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Plug-in-Hybride: Umweltbonus bei vielen Modellen auf der Kippe

01.11.2021 15:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
BMW 530e
Plug-in-Hybride wie der BMW 530e xDrive mit 54 Kilometern elektrischer Reichweite erhalten möglicherweise keinen Umweltbonus mehr, wenn sie nach dem 1. Oktober 2022 ausgeliefert werden.
© Foto: BMW

Ab Oktober 2022 sollen Plug-in-Hybride nur noch dann den Umweltbonus erhalten, wenn sie mindestens 60 Kilometer weit elektrisch fahren. Der CO2-Ausstoß als Kriterium soll entfallen. Wegen der Lieferengpässe könnte das zur Folge haben, dass etliche Kunden ihren Bonus-Anspruch verlieren.

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Autohäuser die ihren Kunden einen neuen Plug-in-Hybrid (PHEV) verkaufen, gehen aktuell das Risiko ein, diese in ein paar Monaten nachhaltig zu verärgern – ohne dass sie dafür etwas können. Schuld daran ist die Kombination aus Lieferengpässen bei den Autoherstellern und neuen Regeln für den Umweltbonus. Diese könnte dazu führen, dass zahlreiche Plug-in-Hybride bei ihrer Auslieferung nicht mehr förderfähig sind und die Kunden beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) keinen Umweltbonus mehr erhalten.

Doch wie kommt das? Laut der aktuell gültigen "Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen" unterstützt der Bund derzeit den Kauf von PHEV bis zu einem Listenpreis von 40.000 Euro und mit Abschlägen bis 65.000 Euro. Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug entweder eine rein elektrische Reichweite von mindestens 40 Kilometern oder einen CO2-Ausstoß von höchstens 50 Gramm pro Kilometer vorweist. Ab 2021 steigt die Kilometergrenze dann auf 60 an, wodurch etliche Modelle wie der Audi Q8 55 TFSIe oder der Volvo XC60 T8 Allrad Recharge R-Design nicht mehr förderfähig sind. Ab 2025 steigt die Kilometergrenze auf 80 Kilometer. Soweit so bekannt.

Aktuell ist jedoch eine Neufassung der Förderrichtlinie in Arbeit. Diese ist nötig, um die auf dem Autogipfel am 17. November 2020 beschlossene Verlängerung der Innovationsprämie umzusetzen (Verdoppelung des Bundesanteils am Umweltbonus auf 6.000 Euro für BEV und maximal 4.500 Euro für PHEV). Diese war ursprünglich nur bis Ende 2021 vorgesehen und wird nun bis 2025 verlängert. An sich eine gute Nachricht für die Branche.

CO2-Werte für Umweltbonus künftig irrelevant

Bei dieser Gelegenheit sollen allerdings auch einige andere Regelungen der Richtlinie überarbeitet werden. Berichten zufolge betrifft das auch die CO2-Emissionsregel. Diese soll nach übereinstimmenden Medienberichten offenbar zum 1. Oktober 2022 ersatzlos gestrichen werden. Die CO2-Werte wären für den Umweltbonus fortan irrelevant.

Damit ein Plug-in-Hybrid den Umweltbonus (inkl. der Innovationsprämie) erhält, müsste er künftig mindestens 60 Kilometer weit elektrisch fahren können. Stand heute schaffen das aber längst nicht alle. Bei Seat träfe es zum Beispiel den Tarraco und den Cupra Formentor. Deren elektrische Reichweite beträgt 55 und 58 Kilometer. Bei Opel wiederum träfe es beispielsweise den Astra Plug-in-Hybrid mit 59 Kilometer Reichweite und bei BMW unter anderem den 530e xDrive mit 54 Kilometer oder den X3 xDrive30e mit 50. Diese Liste ließe sich noch eine Weile fortsetzen. Bestellt ein Kunde eines der Modelle und bekommt es erst nach dem 1. Oktober ausgeliefert, erhielte er keinen Umweltbonus mehr.

