In der eindrucksvollen Umgebung Europas größter privater Oldtimersammlung, dem Dauphin Speed Event in Hersbruck, trafen sich am Mittwoch 150 Führungskräfte aus dem Autohandel. Eingeladen wurde vom Marktforschungsinstitut puls zur 19. Auflage des Automobilkongresses. Das Thema der Tagung lautete “Differenzierungsstrategien im Autohandel”.
Der Kongress begann mit einer kurzen Begrüßung durch Konrad Wessner, Geschäftsführer der puls Marktforschung, und Prof. Hannes Brachat, Herausgeber der Fachzeitschrift AUTOHAUS. Die beiden Branchenkenner führten durch die Veranstaltung.
Wie kann man sich vom Wettbewerb abheben?
Brachat startete gleich mit den wesentlichen Faktoren einer möglichen Differenzierung zum Wettbewerb. Das Auto, der Kunde und der Mitarbeiter müssten in den Fokus rücken. Der Mitarbeiter müsse so qualifiziert werden, dass der Kunde ein positives Einkaufserlebnis habe. Der Kunde werde diesen Unterschied erkennen, so der Experte. Dieser Grundsatz zog sich weitgehend durch alle folgenden Vorträge.
Audi, vertreten durch Stefan Quary, Leiter Verkauf Neuwagen Deutschland, will sich auf die "Perfektion der Customer Journey" fokussieren. Als zentraler Erfolgsfaktor im zukünftigen CRM solle dabei die richtige Gestaltung und Verknüpfung von Touchpoints dienen. Eine Zusammenarbeit zwischen den Händlern und dem Hersteller ist laut Quary unbedingt notwendig, um diesen Prozess erfolgreich zu gestalten. Und die Frage, wo dabei die Kundendaten liegen, beantwortete er mit einer klaren Aussage: “Der Kunde gehört sich erstmal selbst.”
19. puls Automobilkongress
BildergalerieDas Kundenbedürfnis stellte auch Andreas Weeber, Geschäftsführer Autohaus Weeber, in den Vordergrund. Er versuche, den Mobilitätsbedarf in seinem Unternehmen komplett abzudecken. Eine eigene Produktion von Fahrrädern in unterschiedlicher Ausführung unter dem Namen “Waldbike” soll das vorhandene Portfolio abrunden. Seine Mitarbeiter bekommen Weeber zufolge parallel Unterstützung durch Robotik, die die standardisierte Erfassung von Daten automatisiert. So könne sich jeder im Unternehmen auf die neuen Aufgabenfelder im Hinblick auf Differenzierung zum Wettbewerb konzentrieren.
Dass dies immer wichtiger wird, stellte auch Ajay Bhatia, CEO von Mobile.de, dar. MAN könne ganz klar aus den vorhandenen Daten darstellen, dass die “Brand Loyalty" immer geringer werde, erklärte Bhatia. Wer es schaffe, eine positive Marke durch den Fokus auf den Kundenbedarf aufzubauen, werde im Vorteil sein.
Helmut Peter, Inhaber Autohaus Peter, und Maik Siebrecht, Geschäftsführer Autohaus Siebrecht, sind zwei der größten Stellantis-Händler Deutschlands. Sie sehen ihren Erfolg darin, mit einer möglichst breiten Produktpalette und möglichst vielseitigen Dienstleistungen jedes Kundenbedürfnis erfüllen zu können. Die regionale Marke "Peter" und "SiebrECHT" stünden dabei immer im Vordergrund. Bei Siebrecht wird dem Geschäftsführer zufolge gerade ein komplett digitaler Verkaufsprozess implementiert. Ein mit Spannung erwarteter Vortrag von Lars Bialkowski, Deutschland-Chef Stellantis, fiel aufgrund einer kurzfristigen Absage aus.
Auf die Mitarbeiter kommt es an
In Bezug auf die Optimierung des Kundenerlebnis kam in allen Vorträgen auch der Faktor Mitarbeiter ins Spiel. Werner Söcker, Geschäftsführender Direktor B&K/Wellergruppe, brachte dies auf den Punkt: "Nur begeisterte Mitarbeiter können auch den Kunden begeistern."” Das bereits angesprochene Problem der fehlenden "Brand Loyalty" werde so erst gar nicht aufkommen.
In diesem Zusammenhang kam auch immer die Arbeitgebermarke ins Spiel. Ein wichtiger Aspekt, wenn es darum geht, den richtigen Mitarbeiter zu finden und diesen zu binden. Bei der Wellergruppe setze man mit einem Azubi-Anteil von 25 Prozent auf den Nachwuchs, so Söcker. Alle Mitarbeiter könnten über eine eigens für die Belegschaft geschaffene App kommunizieren.
Auch Frank Motejat, Geschäftsführer Autohaus Mothor, verfolgt dieses Konzept zur Mitarbeiterbindung. Ziel sei es, über proaktive Kommunikation die Haltung des Mitarbeiters hin zur gesteigerten Freundlichkeit gegenüber dem Kunden zu verändern. Dass es sich dabei um einen langwierigen Prozess handelt, bestätigte Peter Pixner, COO Pappas Holding GmbH, mit den Worten: "Identität ist nicht zu designen, das ist ein Entwicklungsprozess". Der Kunde wünsche ein hohe Qualität bei der Beratung, in der Dienstleistung sowie eine unkomplizierte Kontaktaufnahme.
Laut Susanne Oppel, geschäftsführende Gesellschafterin Autohaus Oppel, dauern solche Veränderungsprozesse bei Mitarbeitern ca. drei Jahre. Motejat konnte klare Erfolge nach einem solchen Prozess aufzeigen. Bei ca. 700 Leads pro Monat habe man die Conversion Rate nachhaltig von 16 auf 21 Prozent steigern können, hieß es. Das ergab nach seinen Angaben ungefähr 35 Neuwagen, die man pro Monat zusätzlich verkaufen konnte.
Plus an Kundenorientierung entwickeln
Daniela Bader, Geschäftsführung Autohaus BaderMainzl, sieht den Erfolg des Betriebs in der Entwicklung des Mitarbeiters zum "unternehmerischen Mitarbeiter". Ein Plus an Kundenorientierung solle sich so entwickeln. Nur wenn der Kunde im Mittelpunkt stehe, könne sich eine Wohlfühl-Atmosphäre einstellen.
Andrea Pickel, Geschäftsführung Autohaus Josef Pickel, unterstrich dies mit folgender Aussage: "Die Software des Unternehmens sind die Menschen." Ohne die richtige Software nütze die beste Hardware nichts. Pickel sieht die größte Herausforderung darin, im Alltag die Balance zwischen dem Tagesgeschäft und den nötigen Schritten für eine erfolgreiche Zukunft zu entwickeln.