionen ausgerichtet sind und die Bestandskundenpflege für sie keinen unmittelbaren monetären Erfolg verspricht. Hier ist es die Aufgabe der Geschäftsführung, das Bestandskunden- Management als wichtigen Erfolgsfaktor in den Prozessen und, zumindest bei gewerblichen Kunden mit großem Umsatzpotenzial, auch im Provisionsmodell zu verankern. Warum sollten Sie das tun?
Man geht davon aus, dass die Gewinnung eines Neukunden gegenüber der Bindung eines Altkunden das Vier- bis Sechsfache an Kosten verursacht. Schließlich haben Sie mit Ihrem Bestandskunden die Kennenlernphase schon hinter sich. Beim Neukunden bedeutet diese Phase den höchsten Verkäuferaufwand und gleichzeitig das höchste Absprungrisiko. Je länger Kunde und Kundenbetreuer sich kennen, desto effizienter werden die Kommunikation und die Zusammenarbeit. Bestandskunden feilschen nicht um jeden Euro und empfehlen Sie aktiv weiter. Gewerbetreibende sind sehr gut vernetzt. Wenn Sie es schaffen, einen Gewerbekunden zu binden, können Sie davon ausgehen, dass er sich mit anderen Gewerbetreibenden austauscht und so für Sie der Türöffner zu neuen Kunden wird. Im Gegenzug weiß man, dass unzufriedene Kunden zehn bis zwölf weiteren Personen von ihrer Enttäuschung berichten. Ein nicht zufrieden gestellter Gewerbekunde kann Ihre regionalen Akquisitionsergebnisse also massiv beeinflussen. Ich gehe davon aus, dass die meisten Autohäuser dies bereits erkannt haben und die Steigerung der Kundenzufriedenheit als wichtiges Ziel definiert haben, nicht zuletzt aufgrund der Last von Herstellerstandards. Aber gilt das auch für Gewerbekunden? Die Herausforderung liegt meist in der konkreten, zielgruppenorientierten operativen Umsetzung.
Auch der Verkaufsmannschaft fehlen schlichtweg oft die Ideen, wie eine gewerbekundenspezifische Bestandskundenbetreuung aussehen könnte. Es braucht Ansätze, die effektiv und gleichzeitig leicht in den Alltag integrierbar sind. Außerdem müssen sie auf den richtigen Ansprechpartner ausgerichtet sein. Erklären Sie zum Beispiel die Rechnung demjenigen, der sie bezahlen muss, und nicht dem, der das Fahrzeug bei Ihnen abholt.
Durch unsere Erfahrung aus über 20 Jahren intensiver Zusammenarbeit mit Autohäusern wissen wir, dass es drei wesentliche Zielgruppen gibt, die es zu unterscheiden und gesondert zu behandeln gilt.
Entscheider
Das sind zum einen die Entscheider. Bei dieser Zielgruppe werden die Fahrzeuge vom Geschäftsinhaber, vom Geschäftsführer, Niederlassungs- oder Filialleiter oder vom Fuhrparkleiter gefahren. Damit sind wir auf der Ebene der direkten Entscheider oder derer, die direkten Einfluss auf die Entscheidung nehmen können, bei welchem Partner die Fahrzeuge geordert, repariert und/oder gewartet werden. Dies ist damit die Gruppe, der die höchste Beachtung geschenkt werden muss.
Es ist wichtig, mit diesem Entscheider im Kontakt zu bleiben, speziell wenn er operativ nicht direkt für den Fuhrpark zuständig ist. Entscheider lieben es, aktiv informiert zu werden. Sie haben dann das Gefühl, dass die Fahrzeuge in guten Händen sind. Ein fest vereinbartes Jahresgespräch gemeinsam mit dem zuständigen Verkäufer, dem Entscheider und dem Geschäftsführer oder Verkaufsleiter des Autohauses wirkt oft Wunder. Die Einladung zu Events im Autohaus ist sicher selbstverständlich. Wir erleben hier übrigens, dass die wirklich kostspieligen Marken- oder Modelleinführungs-Events aus Compliance-Gründen weniger angenommen werden wie einfache, praktische Austauschtreffen wie beispielsweise ein regelmäßiger Stammtisch.
Interessant kann es auch sein, als Sponsor bei einer Kundenveranstaltung dabei zu sein, zum Beispiel als Shuttle für dessen VIP-Gäste. Gehen Sie im Geiste alle Ihre gewerblichen Bestandskunden durch und fragen Sie sich, wo können wir unterstützen, um entweder an das Kundennetzwerk oder an die Mitarbeiter des Kunden ranzukommen. Wie können Sie im Bereich Veranstaltungen kooperieren und sich gegenseitig nützen?
