Ausgabe 04/2010: Ökos und Realos

Ökos und RealosElektroautos E Was es jetzt schon gibt und worauf die Händler noch warten müssen. Von Doris PlateAlle Welt spricht von Elektroautos. Auf der letzten IAA waren viele zu sehen und derzeit überschlagen sich die Meldungen, wer wann welches Auto auf die Straße bringt. Dabei heißt „auf die Straße bringen“ meistens nicht, dass ein Endkunde ein solches Auto kaufen kann. Die teuren Testfahrzeuge (Preise ab 40.000 Euro aufwärts) werden Kommunen oder bestimmten Firmen als Flotten zur Verfügung gestellt.Der Preis macht diese Kleinwagen mit vier Sitzen, mit denen man maximal 130 Kilometer pro Stunde fahren kann – das aber nicht allzu lange –, zu einer besonderen Form des Luxus. Hinzu kommen die Probleme mit den Reichweiten. In den Testregionen wird dafür eine Infrastruktur geschaffen. Aber was, wenn ein solches Elektromobil woanders hin bewegt werden soll?Auch was Elektromobilität für den Handel heißt, ist derzeit noch weitgehend unbekannt. Zwar hat Renault gezeigt, wie eine Batteriewechselstation aussehen soll, ob es aber eine solche genormte Batterie geben wird, steht noch nicht fest. Die Firma „Better Place“ wirbt dafür und testet auch in Israel und Dänemark. Ob es so kommt? Es gibt durchaus Fachleute, die diese Technik für zu aufwändig halten. Frühestens 2012 sind jedenfalls solche Elektroautos in nennenswerten Stückzahlen in den Autohäusern zu erwarten. Hingegen ist ein Tesla Roadster eines der wenigen Elektroautos, das ein Kunde derzeit tatsächlich kaufen kann. Zwar liegt auch der Einstiegspreis für diesen Renner (in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h) bei 84.000 Euro netto. Das rückt ihn für viele Interessenten auch in unerreichbare Ferne, aber immerhin: Das Auto ist da, man kann es in München in einem Showroom anschauen und Probe fahren. 180 wurden in Europa schon ausgeliefert.Kauf nur im Internet möglichHändler haben mit dem Vertrieb allerdings nichts zu tun. Der kalifornische Hersteller hat ein „integriertes Geschäftsmodell“. Das heißt: Er kümmert sich selbst um alles. Kaufen kann man den Roadster nur im Internet, anschauen in Showrooms, bald auch in Frankfurt und Hamburg. Für die Probefahrt wird ein Exemplar zum Kunden nach Hause gebracht. Wer danach nicht kaufen will, kann seine Reservierung zurückgeben. „Die meisten Adressen bekommen wir auf Events, wo wir die Autos zeigen“, berichtet Craig Davis, Sales und Marketing Director Europa von Tesla Motors. Zurzeit gibt es zirka zwei Testfahrten pro Tag, in den Laden kommen 20 bis 30 Interessenten. „Das sind aber eher Touristen“, weiß Davis. Der Showroom wird auch nur unterhalten, weil die Kunden das so gewohnt sind. Der eigentliche Kauf kommt nur online zustande. Und auch wenn es in dem Münchner Laden in der Blumenstraße noch eine Werkstatt gibt, 90 Prozent des Service findet beim Kunden zu Hause statt. „Das ist mehr ein Computer als ein Fahrzeug“, so Davis. Die Techniker rücken also mit dem Laptop an und „reparieren“ das Fahrzeug vor der Tür. Es gibt keinen Ölwechsel. „400.000 Kilometer fährt der Tesla ohne Wartung.“ In der Werkstatt werden eigentlich nur Batterien und Räder gewechselt. Bezahlbare Kurzstrecken-MobilitätEbenfalls sofort erhältlich und auch bezahlbar sind die Fahrzeuge aus dem Angebot der Smiles AG. Vorstand Karl Nestmeier will „zukunftsorientierten und pro-aktiven Autohäusern den frühzeitigen Einstieg in einen wachsenden Markt“ anbieten. Aktuell gibt es in seinem Shop-in Shop-Konzept drei Fahrzeuge, es könnten aber im Lauf des Jahres noch mehr werden.Der Unternehmer aus Aub bei Würzburg verfügt über rund 20 Jahre Erfahrung im Bereich Elektromobilität. Angefangen hat er mit dem CityEL, der den Laien eher an ein Liegerad als an ein Auto erinnert. Dennoch fährt diese „Kiste“ 6.000-mal auf der Straße und ist derzeit mit über 50 Prozent Marktführer bei Elektrofahrzeugen in Deutschland. Und Nestmeier schwärmt: „Der einsitzige CityEL bietet umweltfreundliche Mobilität für die Fahrt zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Bahnhof und für die alltäglichen Besorgungen. Auf diesen Kurzstrecken würde ein normales Auto mit kaltem Motor und Kat einen erhöhten Kraftstoffverbrauch sowie erhöhten Schadstoffausstoß aufweisen.