Bei einigen Autos darf die Frage gestellt werden, warum sich jemand dieses Automobil kauft. Beispiele gefällig? Mercedes G-Klasse, Dacia Spring, DS9, Subaru Solterra oder eben der Ora 07. Bei der G-Klasse ist die Antwort simpel: Man möchte zeigen, dass man es geschafft hat. Beim Dacia Spring ist es so, dass man ein kleines und vermeintlich günstiges E-Auto möchte. Nicht mehr und nicht weniger. DS9-Kunden sind anders und zählen sich zur geschmacklichen Avantgarde. Beim Subaru Solterra fällt nur der Grund ein, dass der Händler nebenan zufällig Subaru verkauft. Und beim Ora 07?
GWM Ora 07 GT
BildergalerieDesign und Anmutung des Ora 07
Laut Ora-Vertriebsorganisation, die aus Profis der Emil-Frey-Gruppe besteht, sollen es vor allem das Design und die Anmutung des Ora 07 sein, die begeistern. Und ein bisschen seine Langstreckeneignung im Vergleich zum Ora 03. Lightning Cat heißt der Ora 07 seit rund zwei Jahren in China. Er ist also keine Neuentwicklung und schon gar nicht für Europa gemacht. Das könnte auch das eine oder andere erklären.
Groß, stattlich, ja fast herrschaftlich wirkt der Ora 07. Immer wieder fallen die Marken Bentley, Porsche und sogar Bugatti, wenn man Menschen fragt, was es für eine Automarke sein könnte. Jackpot für den Ora 07. Der Ora 07 ist in jedem Fall ein Automobil mit Wiedererkennungswert. Und das ist im Design-Einerlei anno 2024 erwähnenswert. Die weichen Linien schmeicheln dem Auge, auch wenn sie teils etwas barock wirken. Und genau das wollte GWM (Great Wall Motor) erreichen und hat einen passenden Begriff kreiert: Retro-Futurismus. Cooles Marketing, Hut ab in Richtung Frey-Truppe.
Klickklick im Ora 07
Cool ist ein Stichwort, wenn man versucht, die Klimaautomatik im Ora 07 auf die richtige Temperatur einzuschwören, was die Grundidee der Klimaautomatik war. Im Ora 07 herrscht bei üblicher Justage auf 22 Grad frostige Stimmung im Fahrgastraum. Also Klickklick, hoch auf 24 gestellt. Scheint jedoch die Sonne etwas stärker, kühlt der Wagen weiter runter und irgendwie ist man immer am Klicken, Frösteln und Schwitzen. Ja, richtig gelesen. Im Ora 07 kann die Temperatur noch per Drehrad auf der Mittelkonsole justiert werden, das ist zumindest klasse. Dass sich hingegen die Luftausströmer nur „digital“ übers Touch-Klima-Menü einstellen lassen, nervt und lenkt während der Fahrt ab. Das macht aber einer der direkten Konkurrenten, der VW ID.7, auch nicht besser.
Ansonsten fühlt man sich im Innenraum sehr wohl. Die Materialauswahl ist top. Alles fühlt sich hochwertig an. Da können sich viele Hersteller was abgucken. Wie das in fünf bis sieben Jahren aussehen wird, muss sich freilich noch zeigen. Ebenso kann die Verarbeitung gefallen. Die Sitze vorn sind komfortabel, wenngleich sie etwas zu kurz an den Oberschenkeln und die Einstellmöglichkeiten begrenzt sind – also keine Neigungsverstellung, keine Verlängerung und beim Beifahrer nicht einmal eine Höhenverstellung. In Verbindung mit dem wenig verstellbaren Lenkrad ergibt sich keine ideale Sitzposition, zumindest dann, wenn die Beine lang und der Oberkörper kurz sind. Größere Fahrer könnte im Schulter-Nackenbereich der im Sitz integrierte Kunststoffrahmen stören. Störend für das andere Extrem, also kurze Beine und langer Oberkörper (Sitzriesen) ist der zu flache Fond. Es wirkt zwar aufgrund der supereleganten Dach-Heckscheiben-Kombination megaluftig, ab 1,82 Meter kann man jedoch durchaus anstoßen. Raumausnutzung ist beim Ora 07 lediglich bei der Beinfreiheit gelungen. Da gibt es keinen Mangel. Dafür aber im Gepäckabteil, der 333 Liter fasst. Das ist weniger als ein VW Polo bietet, doch der ist 80 Zentimeter kürzer.
Kleinteilige und verschachtelte Menüs im Ora 07
Sitzen, anfassen, aussehen, alles tiptop im Ora 07. Das kann man von der Bedienung des Infotainmentsystems nicht uneingeschränkt behaupten. Das vergleichsweise kleine Display auf dem Armaturenträger bietet zwar viele Inhalte und Einstellmöglichkeiten, doch wirklich logisch sind viele Funktionen nicht angeordnet. Das merken vor allem die Menschen, die sich bei jeder Fahrt wieder einige der Assistenzsysteme vorknöpfen und Tempowarner oder ähnliches abstellen. Es gibt keine Ansicht, in der sich alle Assistenten befinden und sich dann mittels Schieberegler deaktivieren lassen. Als kompliziert in der Handhabung erweist sich auch der Abstandstempomat. Da fragt man sich abermals, wieso man einige Dinge neu erfinden muss und es nicht besser macht als Jahrzehnte zuvor. Schön gemacht ist indes das Kombiinstrument, das zwar volldigital anzeigt, aber aufgrund der drei Displays definitiv retro-futuristisch wirkt. Wenig futuristisch, dafür gut: Das Head-up-Display, das es ab der zweiten Ausstattungslinie Pro serienmäßig gibt.
Generell ist es auch hier wieder so: Extras gibt es keine, nur die Ausstattungslinien Pure, Pro und GT. Alle eint dasselbe Display, die identischen beheizbaren Sitze und ein beheizbares Lenkrad. Wer auf die Wärmepumpe wert legt, muss Anstelle des Pure für 41.990 Euro (Preise brutto) zum Pro greifen, den es für 44.490 Euro gibt. Dann kommt auch das Infinity-Soundsystem in den Ora 07. Der Klang? Astrein. Massagesitze mit Memoryfunktion, elektrischer Heckdeckel (es öffnet sich nur eine Mini-Luke) und ein ausfahrbarer Spoiler, der etwas deplatziert wirkt, sind dann auch dabei. Ein durchaus sinnvolles Feature ist das automatisierte Rückwärtsfahren um bis zu 50 Meter. Das soll auf exakt der Spur erfolgen, die man zuvor in die Passage hineingefahren ist und hilft bei Hofeinfahrten und ähnlichen Strecken.