User-Chooser
Dann sind da noch die User-Chooser. Diese dürfen entsprechend der Vorgaben des Unternehmens die Marke, das Modell, die Motorisierung und die Ausstattung und teilweise auch die Werkstatt selbst auswählen. Das Fahrzeug ist dem Nutzer fest zugeordnet und kann gegebenenfalls von diesem auch privat genutzt werden. User-Chooser gelten oft als Leistungsträger und sind für die Unternehmen sehr wertvoll. Sie haben deshalb erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung und die Werkstattwahl. Erfahrungsgemäß wird der Einfluss von User-Choosern gerne unterschätzt. Santander deckt mit seiner User-Chooser Studie (August 2016) allerdings interessante Potenziale auf: "77 Prozent der User-Chooser dürfen über den Preis des Fahrzeugs und das Autohaus selbst bestimmen. 60 Prozent der User-Chooser sind in Fuhrparks unter neun Fahrzeugen."
Dies verdeutlicht, wie wichtig auch diese Gruppe für die Absätze und Serviceumsätze in Ihrem Autohaus ist. Viele Autohäuser nehmen deswegen bei der Auslieferung die Kontaktdaten der Fahrzeugnutzer auf und legen für diese ähnliche Prozesse wie für Privatkunden an.
Ein uns bekanntes Autohaus veranstaltet regelmäßig ein exklusives "Preview-Event". Zu dieser Veranstaltung wird das Autohaus komplett schwarz abgehängt und für den Privatverkehr geschlossen. Wem das zu viel ist, der kann ja einen Teil der Ausstellung so verpacken. Dann werden die User-Chooser mit ihren Familien eingeladen, um ganz exklusiv die aktuelle Modellpalette kennenzulernen. Dies vermittelt ihnen ein Gefühl von Wichtigkeit, erhöht die Markenbindung und steigert den Absatz.
Ein weiteres Instrument, welches erfolgreiche Autohäuser nutzen, ist die sogenannte "zweite Auslieferung". Zu dem monatlichen Termin werden alle Kunden, also auch User-Chooser mit ihren Familien und Bekannten, eingeladen, die in den letzten vier Wochen ein Auto bekommen haben. Dann werden verschiedene Funktionen im Fahrzeug erläutert und viele Fragen speziell zu den Bediensystemen geklärt. Damit lassen sich die Zufriedenheit und die Empfehlungsrate im Kundenunternehmen deutlich erhöhen. Weiterhin reduziert dieser Regeltermin die Belastung des Kunden und des Verkäufers bei der eigentlichen Auslieferung und bringt das private Umfeld der User-Chooser ins Autohaus.
Fahrer
Die letzte Gruppe bilden die Fahrer von Funktionsfahrzeugen, wie reinen Vertriebs- oder Servicefahrzeugen oder auch Poolfahrzeugen. Diese Fahrzeuge werden möglicherweise von unterschiedlichen Fahrern genutzt und im Normalfall nach Arbeitsende wieder auf dem Betriebsgelände abgestellt. Die Fahrer haben einen größeren informellen Einfluss auf die Werkstatt- und Autohausentscheidung, als man denkt. Sie sind oft langjährige Mitarbeiter, gut im Kundenunternehmen vernetzt und können Fuhrparkentscheidungen sowohl positiv wie auch negativ beeinflussen. Aus diesem Grund sollten Sie auch die Fahrer in Ihrer Bestandskundenpflege berücksichtigen.
Ein einfaches Mittel sind kleine Werbegeschenke wie Kaffeebecher oder Eiskratzer, die man ihnen bei der Abholung persönlich übergibt. Autohäuser mit Waschanlage können den Fahrern auch Waschgutscheine mitgeben, die sie privat nutzen können. Auch das Fahrerfrühstück ist in vielen Autohäusern eine beliebte Tradition geworden.
Wichtig ist im Vorfeld, dass Sie die Kontaktdaten der jeweiligen Personen haben, um diese zielgruppengerecht ansprechen zu können. Meist sind die Fahrzeuge auf das Unternehmen angelegt und es liegen vielleicht noch die Daten vom Entscheider vor, aber ganz selten zu den Fahrern oder User-Choosern. Ich empfehle Ihnen hier differenzierter zu arbeiten und die notwendigen Informationen zu diesen unterschiedlichen gewerblichen Zielgruppen professionell zu managen. Eine solide, aussagekräftige Datenbasis ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für ein gewinnbringendes Bestandskunden-Management bei gewerblichen Kunden.
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"Ich möchte Ihnen von einer Situation erzählen, die ich im Autohaus immer wieder erlebe. Der Fahrer eines Firmenwagens holt das Fahrzeug nach der Reparatur ab und bekommt ausführlich die Rechnung erklärt. Er hört geduldig zu und vergisst das Gesagte schnell wieder, er muss die Rechnung ja nicht bezahlen.Weniger entspannt sieht das der Entscheider, der die Rechnung kurz darauf auf dem Schreibtisch hat. Dieser sieht nur den Endbetrag und wundert sich, warum die Rechnung so unerwartet hoch ausgefallen ist. Hier ist Unzufriedenheit vorprogrammiert.Dies ist ein sehr typisches Beispiel dafür, wie gut gemeinte Betreuungsmaßnahmen ins Leere laufen, da sie auf die falsche Zielgruppe ausgerichtet sind. Lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihr Bestandskunden-Management zielgruppengerecht und so erfolgreicher gestalten können." (Jürgen Ohr Geschäftsführer TRIAS GmbH)