Das sorgt im Handel naheliegenderweise für Unruhe. "Was sollen wir unseren Kunden bei der Bestellung sagen?", erklärt ein Händler gegenüber AUTOHAUS sein Problem. Nichts zu sagen sei nicht vertrauenerweckend. Gebe man aber eine falsche Auskunft laufe man Gefahr, vom Kunden später wegen Falschberatung rechtlich belangt zu werden und den Differenzbetrag aus eigener Tasche zahlen zu müssen. Ein anderer Händler berichtet schon jetzt von merklicher Zurückhaltung der Kunden, wenn man auf das Problem hinweise und keine Lösung habe. "Da erwarte ich ein klares Statement vom Hersteller. Denn ich baue die Autos ja nicht", so der Autohaus-Chef.

Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam

Doch auch die Hersteller hängen derzeit noch in der Luft. Denn ob die Regelung wirklich so kommt, wie die Gerüchte es besagen, ist offen. Der Grund: Das Bundeswirtschaftsministerium ist die Sache überaus "gemütlich" angegangen. Seit dem Autogipfel am 17. November 2020 stand fest, dass zur Verlängerung der Innovationsprämie eine Überarbeitung der Richtlinie bis Ende 2021 nötig ist. Reichlich Zeit, würde man annehmen. Doch erst am 13. September 2021 teilte das Ministerium auf Twitter mit, man habe die Änderung der Förderrichtlinie in die Ressortabstimmung mit den anderen Ministerien gegeben.

Und dort befindet sie sich nach wie vor, wie eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage von AUTOHAUS mitteilte. Aus diesem Grund könne man zu den Inhalten auch keine Stellungen nehmen – der genaue Entwurf bleibt also bis auf weiteres unter Verschluss. Und selbst wenn sich die Ministerien irgendwann einmal auf eine Fassung verständigt haben, wird diese nicht sofort im Bundesanzeiger veröffentlicht. Vorher steht erst noch eine Prüfung durch die Europäische Kommission an. Kurzum: Wie lange die Hängepartie noch andauert, ist völlig offen.

Auch bei den Herstellern, weiß man – zumindest offiziell – nicht, wie aktuell der Stand der Dinge ist. "Da hilft nur abwarten", ist etwa von Seiten eines Importeurs zu hören. Erst wenn klar sei, welche Regel komme, könne man sich vorbereiten. Bei einem anderen Fabrikat indes rechnet man damit, dass die Regel zwar kommt, für die 60 Kilometer aber der Stadtfahrzyklus "WLTP EAER City" zugrunde gelegt wird. Das geht aus einem internen Schreiben der Marke an den Handel hervor, das AUTOHAUS vorliegt. Bei der EAER-Messung ist die Reichweite in der Regel höher als beim normalen WLTP Zyklus, so dass viele Wackelkandidaten doch noch förderfähig wären. Wirkliche Sicherheit gibt es allerdings erst, wenn die neue Förderrichtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht wird. Das Risiko für den Handel besteht also vorerst weiter.

Drohende Förderlücke für sämtliche E-Autos und Plug-in-Hybride

Sollte sich die Politik noch länger Zeit lassen, droht zudem noch ein weiteres Problem: Kommt die neue Förderrichtlinie nicht vor dem 31. Dezember, läuft an diesem Tag die Innovationsprämie aus. Wer im Zeitraum bis zum Inkrafttreten der Neufassung ein förderfähiges Elektroauto oder einen förderfähigen Plug-in-Hybrid zulässt, hat dann nur noch Anspruch auf den reduzierten Umweltbonus. Diese Förderlücke könnte die Verbrauchter bis zu 3.000 Euro Fördermittel bei BEV und 2.250 Euro bei PHEV kosten. Auch in diesem Fall stünden die verärgerten Kunden dann höchstwahrscheinlich als erstes beim Händler auf der Matte - ohne dass diesen irgendeine Schuld an der Misere träfe.

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KOMMENTARE


Kurt der Rennfahrer

01.11.2021 - 17:21 Uhr

Ein ähnliches Trauerspiel wie bei der seit langem überfälligen Novelle der sog. "Energieverbrauchskennzeichnung". Der Gesetzgeber verschleppt mutwillig und zum Schaden von Kunden, Handel und Herstellern notwendige Anpassungen bzw. Aktualisierungen. Ein absolutes Unding!


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