“Der CityEL hingegen ist im Fahrbetrieb vom ersten Meter an emissionsfrei und wird deshalb auch oft als innovatives Firmen- oder Promotionfahrzeug für Imagezwecke eingesetzt. In der Anschaffung kostet er ab 9.999 Euro inklusive Lithiumbatterie. Die Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug liegt bei 80 Euro, in den ersten fünf Jahren wird keine Steuer fällig. Die Energiekosten liegen durchschnittlich bei 1 Euro pro 100 Kilometer. „Getankt“ wird an jeder herkömmlichen Steckdose. Bei einer Maximalgeschwindigkeit von 63 km/h hat er eine Reichweite bis zu 120 Kilometer.Erprobtes Elektroauto aus IndienWährend dieses Modell eher etwas für grüne Freaks ist, ist der indische Reva-i ein richtiges Auto. Rund 1.000 davon sind im Stadtgebiet von London unterwegs. Weltweit wurde das mehrsitzige Elektrofahrzeug 4.000-mal verkauft. Es hat eine Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h bei einer Reichweite von 60 bis 100 Kilometern – je nach Batteriesystem. Mit 13.000 Euro (inklusive Blei-Batteriesatz) ist der Einstiegspreis äußerst günstig. Problem dabei: Die Heizung ist nur bedingt mit einer herkömmlichen Fahrzeugheizung zu vergleichen und erhöht natürlich den Stromverbrauch. Die Scheibe bekommt man damit aber schon frei. Gegen Aufpreis gibt es jedoch fast alles: Klimaanlage, Ledersitze, CD/mp3-Anlage und auch eine Standheizung. In wenigen Monaten soll er durch den schickeren Reva NXR ergänzt werden. Auch hier belaufen sich die „Sprit“-Kosten auf rund zwei Euro für 100 Kilometer.Der Designleader im Angebot der Smiles AG ist aber der Tazzari Zero. Der in Italien von einem Aluminium-Spezialisten gebaute Zweisitzer hat laut Autobild das Zeug dazu, dem Smart auf die Pelle zu rücken. Er fährt sich wie ein Go-Kart und verbindet Ökologie mit Design und sportlicher Fahrweise. Er bringt es auf eine Maximalgeschwindigkeit von zirka 100 km/h bei einer Reichweite von rund 140 Kilometern. Einstiegspreis: 23.990 Euro.Exklusives VertriebsnetzAlle drei Fahrzeuge „tanken“ an herkömmlichen Steckdosen und werden von der Smiles AG vertrieben. Derzeit bringt der Anbieter mit 22 Mitarbeitern zirka 300 Fahrzeuge im Jahr auf die Straße. Aufgrund einer stark wachsenden Nachfrage rechnet das Unternehmen aber nun mit stetig steigenden Absatzzahlen. Weil diverse technische Weiterentwicklungen, wie zum Beispiel verbesserte Batteriekapazitäten und -reichweiten in der jüngsten Vergangenheit deutliche Vorteile für den Nutzer bei gleichzeitiger Verringerung der Kosten brachten, rechnet Nestmeier damit, ab 2011 jährlich mindestens 2.500 Fahrzeuge absetzen zu können. Deswegen will er nun ein Netz von 100 bis 120 „Smiles-Centern“ aufbauen.Nach seinem Business-Modell sollen in einer Smiles-Center-Region rund 750.000 Menschen wohnen. „Wir gehen von einer exklusiven Vertriebsregion im Umkreis von 30 bis 50 Kilometern aus“, erläutert Nestmeier.Das Margensplitting sieht eine Vertriebs- und eine Servicemarge (5 Prozent) für jedes verkaufte Fahrzeug vor. Die Servicemarge erhält immer der Smiles-Partner, in dessen Region das Fahrzeug letztlich unterwegs ist. Die Vertriebsmarge (9 Prozent beim Tazzari und 10 Prozent bei den anderen beiden Modellen) erhält der verkaufende Händler. 15 Betriebe haben den Vertrag schon unterzeichnet, bis Ende 2010 sollen es 65 werden.Geld zu verdienenBei einem Jahresabsatzvolumen von zirka 50 Fahrzeugen rechnet Nestmeier bei einem Umsatz von 768.500 Euro einen Erlös von 108.305 Euro vor. Dabei handele es sich nur um den Rohertrag aus dem Neuwagenverkauf. Zusätzliches Ertragsvolumen können Ersatzteilhandel, Fahrzeugvermietung, Gebrauchtwagenhandel und Unfallinstandsetzung bringen. „Größte kontinuierliche und ertragreiche Einnahmequelle wird jedoch stets der Bereich Service sein“, so Nestmeier. „Durch die hohe Spezialisierung der Fahrzeugtechnik muss der Kunde den Service bei seinem Smiles-Center durchführen lassen und kauft gegebenenfalls dort auch Ersatz- und Zubehörteile.“Zum Start muss der Partner zirka 50.000 Euro investieren. Darin sind Vorführ- und Ausstellungsfahrzeuge, Werbekosten, Signalisation und ein Grundersatzteillager enthalten. Die Smiles AG erwartet von den Bewerbern, dass 25 bis 40 Quadratmeter Fläche in einem Ausstellungsraum für die Präsentation der Elektromobilität zur Verfügung gestellt werden.Und noch ein SportwagenNeben diesen Brot- und Butter-Modellen gibt es aber auch für Händler, die mehr am Geschwindigkeitsrausch interessiert sind, bald eine weitere Option: 80 Kilometer kann ein Kunde ab Ende des Jahres 2010 auch mit einer Ladung im neuen Fisker Karma emissionsfrei zurücklegen. Er passt aber nicht so ganz in die Reihe der hier vorgestellten Elektrofahrzeuge, weil er ein Plug-in-Hybrid ist. Ein reichweitenvergrößernder Generator, der durch einen Vierzylinder-Benzinmotor angetrieben wird, sorgt für weitere 400 Kilometer. Der Verbrauch beträgt nach Herstellerangaben 2,4 Liter pro 100 Kilometer und die Emissionen liegen bei 83 g/km CO2. Trotzdem knackt der Karma die 100 km/h-Marke in nur sechs Sekunden und schafft Tempo 200. Der Einstiegspreis liegt allerdings auch bei 80.000 Euro und erhältlich wird das Fahrzeug hierzulande wohl erst ab Ende des Jahres sein. 2012 könnte diese Marke aber noch interessanter werden. Unter dem Projektnamen „Nina“ soll dann ein kleineres und günstigeres Modell auf den Markt kommen. Für dessen Produktion hat Fisker bereits ein stillgelegtes GM-Werk gekauft.Für den Aufbau eines europäischen Vertriebsnetzes arbeitet der amerikanische Elektroauto-Spezialist mit der Emil-Frey-Gruppe zusammen. Hans-Peter Plüss sucht in deren Auftrag in diesem Jahr in Deutschland sechs bis acht Händler, hauptsächlich in Metropolen, wo er auch die Kundschaft für solch ein Fahrzeug sieht. Bei den Standards hat er „realistische Vorstellungen“, Exklusivität muss nicht sein. Lieber wären ihm Händler, bei denen schon eine passende Kundschaft vorhanden ist. Wer sich informieren möchte, findet auf der Messe in Genf einen Stand. Aber schon in diesen Tagen ist der Vertreter der Frey-Gruppe in Deutschland unterwegs, um erste Gespräche zu führen. zLesen SIe hier...... warum Händler bei Tesla (www.teslamotors.com) keine Chance haben und auf Fisker noch etwas warten müssen. Reva, Tazzari und CityEL ermöglichen den Einstieg in die individuelle Elektromobilität sofort. Weitere Informationen zu den drei letztgenannten bei info@smiles-world.de. Fisker-Interessenten melden sich bitte bei hanspeter.pluess@emilfrey.ch.1 Fahrspaß aus der Steckdose, bei Tesla in München schon Realität.KommentarElektrisierende Chancen< Ob Elektroautos wirklich umweltfreundlich sind, hängt von vielen Faktoren ab. Vor allem sind das Gewicht und die Herkunft des Stroms wichtig. Kunden, die an den schnellen Flitzern interessiert sind, deren Beschleunigung jeden Porsche stehen lässt, wird das wohl eher weniger interessieren. Anders die Klimaschoner, die die lautlosen, innovativen Mobile für die vielen Situationen im Alltag, wo man die Pferdestärken getrost im Stall lassen kann, schätzen. Sie sind umweltfreundlich und sparen auch noch bares Geld. Beispielsweise belaufen sich die Unterhaltskosten eines Reva-i auf nur 40 Prozent pro gefahrenem Kilometer im Vergleich zum herkömmlichen – viel schwereren – Kleinwagen. Und wenn ein Pflege- oder Kurierdienst nur von Haus zu Haus rollt und die Heizung sowieso nie so richtig warm wird, spielt auch dieser Schwachpunkt keine Rolle. Der jeweilige Fahrer kann sich aber als ökologisch und zukunftsorientiert positionieren – vor allem, wenn auch noch emissionsfreier Fahrstrom eingesetzt wird. Wo es passt, könnte das eine Chance auf zusätzliche Verkäufe sein. >

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